Der Tod gehört zum Leben dazu, doch er ist mit großem Verlust gekoppelt, denn immer verschwindet ein geliebter Mensch. Doch geht dieser Verlust noch weiter, denn er kann im Online-Handel Händler und Kunden gleichermaßen treffen. Geschieht dies, stellt sich die Frage nach dem sogenannten digitalen Nachlass. Zu dieser Thematik hat der Bundesgerichtshof nun sein Urteil gesprochen.

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Hintergrund und gesetzliche Problematik

Jeder Mensch, der schon einmal einen Verlust durch Todesfall kennenlernen musste, war anschließend mit der Frage eines Erbes konfrontiert. Zum Thema Tod und Erbe hat der Gesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) einen ganzen Teil gewidmet (Buch 5). Und auch wir haben dieses Thema in unserem Magazin schon ausgiebig beleuchtet. Als Grundsatz ist in einem Erbfall von der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) nach § 1922 BGB auszugehen. Damit erlangen die Erben automatisch alle Güter, doch steht im Gesetz nicht, dass dies auch automatisch den digitalen Bestandteil eines Erbes erfasst, sodass am Ende die Gerichte den Umgang mit digitalen Inhalten klären mussten.

Facebook-Fall bringt den Stein ins Rollen

Die Thematik kam zum BGH durch einen Rechtsstreit im Fall eines ungeklärten Todesfalls einer 15-Jährigen, deren Eltern sich durch den Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer Tochter Informationen über die Todesumstände erhofften. Während das Berliner Landgericht 2015 in erster Instanz im Sinne der Hinterbliebenen entschied, verkündete das Berliner Kammergericht im Mai 2017 in zweiter Instanz, dass Eltern grundsätzlich keinen Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Kinder erhalten, da dies gegen das Telekommunikationsgeheimnis verstoße. Zu Unrecht, wie der BGH nun in seiner Entscheidung Urt. v. 12.07., Az. III ZR 183/17 meint. Es räumt damit den Eltern Zugang zu dem Profil ihrer Tochter ein und stellt damit zugleich Regelungen im allgemeinen Umgang mit dem digitalen Nachlass auf. Damit herrscht nun Rechtsklarheit für alle Seiten.

Gesamtrechtsnachfolge erfasst auch digitale Inhalte

Nach der Entscheidung des BGH geht auch der digitale Nachlass auf die Erben über, womit diese die gleichen Möglichkeiten wie der ehemalige Nutzer selbst haben. Sie müssen Zugriff auf das Nutzerkonto erhalten und können die Herausgabe oder Löschung von Daten verlangen. Eine Unterscheidung zwischen analogem und digitalem Erbe darf daher in Zukunft nicht mehr stattfinden. Damit haben Erben auch einen Anspruch auf den Zugriff auf das Shop-Konto eines Verstorbenen. Händler müssen Erben diesen Zugang ermöglichen, sollten sich aber vorher jedoch unbedingt einen entsprechenden Erbschein vorlegen lassen. Dieser stellt sicher, dass es sich tatsächlich um einen rechtmäßigen Erben handelt.

Anderweitige Vereinbarungen aber möglich

Obwohl die Erbfrage des digitalen Nachlasses damit klar ist, ließ der BGH die Möglichkeit aber offen, die Vererblichkeit durch eine Vereinbarung zu Lebzeiten anders zu regeln. Kunden könnten daher Händler durch eine Erklärung mitteilen, dass sie das nicht wünschen. Händler dürfen die Vereinbarung aber nicht in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen.

Kulanz und Verständnis

Trotz der nun entschiedenen rechtlichen Grundlage für einen Kontozugang durch die Erben bleiben weitere praktische Probleme bestehen. So übertragt die Universalsukzession eben nicht nur Rechte, sondern auch alle Pflichten, allen bestehenden Verbindlichkeiten nachzukommen und beispielsweise ausstehende Zahlungen, die im Rahmen von Verträgen, Abos etc. zustande gekommen sind, (aus der Erbmasse) zu begleichen. An dieser Stelle wäre es anzuraten, in einem solchen Fall Kulanz walten zu lassen und sich mit dem Erben gütlich zu einigen.