Dem Abmahnschreiben liegt regelmäßig im Anhang eine Unterlassungserklärung bei, die der abgemahnte Online-Händler unterzeichnen soll. In den meisten Fällen wird diese Erklärung auch tatsächlich (in modifizierter Form) abgegeben. Nur in welcher Form akzeptiert sie der Abmahnende auch? Der Bundesgerichtshof hat entschieden.
Abmahnung wegen unzulässiger Mail-Werbung
Ein Handelsvertreter übersandte ohne Zustimmung des Empfängers Werbe-E-Mails für medizinische Masken und Corona-Schnelltests. Die Empfängerin mahnte den Händler daraufhin ab und forderte ihn auf, eine unterschriebene Unterlassungserklärung zu übersenden. In der Abmahnung wies man unter anderem daraufhin, dass eine Versendung der Erklärung vorab per Fax oder E-Mail in Ordnung sei, sofern das entsprechende Original kurze Zeit später eingehe.
Ersteres tat der Vertreter auch und übersandte per E-Mail eine entsprechende Unterlassungserklärung sowie eine der E-Mail beigefügte unterschriebene Erklärung als PDF-Datei. Erst als er aufgefordert wurde, das Original per Post nachzureichen, tat er dies. Da war die Klage jedoch schon eingereicht, weil die Unterlassungserklärung nicht formgerecht und damit faktisch gar nicht abgegeben worden sei. War die Klage unnötig, weil die Übersendung in PDF-Form schon genügt hätte? Jein.
Wiederholungsgefahr muss beseitigt werden
Sinn und Zweck einer Unterlassungserklärung sei es, die Wiederholungsgefahr für weitere Verstöße auszuräumen. Die Übersendung per E-Mail in Textform sowie die der E-Mail beigefügte unterschriebene Erklärung als PDF-Datei sei, so stimmte der BGH der Vorinstanz zu, zwar zum damaligen Zeitpunkt und in dem Fall ausreichend gewesen (BGH, Urteil vom 12. Januar 2023, Az.: I ZR 49/22).
Allerdings hat der BGH zwischenzeitlich seine Rechtsprechung geändert. Der Abmahner habe auf ein Original bestanden und der Abgemahnte sei dem nicht nachgekommen. Damit kann man diesen Anspruch auf eine Original-Unterlassungserklärung gerichtlich einfordern, wenn lediglich eine PDF-Datei per Mail übersandt wird. Die geänderte Rechtsprechung des BGH wirkt sich auch auf den vergangenen und noch nicht abgeschlossenen Streit aus. Der Fall zeigt, wie viel Streitpotenzial allein die Form haben kann, vom Inhalt der Schreiben einmal ganz zu schweigen. Daher sollte man eine Abmahnung nie im Alleingang bearbeiten, sondern sich stets anwaltlich beraten lassen.
Hinweis: Wir haben den Text noch einmal angepasst und alte und neue Rechtslage noch einmal besser herausgearbeitet. In einer früheren Version kam das noch nicht hinreichend zum Ausdruck.
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"(a) Allerdings kann ein Unterlassungsve rtrag in der Weise zustande kommen, dass der Gläubiger in seiner Abmahnung eine bestimmte Unterwerfungser klärung verlangt und der Schuldner dieses Angebot mit der Unterlassungsve rpflichtungserk lärung annimmt (...). Für das Zustandekommen eines Unterlassungsve rtrags gelten aber die allgemeinen Vorschriften über Vertragsschlüss e. In der Unterlassungsve rpflichtungserk lärung des Schuldners ist deshalb nicht die Annahme eines vom Gläubiger mit der Abmahnung unterbreiteten Angebots, sondern ein neues Angebot zum Abschluss des Unterlassungsve rtrags zu sehen, wenn die Unterlassungsve rpflichtungserk lärung unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB erfolgt (...). Schon geringfügige, unwesentliche Änderungsvorsch läge gegenüber dem unterbreiteten Vertragsangebot führen dazu, dass es für das Zustandekommen des Vertrags einer neuen Erklärung des Gläubigers bedarf (...).
(b) So liegt es im Streitfall. Die Klägerin hat den Beklagten in der Abmahnung aufgefordert, bis zum 18. Mai 2021 eine unterschriebene Unterlassungsve rpflichtungserk lärung zu übersenden. Sie hat weiterhin erklärt, dass eine Versendung der Erklärung vorab per Fax oder E-Mail nur dann genüge, sofern das entsprechende Original spätestens am 20. Mai 2021 eingehe. Die Abmahnung hatte damit den Erklärungswert, dass die Klägerin den Beklagten zum Abschluss eines Unterlassungsve rtrags unter Einhaltung einer gewillkürten Schriftform gemäß § 127 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BGB aufgefordert hat. Dem ist der Beklagte nicht nachgekommen, sondern hat lediglich eine nicht der Schriftform genügende PDF-Datei im Anhang einer E-Mail übersandt."
Fazit:
Verlangt der Abmahner die Abgabe der Unterlassungser klärung im Original, muss diese im Original abgegeben werden.
Nur wenn der Abmahner die Unterlassungser klärung nicht im Original verlangt, genügt die Zusendung einer unterzeichneten Unterlassungser klärung als PDF per E-Mail (oder Fax).
Denise Himburg
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