Scheinprivate Händler:innen gefährden den fairen Wettbewerb enorm. Ob eine Person privat oder schon gewerblich verkauft, ist allerdings nicht immer eindeutig festzustellen. Oftmals müssen für die Einordnung Indizien, wie die Anzahl an Angeboten oder Bewertungen, herangezogen werden.
Das Oberlandesgericht Brandenburg (Urteil vom 04.02.2025, Aktenzeichen: 6 U 48/24) entschied nun, dass 600 Bewertungen innerhalb von 15 Jahren noch nicht auf eine scheinprivate Tätigkeit hindeuten.
Streit ums Widerrufsrecht
Im Kern ging es um ein Boot: Der Käufer erwarb das Boot über einen Online-Marktplatz und erklärte dann den Widerruf. Der Verkäufer lehnte den Widerruf ab. Schließlich muss man als privater Verkäufer keine Verbraucherrechte gewähren. Der Kunde behaarte dann aber offenbar auf seinem scheinbaren Recht und zahlte auch keinen Kaufpreis.
Der Verkäufer klagte daraufhin. In der ersten Instanz bekam er vor dem LG Cottbus (Urteil vom 04.04.2024, Aktenzeichen 2 O 250/22) zunächst kein Recht. Das OLG Brandenburg stand ihm dann aber den Kaufpreis zu.
Drei Artikel pro Monat sind noch nicht gewerblich
Das Gericht beschäftigte sich mit der Frage, ob der Verkäufer die Schwelle zur gewerblichen Tätigkeit überschritt und stellte fest, dass allein die Anzahl der Bewertungen – und damit auch zwangsläufig die Anzahl der Transaktionen – nicht auf eine gewerbliche Tätigkeit hindeuteten. Konkret heißt es: „Allein die Zahl dieser Transaktionen weist allerdings noch nicht mit hinreichender Sicherheit auf ein planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen, denn die Transaktionen sind über einen Zeitraum von 15 Jahren erfolgt, also mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von drei pro Monat. Dem Kläger ist auf der Verkaufsplattform auch kein besonderer Status (wie der eines ,power sellers‘) eingeräumt, der einen Hinweis auf eine überdurchschnittliche Aktivität und damit auf ein gewerbliches Handeln bieten könnte. Auch die Art der vertriebenen Artikel lässt keinen Rückschluss auf eine gewerbliche Tätigkeit zu. Denn der Kläger hat völlig unterschiedliche Artikel, insbesondere Einzelstücke, angeboten.“
Auch sei nicht erkennbar, inwiefern der Verkäufer Ware zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben hatte.
Grenze aus dem Steuertransparenzgesetz nur ein weiteres Indiz
Interessant ist das Urteil auch mit Hinblick auf das Steuertransparenzgesetz: Dieses legt eine Bagatellgrenze von 30 Verkäufen und 2000 Euro Umsatz pro Jahr fest. Wird diese überschritten, melden die Plattformen die Umsätze an das Finanzamt. Das Überschreiten dieser Bagatellgrenze reicht laut dem Gericht aber noch nicht aus, um eine gewerbliche Tätigkeit im zivilrechtlichen Sinn anzunehmen.
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