Verschleiß ist kein Mangel: Verkäufer haften nicht für jeden Defekt

Veröffentlicht: 02.05.2025
imgAktualisierung: 02.05.2025
Geschrieben von: Yvonne Bachmann
Lesezeit: ca. 2 Min.
02.05.2025
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ca. 2 Min.
Eine Lupe hält auf eine Glühbirne
ChristianChan / Depositphotos.com
Normale Gebrauchsspuren bei Gebrauchtwaren sind kein Sachmangel. Wie man sich rechtlich absichert, zeigt ein Urteil.


Reklamationen wegen angeblicher Mängel bei gebrauchten Produkten sind für viele Online-Händler ein tägliches Ärgernis – vor allem, wenn die Käufer völlig unrealistische Erwartungen haben. Doch ein aktuelles Urteil des OLG Zweibrücken schafft etwas mehr Klarheit: Normale Verschleißerscheinungen bei gebrauchten Waren stellen keinen Sachmangel dar. In dem konkreten Fall ging es zwar um einen Gebrauchtwagen, doch die rechtliche Aussage ist deutlich weiter gefasst – und lässt sich auch auf den Verkauf von generalüberholter Technik, Haushaltsgeräten oder Secondhand-Mode übertragen.

Gebraucht ist eben gebraucht

Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hat mit seinem Urteil vom 19. Dezember 2024 (Az. 6 U 19/20) Klartext gesprochen: Der normale Verschleiß bei einem älteren Gebrauchtwagen stellt keinen Sachmangel dar. Im verhandelten Fall hatte ein Käufer einen acht Jahre alten Mercedes-Benz mit über 200.000 km Laufleistung erworben. Nach nur vier Wochen und 7.000 km weiterer Nutzung versagte der Motor – Grund war eine undichte Zylinderkopfdichtung. Der Käufer forderte daraufhin die Reparaturkosten vom Verkäufer zurück. Doch das Gericht urteilte: kein Mangel, kein Anspruch.

Die Richter betonten, dass bei Fahrzeugen mit diesem Alter und dieser Laufleistung typische Verschleißerscheinungen hinzunehmen sind. Der Verkäufer habe das Fahrzeug mangelfrei übergeben – und müsse nicht für normale Alterserscheinungen haften. Eine Pflicht zur gesonderten Aufklärung über potenziellen Verschleiß bestehe nicht, sofern keine arglistige Täuschung oder bewusste Mängelverschleierung vorliege.

Artikelbeschreibungen: „Gebraucht“ reicht nicht

Was zunächst nach einem „Autohändler-Thema“ klingt, betrifft tatsächlich aber auch alle gewerblichen Online-Händler – insbesondere solche, die gebrauchte oder refurbished Produkte verkaufen. Denn: Die Grundsätze aus dem Urteil sind übertragbar. Auch bei Technik, Haushaltswaren oder Mode gilt – gewisse Abnutzungen, die dem Alter und dem früheren Gebrauch entsprechen, stellen keinen Sachmangel dar.

Gerade im Online-Handel stehen Angebote oft unter besonderer Beobachtung: Käufer erwarten Rückgabeoptionen, schnelle Mängelbeseitigung und umfassende Aufklärung über den Zustand der Ware, denn anders als im Geschäft oder auf einem Flohmarkt kann der Gegenstand nicht begutachtet werden. Online-Händler können und müssen also hier Abhilfe schaffen, indem sie eine möglichst detaillierte Zustandsbeschreibung erstellen.

Ein einfaches „gebraucht“ in der Artikelbeschreibung ist rechtlich zulässig – aber praktisch oft zu vage. Online-Käufer haben kein Produkt in der Hand, keine Möglichkeit zur Besichtigung, kein Beratungsgespräch. Sie sind auf die Beschreibung angewiesen. Und das Gesetz sagt: Wenn bestimmte Eigenschaften nicht erkennbar sind, aber für die Kaufentscheidung relevant wären, kann Schweigen schnell als Verschweigen gelten. Daher folgendes Beispiel einer guten Zustandsbeschreibung: „Neun Monate alter Bluetooth-Lautsprecher, Oberfläche mit leichten Kratzern (siehe Bild 3), funktioniert einwandfrei, Akku wurde getestet (Laufzeit ca. 5 Stunden).”

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 02.05.2025
img Letzte Aktualisierung: 02.05.2025
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Yvonne Bachmann

Yvonne Bachmann

Expertin für IT-Recht

KOMMENTARE
1 Kommentare
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ralf
05.05.2025

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Das gilt aber auch für neue Sachen. Wenn ich ein ein Produkt kaufe, dass bei gebrauch ca. eine Haltbarkeit von 6 Monaten hat und dann so langsam verschleißt, kann ich nicht nach 11 Monaten kommen und eine Gewährleistung verlangen.