Was ein „Traumkörper“ ist, das liegt sicherlich im Auge des Betrachters. Dass man mit seinem Produkt einen solchen jedenfalls „ganz ohne Sport“ erreichen könne, bewarb ein Anbieter von kosmetischen und medizinischen Geräten in einer Zeitschrift – und landete damit vor dem Landgericht Düsseldorf. Ein Wirtschaftsverband hielt diese und einige weitere Werbeaussagen für irreführend. Das Gericht schloss sich der Sichtweise an (Urteil v. 21.06.2023, Az. 12 O 115/22).
Anderer Maßstab: Werbung im B2B-Bereich
„Keine Lust auf Sport, aber Sehnsucht nach dem Traumkörper? Kein Problem! Das N. stimuliert die Muskeln wie bei einem Intensivtraining, ganz ohne Sport“ – mit dieser und diversen weiteren Werbeaussagen bewarb das beklagte Unternehmen ein Gerät für EMS-Training (Elektrische Muskelstimulation) in einer Zeitschrift gegenüber Fachkreisen. Es sollte nicht nur „mühelos definierte Muskeln“ geben, auch „Problemzonen mit Cellulite werden deutlich geglättet!“, so die Anzeige. Der Verband mahnte das beklagte Unternehmen ab, erhielt aber keine Unterlassungserklärung. Die Parteien fanden sich dann vor Gericht wieder.
Geht es um potenziell irreführende Werbung, richtet sich diese häufig an Verbraucher. Aus dieser Perspektive wird dann auch die rechtliche Beurteilung vorgenommen; man schaut darauf, wie der durchschnittliche Verbraucher als Adressat der geschäftlichen Handlung diese auffassen würde. Hier ist die Lage eine andere: Entscheidend ist zwar auch hier das Verständnis eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und Angehörigen der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet. Das sind in diesem Fall allerdings keine Verbraucher, sondern Fachkreise aus dem Bereich Beauty, Wellness, Styling sowie Hand- und Fußpflege. Solche Fachkreise, so das Gericht, betrachten entsprechende Werbeanzeigen meist sorgfältiger und würden den Inhalt wegen ihrer Expertise oft leichter erfassen und genauer prüfen. Der Prüfungsmaßstab ist insofern also ein anderer.
Gesundheitsbezogene Werbung benötigt wissenschaftliche Erkenntnisse
Die Angaben der Werbeanzeige würden dabei auch solchen Fachkreisen vermitteln, dass das Gerät eine therapeutische Wirksamkeit im Hinblick auf die Körperstatur, den Fettgehalt im Körper und der Beschaffenheit der Haut habe, und das ohne ein spezielles Training – wie die Anzeige selbst ja formuliert. Die Anforderungen an eine solche gesundheitsbezogene Angabe seien dabei besonders streng, da mit entsprechenden irreführenden Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung verbunden sein könnten. Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit, das sind also Aspekte, auf die Werbende in solchen Sachen ganz besonders ein Auge werfen müssen. Grundsätzlich gilt: Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung können nur zulässig sein, wenn sie der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechen.
Beweislastumkehr zum Werbenden
Üblicherweise müsste nun der Unterlassungsgläubiger (also der Abmahner) nachweisen, dass die angegriffene gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Für ihn wird seine Position aber mitunter deutlich bequemer, wenn der Werbende mit einer fachlich zumindest umstrittenen Meinung wirbt, ohne dabei auf die fehlende wissenschaftliche Absicherung hinzuweisen. Dann, so das Gericht, kommt es zu einer Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast – der Beklagte muss also den Beweis für die Richtigkeit seiner Aussagen erbringen. Will er sich aus der Sache befreien, muss er das tun, was er zuvor unterlassen hat: wissenschaftlich belastbare Argumente sammeln.
Das geht nicht per Ungefähr: Nach der Rechtsprechung im Regelfall erforderlich ist eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen ist. Sich erst im Prozess auf ein Sachverständigengutachten zu berufen, aus dem sich die behauptete Wirkweise ergeben soll, sei laut Gericht nicht ausreichend. Zwar wurden auch Studien vorgelegt, diese hätten die Anforderungen allerdings nicht eingehalten. Das Gericht zeigte sich insofern wenig überzeugt und beurteilte die jeweiligen Werbeaussagen letztlich als irreführend.
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