Ein neues Urteil sorgt wieder einmal Diskussionen unter Selbstständigen und Gewerbetreibenden: Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat mit Urteil vom 15. April 2025 (Az. 5 K 645/23.KO) die Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung durch die IHK, in dem Fall war es die der Stadt Koblenz, bestätigt. Für viele Unternehmen klingt das nach einem Déjà-vu.

Das Urteil: Beitragsberechnungsmethode war rechtens

Der Kläger hatte bemängelt, dass die IHK Koblenz Rücklagen in unzulässiger Höhe bilde. Doch das VG Koblenz sah das anders: Die Kammer habe mit einem geprüften Risikokalkulationsmodell gearbeitet, das von Wirtschaftsprüfern gebilligt wurde. Auch die Behauptung, die Rücklagen seien überhöht, konnte der Kläger nicht belegen. Das Gericht betonte, dass der Wirtschaftsplan der Kammer den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Die Klage wurde daher abgewiesen.

Zwar betrifft das Urteil formal nur die IHK Koblenz, doch die Signalwirkung ist deutlich: Wer gegen die Beitragsfestsetzung der IHK klagt, muss konkrete Fehler im Finanzgebaren nachweisen können. Allgemeiner Frust oder der bloße Eindruck, dass „zu viel Geld gehortet“ werde, reicht nicht. Für andere IHKs ist das eine Stärkung – für Kritiker dagegen ein Dämpfer.

Die rechtliche Lage: Zwangsmitgliedschaft mit Pflichten

In Deutschland ist jeder Gewerbetreibende im entsprechenden Sektor – mit wenigen Ausnahmen – verpflichtet, Mitglied in einer Industrie- und Handelskammer zu sein. Grundlage ist das IHK-Gesetz (IHKG), das die Kammern mit hoheitlichen Aufgaben betraut: Beratung, Ausbildung, Interessenvertretung, Wirtschaftsstandortförderung. Im Gegenzug dürfen sie Beiträge erheben. Diese Pflichtmitgliedschaft wurde mehrfach höchstrichterlich bestätigt – auch vom Bundesverfassungsgericht. Voraussetzung: Die IHKs müssen wirtschaftlich ordentlich haushalten und dürfen keine unangemessenen Rücklagen bilden. Das ist oft der Knackpunkt in Klagen, aber nur selten erfolgreich.

Trotz der rechtlichen Klarheit bleibt die Stimmung unter vielen Gewerbetreibenden angespannt. Kritiker fühlen sich an die GEZ erinnert: Sie zahlen für eine Institution, deren Nutzen sie nicht erkennen und nicht nutzen – oder gar ablehnen. Besonders kleinere Händler, Start-ups oder digitale Selbstständige bemängeln, dass sie kaum Leistungen der IHK in Anspruch nehmen, aber dennoch zahlen müssen. Hinzu kommt der Eindruck mangelnder Transparenz und hoher Verwaltungskosten bei den Kammern.

Was tun, wenn man sich gegen IHK-Beiträge wehren will?

Zwar gibt es Möglichkeiten, sich gegen den Beitragsbescheid zu wehren. Bevor man den Rechtsweg beschreitet, stellt sich jedoch erst die zentrale Frage: Ist der Beitragsbescheid überhaupt rechtswidrig – oder einfach nur unangenehm? Für juristische Laien ist das schwer zu beurteilen, denn IHK-Bescheide wirken oft formal und technisch. Trotzdem gibt es einige erste Prüfmerkmale, die helfen können: Zunächst sollten die Angaben (Datum, Rechtsbehelfsbelehrung, korrekte Angaben zum Unternehmen) sowie die Berechnungsgrundlagen (z. B. Gewerbeertrag) kontrolliert werden. Bei Unklarheiten ist es sinnvoll, Einsicht in die Kalkulation zu verlangen oder den Steuerberater um eine Einschätzung zu bitten. Auch ein Vergleich mit Vorjahren oder ähnlichen Betrieben kann Hinweise auf Unstimmigkeiten geben. Wer als Laie unsicher ist, sollte vor einem Widerspruch das Gespräch mit der IHK suchen oder sich von einem Verband oder Netzwerk unterstützen lassen.

Einige Verbände und Vereinigungen bieten hierfür Hilfe an. Der bffk (Bundesverband für freie Kammern) etwa unternimmt Musterprozesse oder stellt rechtliche Infos wie Musterschreiben bereit. Auch andere berufsständische Organisationen unterstützen ihre Mitglieder im Umgang mit der IHK. Solche oder ähnliche Angebote können eine sinnvolle Hilfe sein – aber Vorsicht ist geboten. In der Grauzone rund um Pflichtbeiträge und Behördenfrust tummeln sich auch Dienstleister, die überzogene Erfolgsaussichten oder pauschale Rückerstattungen versprechen. Solche Aussagen sind mit Vorsicht zu genießen. Rechtssichere Hilfe sollte immer auf Einzelfallprüfung, nicht auf Massenabfertigung basieren. Wenig überraschend scheuen viele Unternehmer den Aufwand, zumal Erfolgsaussichten oft gering sind.

Was tun? Kritik oder Nutzen – aber kein Wegschauen

Wer Beiträge zahlt, sollte sich zumindest mit dem Gegenwert auseinandersetzen. Viele IHKs bieten sinnvolle Leistungen: Gründungsberatung, Netzwerke, Weiterbildung, Auslandskontakte, rechtliche Hilfen. Wer diese aktiv nutzt, kann sogar profitieren. Wer dagegen der Meinung ist, dass seine IHK nicht wirtschaftlich oder transparent arbeitet, sollte sich kritisch einbringen – etwa durch Teilnahme an Vollversammlungen, Gremien oder durch rechtliche Schritte.

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