Müssen sich Beschäftigte wegen eines positiven Coronatests in Quarantäne begeben, haben sie einen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – auch wenn keine Symptome vorliegen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden und gab damit einer Verwaltungsangestellten Recht, die die Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber einklagte. Trotz einer symptomfreien Infektion mit dem Coronavirus galt die Angestellte als arbeitsunfähig.
Lohnfortzahlung ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Die Verwaltungsangestellte, die für die Patientenaufnahme in einem Krankenhaus zuständig war, machte einen PCR-Test auf das Coronavirus, der positiv ausfiel. Daraufhin erließ das örtliche Gesundheitsamt eine Quarantäneanordnung, welche die Angestellte zu einer 14-tägigen häuslichen Quarantäne verpflichtete. Sie meldete sich bei ihrem Arbeitgeber krank und wies die Anordnung vor. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung legte sie ihm allerdings nicht vor, da sie symptomfrei blieb und sich daher nicht arbeitsunfähig fühlte. Die Fortzahlung ihres Lohnes verlangte sie dennoch von ihrem Arbeitgeber.
Anspruch besteht auch ohne Symptome
Wie das LAG nun entschieden hat, war die Forderung rechtmäßig: Nach Ansicht des Gerichts sei die Angestellte aufgrund ihrer Infektion mit dem Coronavirus erkrankt, auch wenn sie dabei ohne Symptome blieb (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.07.2023 – 4 Sa 39 öD/23) . So führe der positive Coronatest zum Erlass der Quarantäneanordnung, welche laut LAG die Grundlage für die Arbeitsunfähigkeit und damit auch den Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bilde, erläutert beck-aktuell.
Das Gericht begründete diesen Erwägungsgrund auch mit dem Ausschluss der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit aus § 275 Absatz 1 und 3 BGB. Schließlich war es der Angestellten aufgrund der Quarantäneanordnung rechtlich unmöglich gewesen ihre Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine Möglichkeit, stattdessen im Homeoffice zu arbeiten, gab es in ihrem Fall nicht. Somit habe die Quarantäne den Entgeltfortzahlungsanspruch ausgelöst.
Krankheit als regelwidriger Zustand
Das LAG gab auch Auskunft darüber, wie es den Begriff „Krankheit” definiert: Demnach bezeichnet das Gericht Krankheit als einen regelwidrigen Zustand des Körpers oder des Geistes. Dieser Zustand sei zudem unabhängig davon, ob sich auch Symptome zeigen. Die Infektion mit dem Virus sei ein solcher regelwidriger Zustand.
Und auch die Möglichkeit einer Entschädigungszahlung nach § 56 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ändere nichts an dem Anspruch auf Lohnfortzahlung und würde durch eine Entschädigung nicht aufgehoben oder erfüllt werden. Die Angestellte habe daher einen Anspruch aus § 3 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) auf Lohnfortzahlung.
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