Reklamationen wegen angeblicher Mängel bei gebrauchten Produkten sind für viele Online-Händler ein tägliches Ärgernis – vor allem, wenn die Käufer völlig unrealistische Erwartungen haben. Doch ein aktuelles Urteil des OLG Zweibrücken schafft etwas mehr Klarheit: Normale Verschleißerscheinungen bei gebrauchten Waren stellen keinen Sachmangel dar. In dem konkreten Fall ging es zwar um einen Gebrauchtwagen, doch die rechtliche Aussage ist deutlich weiter gefasst – und lässt sich auch auf den Verkauf von generalüberholter Technik, Haushaltsgeräten oder Secondhand-Mode übertragen.
Gebraucht ist eben gebraucht
Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hat mit seinem Urteil vom 19. Dezember 2024 (Az. 6 U 19/20) Klartext gesprochen: Der normale Verschleiß bei einem älteren Gebrauchtwagen stellt keinen Sachmangel dar. Im verhandelten Fall hatte ein Käufer einen acht Jahre alten Mercedes-Benz mit über 200.000 km Laufleistung erworben. Nach nur vier Wochen und 7.000 km weiterer Nutzung versagte der Motor – Grund war eine undichte Zylinderkopfdichtung. Der Käufer forderte daraufhin die Reparaturkosten vom Verkäufer zurück. Doch das Gericht urteilte: kein Mangel, kein Anspruch.
Die Richter betonten, dass bei Fahrzeugen mit diesem Alter und dieser Laufleistung typische Verschleißerscheinungen hinzunehmen sind. Der Verkäufer habe das Fahrzeug mangelfrei übergeben – und müsse nicht für normale Alterserscheinungen haften. Eine Pflicht zur gesonderten Aufklärung über potenziellen Verschleiß bestehe nicht, sofern keine arglistige Täuschung oder bewusste Mängelverschleierung vorliege.
Artikelbeschreibungen: „Gebraucht“ reicht nicht
Was zunächst nach einem „Autohändler-Thema“ klingt, betrifft tatsächlich aber auch alle gewerblichen Online-Händler – insbesondere solche, die gebrauchte oder refurbished Produkte verkaufen. Denn: Die Grundsätze aus dem Urteil sind übertragbar. Auch bei Technik, Haushaltswaren oder Mode gilt – gewisse Abnutzungen, die dem Alter und dem früheren Gebrauch entsprechen, stellen keinen Sachmangel dar.
Gerade im Online-Handel stehen Angebote oft unter besonderer Beobachtung: Käufer erwarten Rückgabeoptionen, schnelle Mängelbeseitigung und umfassende Aufklärung über den Zustand der Ware, denn anders als im Geschäft oder auf einem Flohmarkt kann der Gegenstand nicht begutachtet werden. Online-Händler können und müssen also hier Abhilfe schaffen, indem sie eine möglichst detaillierte Zustandsbeschreibung erstellen.
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