Einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen, ist schon schwer genug. Wenn man dann noch von einem DER Top-Mediziner behandelt werden kann, ist das fast wie ein Lottogewinn. Doch leider steckt nicht überall das drin, was versprochen wird – auch bei entsprechenden Siegeln, denn diese sind letztendlich immer objektiv.
Gut, besser, Top-Mediziner
Werbeaussagen werden als irreführend eingestuft, wenn eine beworbene Dienstleistung als Beste angeboten wird, der Anbieter diese Eigenschaft jedoch gar nicht erfüllt. Bei Ärzten ist das nicht anders, denn auch sie dürfen sich nicht besser verkaufen als sie sind. Verpackt man diesen Claim noch in ein tolles Siegel, kommt eine weitere Voraussetzung hinzu. Das Ganze muss auf objektiven Kriterien beruhen und von einem unabhängigen Dritten attestiert werden.
Wenn ein Siegel verwendet wird, müssen dabei zumindest die Grundinformationen wie Prüfkriterien und Prüfergebnisse genannt werden. Genau das war aber der Knackpunkt bei den Ärzte-Siegeln, die der Focus jährlich veröffentlicht.
Regelmäßig erscheint das Magazin Focus Gesundheit mit einer Ärzteliste. Die dort aufgeführten Top-Mediziner sind jedoch nicht aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation ausgewählt worden, sondern haben letztendlich eine bezahlte Lizenz in Höhe von rund 2.000 Euro netto erworben. Im Gegenzug dürfen die Ärzte das Siegel werblich nutzen.
Siegel haben Aufmachung eines echten Prüfzeichens
Mit den Ärzte-Siegeln wird bei den angesprochenen Lesern und womöglich künftigen Patienten der Eindruck erweckt, dass die betreffenden Ärzte, die als Top-Mediziner bezeichnet und angepriesen werden, aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ähnlich wie Prüfsiegel der Stiftung Warentest ausgezeichnet wurden und dadurch eine Spitzenstellung unter ihren Kollegen einnehmen.
Die Kriterien, die bei den Empfehlungslisten berücksichtigt werden, seien jedoch subjektiv, z. B. die Kollegenempfehlung oder die Patientenzufriedenheit, heißt es in der Pressemitteilung des Landgerichts München. Somit wird der Durchschnitts-Arzt letztendlich durch Zahlung der Lizenzgebühr zum Top-Arzt.
Der Verlag räumte schließlich auch ein, dass sich die Qualität ärztlicher Dienstleistungen nicht mit Messgeräten im Testlabor ermitteln und vergleichen lasse. Auch auf die Pressefreiheit konnte er sich nicht berufen, denn der Bereich des redaktionellen, wertenden Beitrags wird verlassen, wenn der Eindruck erweckt wird, es finde eine Bewertung nach objektiven Kriterien statt.
Auf die Klage des Verbraucherschutzverbands hin wurde dem Verlag die Publizierung der Ärzte-Siegel nun verboten (Landgericht München, Az.: 4 HKO 14545/21, nicht rechtskräftig).
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