Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat eine aufsehenerregende Entscheidung getroffen, die sowohl für Verbraucher:innen, aber vor allem auch für Händler:innen von wesentlicher Bedeutung ist. In einem Beschluss hat das OLG klare Grenzen für die Stornierung eines Kaufvertrages durch Händler:innen gesetzt. Demnach könne von Kaufverträgen auch bei offensichtlichen Preisfehlern nicht ohne Weiteres zurückgetreten werden.
Ein Marken-Smartphone zum Schnäppchenpreis
Ob es nun an einem technischen Fehler liegt oder die Angestellten sich versehentlich vertippen: Preisfehler bei online angebotener Ware können hin und wieder auftreten. Da gehört schon eine große Portion Glück dazu, wenn Händler:innen den Fehler bemerken, bevor die Waren zum vermeintlichen Schnäppchenpreis über die virtuelle Ladentheke gehen. Aber was ist, wenn bereits Bestellungen eingegangen sind? Können diese Kaufverträge dann angefochten werden?
Mit dieser Frage hatte sich das OLG Frankfurt auseinanderzusetzen, wie beck-aktuell berichtet. In dem skurril anmutenden Fall hatte ein spitzfindiger Käufer ein Smartphone der aktuellsten Generation in einem Online-Shop zum absoluten Schnäppchenpreis von 92 Euro statt 928 Euro entdeckt. Sein Glück kaum fassend, bestellte er gleich neun Stück davon. Und als Kirsche auf der Torte wurde ihm sogar die Möglichkeit geboten, zu jedem der bestellten Smartphones auch noch gratis Kopfhörer mitzubestellen. So landeten auch noch vier Kopfhörer im Warenkorb. Er zahlte sofort und bekam im Anschluss eine Bestellbestätigung und zwei Tage später die Versandbestätigung für die Kopfhörer.
Kopfhörer wurden Händler zum Verhängnis
Der Händler bemerkte den Fehler noch am selben Tag. Allerdings ließ er sich mit der nötigen Stornierung wegen der Preispanne ganze zwei Wochen Zeit. Das sah der Kunde jedoch nicht ein und bestand auf Erfüllung des Kaufvertrages und klagte auf Lieferung der Smartphones.
Das OLG Frankfurt gab dem klagenden Kunden recht und wies in seinem Hinweisbeschluss vom 18.04.2024 (Az. 9 U 11/23) darauf hin, dass ein Detail dem Online-Händler hier zum Verhängnis wurde: die Kopfhörer. Wie das Gericht klarstellte, kam gemäß der AGB des Online-Händlers noch kein Kaufvertrag durch die Bestellung selbst und auch nicht durch die Bestellbestätigung zustande. Erst als die kostenlosen Kopfhörer versendet wurden, kam der Kaufvertrag zustande. Diese kamen bereits beim Kunden an, bevor der Händler die Bestellung stornierte. Grund für den Zusammenhang: Ohne den Erwerb des „Hauptprodukts“ Smartphone hätte es auch die Gratis-Kopfhörer nicht gegeben.
Anfechtung kam zu spät
Somit kamen die Frankfurter Richter:innen zu dem Ergebnis, dass der Kunde die Versandbestätigung der Kopfhörer so auffassen durfte, dass ein Kaufvertrag auch über die Smartphones zustande gekommen ist. Den Vertrag anzufechten wäre theoretisch möglich gewesen. Obwohl der Händler den Fehler gleich bemerkte, stornierte er die Bestellung aber nicht unverzüglich, sondern zu spät. Der Händler ist nun in der Pflicht, dem Kunden die neun Smartphones zuzusenden.
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