Für Online-Händler ist es ein bekanntes Ärgernis: Die gesetzlichen Informationspflichten sind kleinteilig und unübersichtlich – und Fehler können teuer werden. Schon eine kleine Unvollständigkeit in der Widerrufsbelehrung oder anderen Rechtstexten kann dazu führen, dass dem Verbraucher Rechte vorenthalten werden, beispielsweise das 14-tägige Widerrufsrecht nicht beginnt.

Die gute Nachricht: Nicht jeder Fehler ist dramatisch. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem jetzt veröffentlichten Urteil (Urteil vom 07.11.2024, Az.: 14 U 95/24) entschieden, dass Händler aufatmen können.

Der Fall: Elektroauto gekauft – Widerruf erst nach Monaten

Ein Verbraucher hatte im Mai 2022 über einen Online-Shop ein Elektrofahrzeug zum Preis von rund 62.000 Euro bestellt. Das Auto wurde im Dezember desselben Jahres ausgeliefert. Doch der Käufer widerrief den Vertrag erst im August 2023 – also rund acht Monate nach der Lieferung.

Sein Argument: Die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, weil keine Telefonnummer angegeben war. Deshalb sei die Widerrufsfrist gar nicht erst angelaufen – und ein Widerruf noch immer möglich. Das ist in der Theorie auch lange gängige Rechtsauffassung gewesen. Aber …

OLG: Kein formeller Mangel – keine Fristverlängerung

Das OLG Oldenburg (und kurze Zeit später auch der BGH) sahen das anders. Die Richter argumentierten, dass die fehlende Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht automatisch zur Verlängerung der Widerrufsfrist führt. Denn die Telefonnummer der Autohändlerin war leicht auf ihrer Website auffindbar. Und vor allem: Bei einem hochpreisigen Kauf wie einem Auto sei es nicht realistisch, dass ein Kunde sein Widerrufsrecht telefonisch ausübt.

Im Gegenteil: Aus Beweisgründen sei es üblich und vernünftig, einen Widerruf schriftlich oder per E-Mail zu erklären. Die gesetzlich geforderten Informationen zum Widerrufsrecht seien also ausreichend übermittelt worden. Damit blieb es bei der regulären 14-tägigen Frist – und der Widerruf war mehr als eindeutig verspätet.

Auch der BGH ist auf Linie

Unterstützt wird diese Sichtweise vom Bundesgerichtshof (BGH), der in einem ähnlichen Fall (Beschluss vom 25.02.2025, Az.: VIII ZR 143/24) entschied: Eine Telefonnummer muss in der Widerrufsbelehrung nicht zwingend enthalten sein, solange andere Kommunikationsmittel angegeben sind. Die Belehrung bleibt wirksam – und die Frist läuft.

Aber Vorsicht: Wer sich auf die Entscheidung verlässt, sollte sie nicht als Einladung verstehen, die Widerrufsbelehrung großzügig zu kürzen oder anzupassen. Die Mustertexte existieren nicht ohne Grund – sie bieten rechtliche Sicherheit. Und jede Veränderung bietet Diskussionspotenzial. Die beiden Urteile bezogene sich beide auf den Autokauf. Ob dieses Ergebnis auch auf andere Branchen oder Produkte (z. B. niedrigpreisige Produkte des täglichen Bedarfs oder Möbel, Elektronik, Bekleidung) übertragbar ist, bleibt offen. Gerade bei solchen Online-Käufen könnte ein Gericht anders entscheiden.

Die bessere Strategie bleibt also: die Musterwiderrufsbelehrung vollständig übernehmen, einschließlich der Telefonnummer. Wer das tut, muss sich über Fristfragen keine Gedanken machen – und spart sich teure Prozesse.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com