Das im deutschen Arbeitsrecht verankerte Recht auf Lohnfortzahlung ist für den Arbeitnehmer ein Mehrwert, denn so kann er sich auf das Auskurieren seiner Krankheit konzentrieren und wird nicht mit finanziellen Einbußen konfrontiert, die ihn möglicherweise sogar dazu verleiten, krank zur Arbeit zu kommen. Anders als in den USA, wo man eher das Prinzip „Keine Arbeit, kein Geld“ lebt, kann das hierzulande jedoch auch zu Misstrauen führen.
Lohnfortzahlung endet nach sechs Wochen
Erkrankt ein Arbeitnehmer und wird dadurch arbeitsunfähig, hat er gegenüber dem Arbeitgeber gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, also Fortzahlung seines regulären Einkommens. Das Ganze ist jedoch begrenzt auf maximal sechs Wochen. Wird ein Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, verliert er den Entgeltfortzahlungsanspruch für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nur dann nicht, wenn beispielsweise seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht. Diese Regelungen sollen die wirtschaftliche Belastung der Arbeitgeber durch die Entgeltfortzahlungspflicht begrenzen.
Mitarbeiter hat Mitwirkungspflichten
Ist der Arbeitnehmer länger als sechs Wochen an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert, gilt für ihn außerdem eine Darlegungslast. Zunächst muss der Arbeitnehmer, soweit sich aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dazu keine Angaben entnehmen lassen, darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung besteht. Hierzu kann er eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Bestreitet der Arbeitgeber, dass eine neue Erkrankung vorliegt, hat der Arbeitnehmer weitere Tatsachen vorzutragen, die seine Fortsetzungserkrankung belegen bzw. widerlegen. Genau hier sträubte sich ein Mitarbeiter in einem Fall, den das Bundesarbeitsgericht schließlich zu entscheiden hatte.
Der Mitarbeiter eines Flughafens wollte ebenfalls die Entgeltfortzahlungsregelung in Anspruch nehmen, denn er war 2019 an 68 Kalendertagen arbeitsunfähig erkrankt und im Jahr 2020 an weiteren 42 Kalendertagen. Teilweise wurde ihm die Entgeltfortzahlung gewährt. Für zehn Arbeitstage wurde ihm die Entgeltfortzahlung jedoch verweigert, weshalb er klagte. Der Mitarbeiter in der Gepäckabfertigung wollte aus Datenschutzgründen seine Erkrankungen aus der davorliegenden Zeit nicht offenlegen, um seinen Anspruch zu untermauern.
Ansprüche des Arbeitgebers höherrangig als Datenschutz
Das Bundesarbeitsgericht urteilte jedoch zugunsten des Arbeitgebers (Urteil vom 18.011.2023, Az.: 5 AZR 93/22). Dieser dürfte sich zu recht, wenn im Streit um eine Lohnfortzahlung eine neue Erkrankung bezweifelt wird, von seinem Arbeitnehmer die Erkrankungen und Beschwerden darlegen lassen. Das kann beispielsweise durch den behandelnden Arzt passieren, der hierzu von der Schweigepflicht zu entbinden ist.
Eine ärztliche Erstbescheinigung reiche nicht aus. Auch eine Bestätigung der Krankenkasse zum (Nicht-)Vorliegen von Fortsetzungserkrankungen als Alternative ermögliche keine genügende Kontrolle, heißt es im Urteil. Der Datenschutz auch im besonders sensiblen Gesundheitsbereich müsse in solchen Fällen ausnahmsweise zurücktreten.
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