Die Auswirkungen von Vertriebsbeschränkungen können für Online-Händler teils fatale Folgen haben. Im Zuge solcher einschränkenden Richtlinien soll es in der Vergangenheit bereits zu verheerenden Umsatzeinbrüchen und sogar zu Insolvenzen gekommen sein. Ein aktuelles Urteil des OLG Schleswig richtet sich gegen entsprechende Beschränkungen des Elektronik-Herstellers Casio Europe.
(Bildquelle Hand aus Laptop: krimar via Shutterstock)
Viele namhafte Hersteller haben sich bereits gegen den Vertrieb ihrer Produkte auf digitalen Marktplätzen entschieden und entsprechende Vertriebsbeschränkungen in die Wege geleitet. Die Folge: Händler, die vormals Asics-, Adidas, Mammut- oder Deuter-Produkte in ihrem Sortiment hatten, durften diese nicht länger bei Amazon, eBay und Co. verkaufen. Die Hersteller begründen derartige Verbote häufig damit, ihre Marke bzw. Produkte schützen und eine Qualitäts- und Gebrauchssicherung garantieren zu müssen. Doch für zahlreiche Händler kam die Entscheidung dem Entzug ihrer Existenzgrundlage gleich.
Vertriebsbeschränkungen: Casio-Verbot beeinträchtigt „Intra-Brand-Wettbewerb“
Auch Casio Europe hatte seinen Vertragshändlern ähnliche Vertriebsbeschränkungen auferlegt: Der Hersteller erlaubte autorisierten Händlern zwar den Verkauf der Produkte über stationäre Standorte und die Vermarktung durch Printmedien, Katalog sowie einen eigenen Online-Shop. Der Vertrieb wurde jedoch insofern beschränkt, als Casio Europe den „Verkauf über sog. ‚Internetauktionsplattformen‘ (z. B. Ebay), ‚Internetmarktplätze‘ (z. B. Amazon Marketplace) und unabhängige Dritte“ nicht erlaubte.
Diese Praxis mahnte die Wettbewerbszentrale ab, weil sie besonders kleineren Händlern den Zugang zum Online-Handel verwehre und in besonderer Weise den freien Wettbewerb (insbesondere den sog. „Intra-Brand-Wettbewerb“) beeinträchtige. Nun entschied das Oberlandesgericht Schleswig, dass die Vertriebsbeschränkungen von Casio gegen das Kartellrecht verstoßen und demzufolge rechtswidrig sind (AZ 16 U (Kart) 154/13).
Kundenreichweite spielt bei Vertriebsbeschränkungen entscheidende Rolle
In ihrem Urteil gehen die Richter demnach mit einer kürzlich getroffenen Entscheidung des Bundeskartellamtes konform: Dieses hatte nach vorläufiger Prüfung festgestellt, dass ein ähnliches Verbot durch den Sportartikelhersteller Asics nicht der Qualitätssicherung der eigenen Produkte dient, sondern vielmehr einer Preiskontrolle diene und demzufolge den allgemeinen Wettbewerb beschränkt (wir berichteten).
Im Casio-Urteil heißt es: „Das vertragliche Verbot reduziere den darauf beruhenden Preisdruck und erschwere den Vertragshändlern, die sonst kostengünstiger und effizienter eine große Anzahl potentieller Käufer erreichen könnten, den Absatz. […] Angesichts des wettbewerbswidrigen Zwecks der Vereinbarung komme es auf die Frage, ob und in welchem Ausmaß die Wettbewerbsbeeinträchtigung konkret spürbar sein, nicht an. […] Entscheidend sei allein, dass die Händler in ihrer Kundenreichweite eingeschränkt würden…“
Obwohl das Urteil des OLG Schleswig im Zuge der Casio-Vertriebsbeschränkungen noch nicht rechtskräftig ist, dürfte es für viele Online-Händler eine positive Tendenz weisen, dass auch ähnliche Verbote anderer Hersteller bald auf den Prüfstand gestellt werden.
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