Das Bundesarbeitsgericht entschied letzte Woche, dass besseres Verhandlungsgeschick kein objektives Kriterium ist, welche eine unterschiedliche Bezahlung bei der gleichen Leistung rechtfertigt. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die deutlicher weniger verdiente als ihr männlicher Kollege. Begründet wurde dies lediglich damit, dass der männliche Kollege besser verhandelt hätte. Das Bundesarbeitsgericht gab der Arbeitnehmerin recht, diese hat nun einen Anspruch auf Auszahlung einer Gehaltsnachzahlung in Höhe von 14.500 Euro, wir berichteten.
„Eingriff in die Verhandlungsfreiheit“
Während das Urteil von vielen Leuten als ein wichtiger Schritt Richtung Gleichberechtigung gesehen wird, gab es auch Kritik. So etwa äußerte sich der Präsident der Familienunternehmer Reinhold von Eben-Worlée und nannte das Urteil einen scharfen „Eingriff in die Verhandlungsfreiheit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern“, wie die Tagesschau berichtete.
Der Familienunternehmer kritisierte weiterhin den Umstand, dass unterschiedliche Gehaltsforderungen beim Einstieg oder das Verhandlungsgeschick von Arbeitnehmern keine zulässigen Kriterien für eine leistungsbezogene Entlohnung mehr seien. So würden Unternehmer unter Generalverdacht gestellt und Arbeitnehmern sei es nicht mehr möglich, Verträge frei auszugestalten. Die Grundwerte des Wirtschaftssystems wie Wettbewerb, Leistungsfähigkeit und Eigenverantwortung seien, laut Eben-Worlée somit wertlos.
Arbeitsverträge auf dem Prüfstand
Der deutsche Frauenring ist der Auffassung, dass das Urteil in Zukunft dazu führen könne, dass tausende Arbeitsverträge in Zukunft geprüft werden müssen. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach von einem Urteil, das die Arbeitswelt verändern könne.
Die Anwältin der Klägerin wies allerdings darauf hin, dass die Mitarbeiterinnen ja nicht immer wissen, wie viel ihre männlichen Kollegen verdienen. Das setzt die Geltendmachung eines solchen Anspruchs allerdings voraus.
Der Auskunftsanspruch aus dem Entgelttransparenzgesetz gilt erst ab einer Betriebsgröße von 200 Beschäftigten, Frauen in kleineren Betrieben hätten damit keine Chance.
Gelobt wurde das Urteil vom Bundesfamilienministerium. Hier wurde es als „bemerkenswert und ein deutliches Zeichen für die Durchsetzung der Entgeltgleichheit für gleiche Arbeit“ bezeichnet. Immerhin beträgt der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern immer noch 18 Prozent. Bei gleicher Qualifizierung und beruflichen Anforderungen beträgt die Differenz immer noch 7 Prozent.
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