Bewertungen sorgen immer wieder für Ärger auf Händlerseite. Viel Kritik wird von der freien Meinungsäußerung gedeckt. Wenn es allerdings zu einer falschen Tatsachenbehauptung kommt, können Händler:innen dagegen vorgehen. Wann es sich um eine Meinungsäußerung handelt und wann eine falsche Tatsachenbehauptung vorliegt, ist jedoch nicht immer eindeutig. Hier müssen Gerichte entscheiden. Einer Richterin zufolge sei die Behauptung, dass ein Gerät defekt ist, als Meinungsäußerung zu werten. Ein entsprechender Fall eines Händlers liegt uns vor. 

Rechtliche Lage bei Bewertungen

Grundsätzlich müssen Händler:innen auch negative Bewertungen hinnehmen, solange sie von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Immer dann, wenn es über pointierte Kritik hinausgeht und es sich um Ehrverletzungen, Herabwürdigung oder Schmähkritik handelt, können Händler:innen gegen diese Bewertungen vorgehen. Dabei ist es immer eine Einzelfallentscheidung, welche Bewertungen zulässig sind. Auch scharfe Kritik kann von der Meinungsäußerung gedeckt sein, solange ein sachlicher Bezug vorliegt. 

Relativ eindeutig ist die Lage allerdings bei falschen Tatsachenbehauptungen: Diese müssen sich Händler:innen nicht gefallen lassen. Handelt es sich bei der Bewertung sowohl um eine Tatsachenbehauptung als auch um eine Meinungsäußerung, kommt es darauf an, welcher Teil überwiegt. Handelt es sich überwiegend um eine Meinungsäußerung, ist diese von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Kernaussagen der Tatsachenbehauptung müssen allerdings der Wahrheit entsprechen. 

So haben Gerichte in der Vergangenheit entschieden

Was von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und welche Bewertungen von Händler:innen gelöscht werden dürfen, hat in der Vergangenheit schon häufiger die Gerichte beschäftigt. Zuletzt berichteten wir über einen Fall, in dem bei einer Restaurantbewertung ein Kunde angab, das Salz-Pfeffer-Verhältnis habe nicht gepasst. Das Landgericht Berlin entschied hier, dass es sich um eine subjektive Meinungsäußerung handelt, die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Der Restaurantbetreiber scheiterte mit seinem Versuch, die Äußerung löschen zu lassen. 

In einem anderen Fall lehnte das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde von einem YouTuber ab, der sich auf die Meinungsfreiheit berufen wollte, als er eine Politikerin als „aufgedunsene Dampfnudel“ bezeichnet hatte. Strafgerichte hatten hier eine gezielte Ehrverletzung gesehen und die Aussagen als strafbare Beleidigung eingeordnet. Diese Ansicht bestätigte auch das Bundesverfassungsgericht. 

2016 machte der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung klar, dass Tatsachenbehauptungen nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, wenn im Zeitpunkt der Äußerung feststeht, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen. Händler:innen müssen sich also nicht gefallen lassen, dass unwahre Tatsachen über sie verbreitet werden. 

„Gerät defekt“ soll Meinungsäußerung sein?

Umso interessanter ist der Fall, mit dem sich ein Händler an uns wandte. In einer Rezension auf Ebay behauptete ein Käufer, es würde sich um ein defektes Produkt handeln. Der Händler konnte allerdings klar beweisen, dass das Gerät voll funktionstüchtig war. Eigentlich ein eindeutiger Fall, sollte man meinen, wenn man sich die Rechtsprechung der letzten Jahre anschaut. Als der Käufer die Bewertung nicht löschen wollte, ging der Händler gerichtlich gegen diese vor. 

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt folgte dann allerdings die böse Überraschung. Die Richterin gab dem Kläger einen rechtlichen Hinweis, dass es sich bei der Bewertung um eine Meinungsäußerung handeln würde und nicht um eine Tatsachenbehauptung und riet ihm dazu, die Klage zurückzunehmen. Ob das Gerät tatsächlich defekt war, war dementsprechend unerheblich. Verunsichert von der Aussage der Richterin, nahm der Händler die Klage zurück und ließ es nicht auf eine Entscheidung ankommen. Eine Begründung, wie die Richterin zu dieser Rechtseinstellung kommt, gab sie nicht ab. Wir haben bei der Richterin und der Pressestelle angefragt und um eine Stellungnahme gebeten, bisher allerdings keine Antwort erhalten.

Was bedeutet das für Händler:innen?

Auch wenn in dem Fall keine Gerichtsentscheidung vorliegt und es sich bisher um einen Einzelfall handelt, sorgt das Vorgehen, mindestens beim betroffenen Händler, für Verunsicherung. Umso wichtiger ist es für Händler:innen, die Überprüfung von Bewertungen von Fachleuten vornehmen zu lassen. Vorschnelle Löschanträge könnten nach hinten losgehen, zudem kann ein zu rigoroses Löschen von schlechten Bewertungen auch unglaubwürdig wirken. Auf Kund:innen kann es außerdem positiv wirken, Bewertungen zu kommentieren und so zu signalisieren, dass man offen für Kritik ist und diese annimmt.