Entscheidungen darüber, was zur Arbeitszeit gehört und somit unfallversichert ist, gibt es viele. Gerade das Homeoffice stellte die Gerichte vor neue Herausforderungen. Doch auch darüber, ob der Gang zum Klo oder auch der Aufenthalt in den Toilettenräumen zur Arbeitszeit gehört, musste schon vor Gericht verhandelt werden.
Im vorliegenden Fall ging es um eine Verwaltungsangestellte, die auf dem Weg zum Kaffeeautomaten auf feucht gewischtem Boden ausrutschte und sich dabei einen Lendenwirbelbruch zuzog. Der Kaffeeautomat befand sich im sogenannten Sozialraum, eine Art Pausenraum, für die Angestellten des Finanzamtes.
Diesen Sturz wollte die Frau als Arbeitsunfall anerkennen lassen, die Unfallkasse Hessen lehnte dies allerdings ab und bekam auch vor dem Sozialgericht Fulda recht. Nun landete der Fall allerdings vor dem Landessozialgericht Hessen, welches eine andere Auffassung vertritt (Az.: L 3 U 202/21)
Innerer Zusammenhang zur Tätigkeit entscheidet
Die Beklagte, in dem Fall die Unfallkasse, wies darauf hin, dass der Versicherungsschutz sich gerade nicht auf den Hin- und Rückweg erstreckt und an der Außentür des Gebäudes des Arbeitnehmers endet. So etwa, wenn in der Mittagspause ein Restaurant aufgesucht wird. Hier hat die Arbeitnehmerin allerdings gerade nicht das Gebäude verlassen. Der Pausenraum befand sich innerhalb des Betriebsgeländes, sodass die Gefahren, die von dem Raum ausgehen, in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fallen, so das Sozialgericht.
Auch wenn die Nahrungsaufnahme als solche, keine versicherte Tätigkeit darstellt, liegt der Weg im Gebäude nach Auffassung des Gerichts innerhalb des Versicherungsschutzes. „Es handelt sich beim Verzehr oder Einkauf von Lebensmitteln regelmäßig um eine unaufschiebbare, notwendige Handlung, die geeignet ist, die Arbeitskraft der Versicherten zu erhalten und die es ihr ermöglicht, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen“, so das Gericht. Das Gericht zeigte sich weiter lebensnah, indem es ausführte, dass es auch keine Rolle spiele, für welches Getränk sich der Arbeitnehmer auf den Weg mache „Nach allgemeiner Lebenserfahrung nutzen Arbeitnehmer ihre Pausen gerade dazu, um Kaffee zu trinken“. Und somit stellt das Gericht fest, dass das Zurücklegen eines Weges durch Beschäftigte im Betrieb grundsätzlich versichert ist.
Pausenraum ist keine Kantine
Entgegen der Auffassung der Unfallkasse Hessen machte das Gericht deutlich, dass es sich beim sogenannten Sozialraum in jedem Fall um einen Raum handelt, der zur Arbeitsstätte gehört. Auch wenn der Kaffeeautomat vom Kantinenverein geleast wird, ändert dies nichts daran, dass es sich hier um einen Raum handelt, der innerhalb der Betriebsstätte liegt. Die Arbeitnehmerin hat darauf hingewiesen, dass der Raum gerade nicht wie eine Kantine zur Nahrungsaufnahme genutzt wird. Stattdessen werden sogar ausnahmsweise Besprechungen im Raum abgehalten. Weiterhin deutet auch das Landeswappen am Türschild des Raumes darauf hin, dass sie sich noch in den Sphären des Arbeitgebers befunden hat.
Das Gericht hat die Revision zugelassen, da es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt, die Rechtsfrage ist umstritten und bisher nicht eindeutig geklärt. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig.
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