Wer kennt es nicht: Unternehmen locken für ihre Abos jedweder Art zunächst einmal mit einem Schnupperangebot. Neukund:innen eines Abonnements können die Leistung erst einen gewissen Zeitraum lang, beispielsweise 30 Tage, kostenlos testen, bevor es mangels einer Kündigung (oder eines Widerrufs) zu einem festen, kostenpflichtigen Vertrag wird. Auch Sofatutor, ein Unternehmen, das Internet-Lerninhalte für Schüler:innen in einem Abomodell betreibt, nutze so ein Modell. Die Frage in diesem Zusammenhang war nun jedoch, wie solche Verträge im Zusammenhang mit dem geltenden Widerrufsrecht funktionieren, ob beispielsweise beide Zeiträume für sich genommen widerrufen werden können. Der EuGH hat die Antwort.
Kein extra Widerrufsrecht nach kostenloser Testphase
Grundsätzlich haben Verbraucher:innen nicht nur bei Abschluss von Kaufverträgen, sondern auch bei online abgeschlossenen Dienstleistungen (z.B. bei Coachings oder Seminaren) ein Widerrufsrecht, dessen Frist mit Abschluss des Vertrages beginnt. Wie das Widerrufsrecht zu interpretieren ist, wenn dem eigentlichen Abonnement eine kostenlose Testphase vorangeht, musste vergangene Woche der EuGH klären.
Der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) war der Auffassung, dass die Abonennt:innen von Sofatutor nicht nur bei Vertragsschluss, sondern auch ab dem Zeitpunkt, ab dem das Abonnement kostenpflichtig wird, erneut eine Widerrufsmöglichkeit hätten und hatte dagegen geklagt. Weil der Fall auch vor den österreichischen Gerichten nicht zweifelsfrei eingordnet werden konnte, legte man die Frage dem EuGH vor.
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Der Europäische Gerichtshof klärt in seiner Entscheidung nun auf, dass den Verbraucher:innen grundsätzlich nur einmal das Recht zusteht, einen Fernabsatzvertrag zu widerrufen, wenn es sich um einen Abonnementvertrag handelt, der zunächst kostenlos ist und sich mangels Kündigung automatisch verlängert. Wurde der Verbraucher oder die Verbraucherin bei Abschluss des Abonnements nicht klar, verständlich und ausdrücklich darüber informiert, dass dieses Abonnement nach einem kostenlosen Anfangszeitraum kostenpflichtig wird, muss die Kundschaft jedoch über ein neuerliches Widerrufsrecht verfügen (Urteil vom 05.10.2023, Rechtssache C‑565/22).
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