Es ist ein kleiner Sieg gegen die Abmahnindustrie: Erneut musste der IDO-Verband eine Schlappe gegen die Bonnerin Vera Dietrich hinnehmen.

Viele Personen bilden die Form eines Richterhammers auf weißem Hintergrund
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Der Streit vor dem Oberlandesgericht ist bereits der zweite Akt gegen den IDO-Verband: Dieser mahnte die Händlerin Vera Dietrich ab. Die Händlerin hatte es unterlassen, auf ihrer Homepage die Materialzusammensetzung eines Schales anzugeben (wir berichteten). In Folge der Abmahnung durch den Verband zahlte die Händlerin zwar die geforderte Strafgebühr in Höhe von 232 Euro; die Unterlassungserklärung wollte sie aber nicht unterschreiben. Sie fürchtete in Zukunft bei jeden noch so kleinem Formverstoß erneut von dem Verband zur Kasse gebeten zu werden.

Der Verband bestand aber auf die Unterlassungserklärung und wollte diese vor dem Landgericht Bonn im Mai 2018 erzwingen; scheiterte aber wegen der fehlenden Klagebefugnis. Dagegen legte der Verband Berufung ein.

Überraschendes Ende

Am Anfang sah das Berufungsverfahren für Vera Dietrich nicht gut aus: Wie der General-Anzeiger Bonn berichtet, zeigte das Gericht zu Beginn, dass es dazu neigt, dem Verband Recht zu geben. Schließlich hätte die Händlerin unstrittig gegen Kennzeichnungspflichten verstoßen. Der Fall schien daher schon von vornherein verloren zu sein.

Die Beklagte zweifelte aber – wie schon in der ersten Instanz – die Befugnis des Verbands zur Klageerhebung an: Zwar legte der Verband eine Liste mit 44 Mitgliedern vor; nach eigenen Nachforschungen stellte sich der Sachverhalt aber so dar, dass viele der genannten Mitglieder gar keine Mitglieder mehr seien.

Das Gericht verlangte daraufhin, einen Beweis vom Verband für die Mitgliedschaft der aufgelisteten Unternehmen, berichtete der General-Anzeiger weiter. Immerhin habe der Verband eine eidesstattliche Versicherung über die Mitgliedschaften abgelegt. Mehrfach wurde der Prozess unterbrochen, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, die Beweise für die Richtigkeit der Mitgliederliste herbei zu schaffen. Diesen Beweis konnte der Verband nicht erbringen. Das Gericht stellte daraufhin fest, dass der Verband über keinerlei Klagebefugnis verfüge. „Es wird spannend: Abweichend von dem, was ich anfangs gesagt habe: Es sieht anders aus“, wird die Richterin vom General-Anzeiger zitiert.

In der Folge zog die Anwältin des Verbandes die Berufung zur Erleichterung von Vera Dietrich zurück. Ob die falsche eidesstattliche Versicherung strafrechtliche Konsequenzen hat, ist noch ungewiss.

Befugnis nach UWG

Viel diskutiert ist die Befugnis des IDO-Verbandes Abmahnungen zu schreiben und in der Folge auch zu klagen. Der Grund hierfür liegt im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Demnach sind nur bestimmte Personen dazu befugt, andere Personen abzumahnen.

Sinn und Zweck von Abmahnungen ist die – zunächst – außergerichtliche Regelung von Wettbewerbsverstößen. Da es dabei um Wettbewerb geht, ist es zwingend erforderlich, dass ein Mitbewerber den Verstoß ahndet. Neben Mitbewerbern dürfen aber auch Verbände abmahnen. Damit ein Verband befugt ist, müssen drei Voraussetzungen vorliegen:

  1. Es muss sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen handeln.
  2. Diesem müssen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.
  3. Außerdem muss er durch seine personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung imstande sein, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.

Liegen alle Voraussetzungen vor, darf auch ein Verband abmahnen. Zwar ist der IDO-Verband hier an Nummer 2 gescheitert, dies bedeutet aber nicht, dass der Verband generell keine Befugnis hat. Abmahnungen sollten daher auch nach diesem Rechtsstreit unbedingt ernst genommen werden.