„Egoistisches Arschloch“ – das war die Beleidigung, die den Kläger in diesem Fall dazu veranlasste, die Diskussion mit einem Falschparker zu suchen. Der hatte seinen LKW vor der Betriebseinfahrt des Klägers abgestellt und sah darin wohl auch kein großes Problem; zumindest fuhr er auch nach mehrfacher Aufforderung nicht beiseite. Für den klagenden Bauleiter endete der Versuch, „die Sache auszudiskutieren“, mit einer Operation wegen einer Mittelgesichtsfraktur. Verantwortlich hierfür war wohl wiederum der Falschparker, der ihm ins Gesicht schlug.
Vor dem Sozialgericht Berlin ging es nun um die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt (Urteil v. 16.02.2023, Az. S 98 U 50/21, nicht rechtskräftig).
Der Fall: Einfahrt durch LKW zugeparkt
Die Situation spielt sich im Februar 2020 ab: Der klagende Bauleiter kehrte von einem beruflichen Termin zurück und stellte fest, dass die Einfahrt zu seinem Betrieb durch den LKW zugeparkt ist. Der Fahrer machte trotz mehrerer Aufforderungen keinen Anstalten, beiseite zu fahren. Daraufhin ließ der Kläger sein Auto stehen und betrat das Betriebsgelände zu Fuß. Wegen eines weiteren beruflichen Termins verließ er das Gelände kurze Zeit später wieder. Hierbei sei es, so die Mitteilung des Gerichts, zum Wortwechsel mit dem LKW-Fahrer gekommen, wobei letzterer den Kläger als „egoistisches Arschloch“ beschimpfte.
Daraufhin entschied sich der Kläger zu einer Handlung, die für die Beurteilung durch das Gericht später maßgeblich sein sollte: War er gerade noch im Begriff, in sein Auto zu steigen, schlug er nun die Tür wieder zu und ging zum LKW-Fahrer, um mit ihm „die Sache auszudiskutieren“. Es folgte ein Streitgespräch, bei dem es allerdings nicht blieb: Im Verlauf dessen schlug der LKW-Fahrer dem Kläger ins Gesicht, was für den Kläger wiederum eine Operation wegen einer Mittelgesichtsfraktur führte. Die Unfallversicherung erkannte den Sachverhalt nicht als Arbeitsunfall an, es kam zur Klage.
Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer fällt in den privaten Lebensbereich
Das Sozialgericht Berlin wies die Klage des Bauleiters nach mündlicher Verhandlung und Vernehmung des LKW-Fahrers nun aber ab. Der Kläger habe sich zwar auf einem an sich versicherten Betriebsweg befunden, als er vom Betriebsgelände zum Auto ging. Diesen Betriebsweg habe er aber wieder verlassen, als er die Wagentür nach der Beleidigung wieder schloss und das Gespräch mit dem Falschparker zu suchen.
Darin, so die Mitteilung des Gerichts, liege laut Urteil eine Zäsur. Denn ab diesem Moment habe das Handeln des Klägers privaten Zwecken gedient – dem Zur-Rede-Stellen des LKW-Fahrers. Während dieser Unterbrechung des Betriebsweges habe kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden. Hierbei verweist die Mitteilung auch auf andere Rechtsprechungen, wonach insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit diene und daraus resultierende Verletzungen – unabhängig von einem Verschulden – dem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Der Kläger kann es noch mit Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anfechten.
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