Online-Bewertungen haben im E-Commerce eine hohe Bedeutung – sowohl für Unternehmen, als auch für Verbraucher:innen. Doch was passiert, wenn eine Bewertung kritisch ausfällt und möglicherweise den Ruf eines Unternehmens beeinträchtigt? Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 11.03.2025, Aktenzeichen: VI ZB 79/23) in einer aktuellen Entscheidung auseinandersetzen. Eine Anwaltskanzlei wollte die Identität eines anonymen Nutzers einer Bewertungsplattform erfahren, der der Kanzlei unter anderem unprofessionelles Verhalten gegenüber Mitarbeiter:innen vorgeworfen hatte.

Kritik am Umgang mit Mitarbeiter:innen

Eine Anwaltskanzlei hatte auf einer Online-Bewertungsplattform eine kritische Rezension erhalten. In dieser Bewertung wurde unter anderem behauptet, dass ehemalige Mitarbeiter:innen ihr Gehalt und ihre Arbeitszeugnisse gerichtlich durchsetzen müssten. Die Bewertung enthielt zudem Aussagen wie: „glänzt durch Abwesenheit“ und „Angestellte sollen nur so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich machen“. Zwar gab es in Wirklichkeit nur einen bekannten Fall eines solchen Vorgehens, dennoch verlangte die Kanzlei von der Plattform die Herausgabe der Identität des Bewertenden. Die Plattform verweigerte diese Auskunft, woraufhin es zu einem Rechtsstreit kam.

Der BGH entschied, dass die Plattform die Identität des Nutzers nicht offenlegen muss, da es sich bei der Bewertung überwiegend um eine zulässige Meinungsäußerung handelt und keine strafbare Tatsachenbehauptung vorliegt.

Im Zweifel für die Meinungsfreiheit

Der BGH stellte klar, dass ein Anspruch auf Auskunft nach § 21 Abs. 3 TDDDG nur besteht, wenn die Bewertung den Tatbestand einer strafrechtlichen Norm (etwa üble Nachrede oder Verleumdung) erfüllt. Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch nicht um eine reine Tatsachenbehauptung, sondern um eine subjektive Wertung, die vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist.

Entscheidend war, dass mehrdeutige Aussagen im Zweifel zugunsten der Meinungsfreiheit zu interpretieren sind. Da eine strafbare Bedeutung der Äußerungen nicht eindeutig feststellbar war und der tatsächliche Gehalt der Äußerungen untrennbar mit wertenden Elementen verbunden war, überwog das Interesse am Schutz der Meinungsfreiheit gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Kanzlei.

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