Abmahnung, Ärger, Anwaltskosten: So leicht ist es nicht, Händler zur Kasse zu bitten

Veröffentlicht: 06.05.2025
imgAktualisierung: 06.05.2025
Geschrieben von: Yvonne Bachmann
Lesezeit: ca. 2 Min.
06.05.2025
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Blaue Boxhandschuhe hängen am Nagel vor einer Wand
SergeyNivens / Depositphotos.com
Wenn der Abmahnbrief im Postfach landet, ist die Panik oft groß. Doch ein neues Urteil zeigt: Gegenwehr kann sich lohnen.


Wer im E-Commerce unterwegs ist, kennt das Spiel: Ein Brief von einem Verein oder einer Kanzlei, zahlreiche Vorwürfe, Unterlassung, Auskunft, Abmahnkosten – und der Druck, sofort zu reagieren. Für viele Online-Händler ist eine Abmahnung ein lästiges Übel, besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Doch nicht jede Abmahnung ist berechtigt. Und nicht jede Forderung muss erfüllt werden. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Hamm rückt genau das ins Licht – und zeigt, warum Händler mehr Rechte haben, als ihnen oft eingeredet wird.

Der Fall beginnt bei E-Zigaretten-Zubehör und endet bei grundsätzlichen Fragen: Wer darf überhaupt abmahnen? Was muss man wirklich preisgeben? Und wann lohnt es sich, standzuhalten?

Der konkrete Fall: E-Zigaretten-Zubehör ohne Alterscheck

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Urteil vom 3. April 2025 (Az. 4 U 29/24) ein Urteil gefällt, das Online-Händler aufmuntern könnte: Es ging um den Verkauf von E-Zigaretten-Bestandteilen – konkret Verdampferköpfen – ohne Altersverifikation. Die Klägerin hatte eine Mitbewerberin wegen angeblichen Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz (JuSchG) abgemahnt und verlangte neben Unterlassung auch Auskunft und Abmahnkosten.

Das OLG Hamm bestätigte zwar den Unterlassungsanspruch – der Verkauf von E-Zigaretten-Bestandteilen ohne Altersprüfung sei rechtswidrig. Doch: Die Klägerin scheiterte mit ihren weiteren Forderungen. Weder bekam sie Einsicht in wirtschaftliche Kennzahlen der Beklagten, noch wurden ihr die Abmahnkosten zugesprochen. Gerade diese beiden Punkte sind bedeutsam – für jeden, der schon einmal unter Druck einen Abmahnbetrag überwiesen hat.

Was das Urteil Händlern verdeutlicht

Die Abmahnerin konnte nicht belegen, dass sie zur Abmahnung überhaupt berechtigt war (Stichwort: Aktivlegitimation). Das Gesetz verlangt eine nachvollziehbare Begründung, etwa durch konkrete Marktanteile oder echte Wettbewerbstätigkeit. Diese fehlte – und damit entfiel der Anspruch auf Kostenerstattung.

Abmahner versuchen zudem oft, über Auskunftsansprüche an sensible Unternehmensdaten zu kommen – etwa Umsätze oder erzielte Gewinne. Doch das OLG Hamm machte deutlich: Ohne konkreten Schadensersatzanspruch gibt es keinen Anspruch auf wirtschaftliche Offenlegung.

Panik? Nein. Besonnen prüfen und handeln

Das Urteil des OLG Hamm verdeutlicht die Notwendigkeit für Online-Händler, gesetzliche Vorgaben wie die Altersverifikation strikt einzuhalten. Gleichzeitig zeigt es, dass Abmahnungen sorgfältig geprüft werden sollten, da formelle Mängel die Ansprüche des Abmahnenden erheblich einschränken können. Viele Händler berichten jedoch, dass sie sich von Abmahnungen unter Druck gesetzt fühlen. Man wolle „es schnell vom Tisch haben“, die Forderungen wirkten einschüchternd, und ein Rechtsstreit scheint teuer. Doch das Urteil zeigt: Wer klug reagiert, kann viel abwehren – und sogar Fehler auf Seiten der Abmahner aufdecken.

Das Urteil des OLG Hamm beweist auch, dass im vermeintlich klaren Fall noch vieles offen ist – und dass nicht jeder, der abmahnt, auch im Recht ist. Für Online-Händler ist das ein gutes Signal. Händler sollten solche Schreiben nicht reflexartig erfüllen, sondern prüfen (lassen), ob sie überhaupt wirksam sind. Nicht aus Trotz, sondern aus Professionalität.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 06.05.2025
img Letzte Aktualisierung: 06.05.2025
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Yvonne Bachmann

Yvonne Bachmann

Expertin für IT-Recht

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