Unser Gesundheitssystem muss sich wieder und wieder Kritik gefallen lassen. Aufgrund dessen wählen immer mehr Menschen den unkonventionellen Weg und gehen statt zum Arzt lieber zum Wunderheiler oder greifen statt zur Schulmedizin zu (dubiosen) Pillen aus dem Internet. Was gut für den Körper und die Gesundheit sein soll, verkauft sich wie warme Semmeln. Tatsächlich wird von den Herstellern wohl einmal zu oft „vergessen“, dass die behaupteten Wirkweisen auch wissenschaftlich anerkannt oder belegt sein müssen. Dafür gibt die Europäische Union mit einer „Positivliste“ eine Reihe von zulässigen Werbebotschaften vor, die benutzt werden dürfen.
Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel: Health-Claims-Verordnung setzt Werbeschranken
Aktuell liegt die konkrete Frage, ob und wie man für pflanzliche Stoffe nach der Health Claims-Verordnung werben darf, auf dem Tisch der BGH-Richter. Aber auch die kamen bei der Frage nicht weiter und leiten sie nun an den EuGH weiter (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2023, Az.: I ZR 109/22).
Ausgangspunkt war eine Abmahnung des hierzulande sehr aktiven Verbandes Sozialer Wettbewerb e.V., der einen Händler für Nahrungsergänzungsmittel abgemahnt hatte. Dieser hatte einen sogenannten „AdaptoGenie ANTI-STRESS-KOMPLEX“ zum Kauf angeboten und hierfür auf seiner Internetseite mit Aussagen zu den Inhaltsstoffen Safran-Extrakt und Melonensaft-Extrakt geworben. Konkret ging es um Claims wie „stimmungsaufhellendes Safranextrakt“, welches beispielsweise zu einer „Verbesserung des emotionalen Gleichgewichts“ führen soll und „optimistischer und glücklicher“ oder „entspannter und dynamischer“ machen soll.
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Die Vorinstanz hatte geurteilt, dass die Aussagen tatsächlich gegen die Health-Claims-Verordnung verstoßen. Für sogenannte Botanicals, zu denen auch die Extrakte aus Safran und Melonensaft zählten, gibt es noch keine Liste zugelassener Angaben (s. o.). Diese befindet sich derzeit noch in einer Übergangsphase, die Bewertung durch die Behörden und die folgende Prüfung durch die EU-Kommission steht noch aus. Es soll jedoch einen Unterschied machen, ob es für Botanicals bereits beantragte und ausstehende Claims („on hold“) gäbe. Der EuGH muss nun entscheiden, wie die Rechtslage ist.
Mit der Antwort auf die Frage, ob auch für pflanzliche Stoffe mit gesundheitsbezogenen Angaben bzw. mit Verweisen auf allgemeine Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit oder das Wohlbefinden geworben werden darf, ohne dass diese Angaben in die Liste der zugelassenen Angaben aufgenommen wurden, wird frühestens 2024 gerechnet.
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wir wollen noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht im Sinne der HCVO ist, Produkte zu verbieten. Die HCVO reguliert lediglich die Verwendung von werblichen Versprechen.
Als die HCVO, die Health-Claims-V erordnung, ins Leben gerufen wurde, hatten Lebensmittelher steller aus allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Anträge einzureichen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsic herheit hatte dann die Aufgabe, die beantragten Werbeaussagen wissenschaftlic h zu überprüfen. Aufgrund des großen Andrangs benötigte die Behörde fünf Jahre, um diese Aufgabe abzuschließen. Am Ende schafften es 222 gesundheitsbezo gene Aussagen, auch als Health Claims bezeichnet, in die Verordnung. Seitdem wird die Liste kontinuierlich erweitert. Wenn ein Hersteller eine Werbeaussage etablieren möchte, die nicht in der Verordnung vorgesehen ist, muss er die Zulassung beantragen.
Von einer staatlichen Zensur kann also keine Rede sein. Es geht schlicht darum, dass Unternehmen keine Werbung mit nicht nachgewiesenen Wirkungen tätigen sollen.
Mehr dazu gibt es hier: onlinehaendler-news.de/.../... gener-werbung
Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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Die ganz große Ungerechtigkeit ist jedoch, dass von der Pharmaindustrie Krebsmittel zu horenden Preisen auf den Markt gebracht werden, die nachweislich keinen Effekt haben.
Da muss die EU mal hinschauen. Das sind Kosten, die direkt von der Gesellschaft, dem Volk bezahlt werden und die Versicherungen als auch die Stattskasse belasten.
Außerdem ist es nicht im Sinne des Wettbewerbsrech ts, wenn dem einen erlaubt wird, was anderen untersagt ist.
Es ist völlig richtig, dass es viele Anbieter von sogenannten "Wundermitteln" gibt, die gar nichts taugen. Doch hat man mit der bestehen Verordnung auch gleich alle anderen gesundheitsförd ernden Produkte mit abgestraft. Hier ist dringend eine Überarbeitung fällig.
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