Dass Produkte online zuweilen günstiger sind als im stationären Handel, ist keine Neuigkeit. Was aber, wenn das Produkt offline gleich mal 100 Prozent teurer ist? Das ist doch Wucher, oder? Ja, findet eine Klägerin. Nein, sagt das Amtsgericht Erfurt (Urteil vom 17.08.2022, Az: 5 C 522/21).
Preisvergleich für Perücken
Die Klägerin wollte eine Perücke erwerben. Bereits Ende 2020 nahm sie einen anderthalbstündigen Beratungstermin in einem stationären Geschäft wahr. Dabei wurden ihr mehrere Modelle gezeigt. In einem späteren Termin, der sogar fünf Stunden dauerte, wurden verschiedene Modelle anprobiert und angepasst. Sie entschied sich schließlich für eine Langhaarperücke, die aber noch angepasst werden sollte. Der Endpreis betrug 4.105,00 Euro, wobei auf die Perücke ein Anteil von 3.990,00 Euro entfielen. Der Preis wurde direkt beglichen, wobei ein Teil von der Krankenkassen übernommen wurde.
Nachdem die Sache fix gemacht wurde, suchte die Klägerin online nach der Perücke und ließ sich sechs Angebote zwischen 1.210,01 Euro und 1.989,00 Euro machen. Sie war der Meinung, dass es sich bei dem Angebot des stationären Salons um ein sittenwidriges Angebot handelte.
Sie verklagte das Geschäft daher, die Perücke plus 3.170,85 Euro herauszugeben. Immerhin läge der durchschnittliche Online-Preis für das Modell bei 1.588,17 Euro.
Unterschiedliche Preise normal
Das Gericht wies die Klage ab. Zum einen handelte es sich bei dem Angebot des stationären Ladens um keinen Wucher. Von einem Wucher spricht man immer dann, wenn zwischen dem verlangten Preis und der eigentlichen Leistung ein auffälliges Missverhältnis besteht. So ein Missverhältnis bestand hier nicht. Um festzustellen, wie viel eine Leistung eigentlich wert ist, wird ein Blick auf den Markt geworfen: Es wird also geschaut, was ähnliche Unternehmen für ähnliche Leistungen verlangen.
Jetzt könnte man meinen, dass die Klägerin genau das getan hat: Sie hat online nach der Perücke gesucht und diese Preise zugrunde gelegt. Drei von den Vergleichsunternehmen betreiben sogar wie die Beklagte ein stationäres Geschäft. Hier machte das Gericht aber darauf aufmerksam, dass der stationäre Handel etwas grundsätzlich anderes ist als der Online-Handel. „Es muss bereits bei grundsätzlicher bzw. generalisierender Betrachtungsweise nämlich deutlich zwischen Online-Handel einerseits und stationärem Handel andererseits im Hinblick auf die Geschäftsmodelle und die dadurch kalkulierbaren bzw. erzielbaren Preise unterschieden werden“, heißt es konkret im Urteil.
Es wurde ausgeführt, dass der stationäre Handel „insbesondere für Ladenmiete, Personal und Energie“ höhere Fixkosten einpreisen müsse als der Online-Handel. Letzterer habe zwar solche Kosten auch zu tragen, „es bleibt aber darauf hinweisen, dass bereits der laufende finanzielle Aufwand für die jeweils angemieteten Räumlichkeiten bei Letzteren deutlich geringer ausfällt“.
Daher taugten die Angebote laut Gericht schon einmal nicht für einen Vergleich. Hinzu kommen natürlich noch die umfangreichen Zusatzleistungen, wie etwa das Styling und Anpassen der Perücke.
Kommentar schreiben
Antworten
Nehmen wir mal an:
1. Besuch: Aussuchen, anprobieren Investition des Geschäfts an Zeit 1 Stunde
2. Besuch: s. oben 5 Stunden
3. Besuch: anpassen 1 Stunde
Legen wir eine Lohnstunde in diesem Segment auf 120,- € fest, sind das 840,00 €
Das Personal vor Ort ist fachlich geschultes Personal.
Im Onlineverfahren kauft man erst mal ein Bild, bezahlt und wenn es wirklich perfekt passt, hätte sie ein Glück entsprechend einem 6er im Lotto.
Oberflächlichkeit ist in Deutschland scheints die Regel
Ihre Antwort schreiben
Antworten
Ihre Antwort schreiben