Kolumne: Maschmayers „Start Up“ – Das Gründer-Bootcamp, das keiner sehen wollte

Veröffentlicht: 13.04.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 13.04.2018

Fans von „Start Up! Wer wird Deutschlands bester Gründer?" müssen nicht traurig sein, auch wenn es davon offenbar nicht so wahnsinnig viele gibt. Den Sat.1-Sendeplatz musste Carsten Maschmeyers Versuch, einen eigenen Konkurrenten zu „Die Höhle der Löwen" zu launchen, zwar räumen, aber im Internet wird der Rest der Show noch fertig versendet. Und der Sieger bekommt sein Geld auch, schließlich wurde die Sendung schon vor Monaten produziert. Warum dabei allerdings niemandem aufgefallen ist, dass man gerade nicht nur am Sinn einer Gründer-Show, sondern auch am Interesse der Zuschauer vorbeiproduziert, ist eine spannende Frage.

Wenn eine Show, die versucht, Gründer erfolgreich zu machen, am Desinteresse des Publikums scheitert – ist das dann Ironie? Es musste doch irgendjemandem klar sein, im besten Fall dem erfolgreichen StartUp-Angel Maschmeyer selbst, dass ein Konzept, in dem ich die „besten“ Zutaten aus „Deutschland sucht den Superstar“ und „Germany’s Next Topmodel“ mit der seriösen Gründung eines zukunftsträchtigen Unternehmens vermenge, nicht funktionieren kann. Gut, angesichts von Kracher-Ideen wie Fidget-Spinner-Kulis, Männerstrapsen und Windschutz-Vorrichtungen für Sonnenliegen mag man das Prädikat „seriös“ diskutieren, aber zumindest wollen alle Teilnehmer mit ihrer Idee das große Geld scheffeln.

„Beim Gründen ist es wie im Boxring“ – Lebensweisheiten aus dem Bootcamp

Ob ihnen allerdings im Vorhinein bewusst war, dass sie dafür „Challenges“ über sich ergehen lassen müssen, die an ein Resozialisierungs-Bootcamp für schwer erziehbare Jugendliche erinnern? Fraglich. Persönlichkeits-Coach Matthew Mockridge, der online auch patent erklärt, wie man mehr Willensstärke bekommt und mehr mentale Stärke erlangt, unterstreicht den Eindruck und glänzt mit Weisheiten wie: „Beim Gründen ist es wie im Boxring. Da hat der Champion die gleiche Angst wie der Feigling. Aber der Champion nutzt diese Angst, um weiterzukommen.“ Uff, das ist schon ganz schön harte Trash-TV-Nachmittagsprogramm-Schule. Wohlgemerkt in einer Sendung, in der Menschen mit einer mehr oder weniger guten Idee ein Unternehmen gründen wollen.

StartUp-Gründung ist nicht DSDS

Nun verlangt niemand, dass eine Show im Fernsehen, deren Kernaufgabe Unterhaltung ist, staubtrocken den Prozess einer Unternehmensgründung nachbildet. „Die Höhle der Löwen“ lebt auch nicht von knallharten Kosten-Nutzen-Rechnungen, sondern von spannenden Konzepten, halbwegs eloquenten und gewitzten Juroren und vom Reiz des Neuen und Unbekannten. Sat.1 und Carsten Maschmeyer haben ihre Zielgruppe nicht verstanden, wenn sie glauben, dass sie mit Fremdscham-Maximum und Lächerlichmachen wie in „Deutschland sucht den Superstar“ punkten können und das dann noch als Suche nach der nächsten großen Geschäftsidee verkaufen wollen.

Besonders pikant wird es, wenn man im Subtext auch noch sein Publikum für zu blöd für das eigene, ganz hervorragende Show-Konzept hält. Wer die Absetzung eines vorprogrammierten Flops tatsächlich damit begründet, dass das eigene „unique, hochwertige spezifische Format“ für die Zuschauer eben „nicht relevant genug“ sei, der braucht ordentlich Chuzpe. Vor allem, nachdem man sich mit dem Aufruf zum härtesten Roast auf Twitter, um die Quoten anzukurbeln, endgültig ins Abseits stellt. Ironie muss man sich leisten können. 2,8 Prozent Marktanteil reichen dafür allerdings nicht.

Schweizers „Traumjob“: Der nächste Fail?

DHDL-Juror-Kollege Jochen Schweizer will es Maschmeyer demnächst bei ProSieben gleich tun und in „Der Traumjob“ einen Geschäftsführer für eines seiner Unternehmen suchen. Liest man die Ankündigung, muss man Schlimmes befürchten: „In meinem Leben bin ich nicht nur an meine Grenzen gegangen, sondern immer wieder darüber hinaus. Dabei war ich immer bereit, etwas mehr zu riskieren, um Außergewöhnliches zu erleben. Jetzt suche ich jemanden, der Adrenalin im Blut hat und Träume verwirklicht.“ In Gedanken formen sich bereits Bilder, wie junge, hungrige BWL-Studenten im Dschungelcamp Felsen den Berg hochrollen, weil die Unternehmensführung nunmal eine Sisyphos-Arbeit ist.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#1 Eric 2018-04-19 13:45
Sehr gut geschrieben und nur allzu wahr.
Grundsätzlich zeigt die Sendung mal wieder die Einfallslosigke it und das "GOTT, WIR MÜSSEN DAS JETZT AUCH GANZ SCHNELL MACHEN"-Prinzip . Die Variante von Pro7, "Das Ding des Jahres" kann man, so denke ich, ebenfalls getrost als Flop bezeichnen... kein Wunder, denn wenn ein Komiker und das Produkt einer anderen einfallslosen Show (GMNT) hier das Erfolgspotentia l von Erfindungen bewerten, wird es ebenfalls eher unfreiwillig komisch.
Die Vorlage dieser Art von Gründershow, das Original zu HDL heißt "Shark Tank" und läuft schon fast 10 Jahre in den USA (und hierzulande auf DMax).
Relativ spät kam man drauf, dass das Ganze recht unterhaltsam ist, deswegen musste dann ein deutscher Abklatsch her, ohne jegliche Innovation oder eigene Ideen, wie so oft.
Als nächste Stufe dann ein armseliger Versuch, das Prinzip mit einem höchst durchschaubaren "Wir wiegeln die Leute gegeneinander auf, drama sells!"-Gewürz zu versehen (war in der ersten Folge recht deutlich zu sehen. Wie es weiterging - no idea, hab nur die Folge gesehen und wünschte, ich könnte die Zeit zurückbekommen) ist so dermaßen blutarm, durchschaubar und öde.

Die Pressemitteilun g von Sat1 dazu erfordert nicht nur Chuzpe, sondern grenzt an Hohn. Hinweis an Sat1: Die Verwendung von so "hippen" (gähn) Begriffen wie "unique" lässt Euch keineswegs frischer und "am Puls der Zeit" erscheinen. Oder ist das Buchstabieren von "einzigartig" zu kompliziert?
Gesicht wahren angesichts eines Flops geht wahrlich anders.

Bleibe weiterhin dabei, ab und zu bei Shark Tank reinzuschauen. Auch hier ist nicht alles SO sauber, bzw. ist es selbstverständl ich ein Unterhaltungsfo rmat, und auch hier sind viele Deals nicht zustande gekommen/geplat zt, bzw. nicht alle Unternehmen zum Megahit geworden. Dennoch finde ich die Sendung unterhaltsamer als HDL oder Startup.
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