Die Stimmung in der Wirtschaft ist trüb und Unternehmen müssen derzeit genau gucken, wie sie kalkulieren, Kosten sparen und profitabel agieren können. Jeder dritte Betrieb kommt in diesem Jahr nicht ohne Kürzungen bei den Stellen und Investitionen aus. Diese kriselnde Atmosphäre schlägt sich auch auf die Gemüter der Beschäftigten nieder: Nur 45 Prozent der deutschen Arbeitnehmer:innen blicken zufrieden und optimistisch in die Zukunft. Damit stagniert die Mitarbeiterzufriedenheit auf dem Niveau des vergangenen Jahres, zeigt eine aktuelle Umfrage der Beratungsfirma Gallup, die der Deutschen Presseagentur vorliegt.
Im Ländervergleich landen die Deutschen übrigens auf Rang 21 von insgesamt 38 untersuchten Ländern. Am zufriedensten sind die Beschäftigten in Finnland (81 Prozent), Island (77 Prozent) oder Dänemark (77 Prozent). „Politische und wirtschaftliche Entwicklungen sowie steigende Lebenshaltungskosten schlagen auf die Stimmung. In der derzeitigen Lage scheint Resignation statt Aufbruchstimmung zu herrschen“, ordnet Gallup-Experte Marco Nink diese Ergebnisse für Deutschland ein.
Gerade in kritischen Zeiten wie diesen braucht es allerdings motivierte, innovative Beschäftigte, die mitdenken und bereit sind, einen Schritt weiter zu gehen – etwa, um ein Projekt abzuschließen oder Kund:innen zu überzeugen. Wo also sollten Führungskräfte konkret ansetzen, damit die eigenen Mitarbeitenden mitziehen?
Stress ist maßgeblicher Faktor für Unzufriedenheit
Unzufriedenheit entsteht laut der Umfrage unter anderem durch Stress. Vier von zehn Beschäftigten gaben an, sich gestresst zu fühlen. Es lohnt sich also, genauer zu verstehen, was Stress ist und wodurch er ausgelöst wird – und Maßnahmen zur Stressbewältigung im Unternehmen zu installieren.
Unser Organismus kann durch bestimmte innere und äußere Reize stark beansprucht werden, damit er in bestimmten Situationen überlebensfähig ist. Evolutionär betrachtet ist das natürlich wichtig. Positiver Stress kann sogar zum Handeln motivieren. Problematisch wird jedoch eine Dauerbelastung, sprich, wenn Körpers und Nervensystem ständig vermeintlichen Bedrohungssituationen ausgesetzt sind. Dieser Stresszustand entsteht beispielsweise durch hohen Verantwortungslast, enge Fristen und Zeitdruck, ein hohes Arbeitspensum oder schwer zu bewältigende Leistungsanforderungen, Konflikte und Konkurrenzsituationen, finanzielle Belastungen, gesundheitliche Sorgen, hohe Ansprüche an sich selbst und vieles mehr. Eine ausführliche Übersicht über die sogenannten Stressoren bietet beispielsweise das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG).
Das können Unternehmen zur Stressbewältigung beitragen
So vielfältig wie die Stressauslöser sind auch die Ansatzpunkte für die Stressbewältigung, auch Coping oder Coping-Strategien genannt. Einige Beispiele:
- Probleme wie enge Fristen oder eine hohe Aufgabenlast können durch gezielte Mitarbeitergespräche angegangenen werden.
- Zeitdruck lässt sich durch Deep-Work-Zeiten oder kürzere Meetings entschärfen.
- Vertrauenspersonen oder Möglichkeiten zum informellen Austausch (Safe Spaces) können soziale Unterstützung bieten.
- Hilfreich ist Raum für eine aktive Entspannung: Der einfachste Weg ist, dass Führungskräfte dafür sorgen, dass Erholungspausen eingehalten werden.
- Sport- oder Wellness-Angebote mit Vergünstigungen für Mitarbeitende oder andere Anreize für mehr Bewegung im Alltag können dafür sorgen, dass Anspannung im Körper abgebaut wird.
Coping-Versuche, etwa der übermäßige Konsum von Alkohol oder Medikamenten für das Betäuben von Inkompetenzerleben, können allerdings auch destruktiv sein, warnt das BIÖG. Nicht jede vermeintliche Strategie – dazu zählen auch Aussagen wie „du musst deine Zeit besser managen“ oder „du musst resilienter werden“ – ist tatsächlich zielführend. Führungskräfte sollten die Verantwortung für das Stressmanagement deshalb nicht ausschließlich ihren Mitarbeitenden überlassen.
Bleiben wir beim Beispiel Zeitmanagement: „Zeitmanagement führt in vielen Fällen nur zu dem Gefühl, den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden“, schreibt das NewWork-Magazin Neue Narrative und rät stattdessen zu einem Energiemanagement. Zentrale Fragen sind: Wie viel Energie steht zur Verfügung und wie finden Mitarbeitende (oder auch Führungskräfte) eine Balance, um ihre Ressourcen einzusetzen? Denn auch wenn Arbeitgebende es sich anders wünschen, so brauchen ihre Beschäftigten auch Energie für Privatleben, Bewegung usw. Einerseits ist dieses „Energiehaushalten“ eine Achtsamkeitsaufgabe, zu denen man Mitarbeitende ermutigen kann. Andererseits können Führungskräfte konkret bei der Priorisierung von Aufgaben unterstützen und Energie- und Produktivitätskiller identifizieren. „Es macht letztlich viel zufriedener, die Zeit wertzuschätzen, statt sie so lange zu managen, bis nur noch Stress übrigbleibt“, resümiert Neue Narrative.
Emotionale Bindung stärken
Gallup hat außerdem die Mitarbeiterbindung genauer untersucht: In Deutschland fühlen sich nur 9 Prozent der Beschäftigten emotional mit ihrem Arbeitgeber verbunden. Das wiederum bedingt eine hohe Wechselbereitschaft: 39 Prozent der Befragten würden einen neuen Job annehmen.
Um dieses Band zu stärken, helfen Maßnahmen wie:
- Wertschätzung und Anerkennung: Beides kann sich zum einen in Form von Lob, Dank oder auch in ganz konkreten Formulierungen wie „Das hat uns für unser Projekt / unser Ziel einen wichtigen Schritt gebracht“ ausdrücken. Zum anderen sollte gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten auch über monetäre Anreize, kleine Bonuszahlungen oder Gehaltserhöhungen nachgedacht werden. Wenn Mitarbeitende mit ihrem Einsatz draufzahlen, aber die Belohnung ausbleibt, kann dies sehr demotivierend wirken.
- Transparente und ehrliche Kommunikation: Mitarbeitende, die sich gehört fühlen, bringen gerne auch neue Vorschläge ein. Wichtig ist, dass für alle klar ist, worüber gesprochen wird. Wenn es also Krisen oder Probleme gibt, sollten Führungskräfte diese auch klar benennen. Zielgerichtetes Feedback trägt indes zur persönlichen Weiterentwicklung bei – was ebenfalls die Bindung zum Arbeitgeber stärkt.
- Beziehungspflege: Neben der Geschäftsführung und den Kolleg:innen sind in der Regel die direkten Vorgesetzten für die Bindung zum Unternehmen ausschlaggebend. Sie fungieren als Träger der Unternehmenswerte und Vorbilder im Alltag und sind in hohem Maße direkt dafür verantwortlich, wie sich Mitarbeitende im Unternehmen tatsächlich fühlen, schreibt Great Place To Work. Sie sind daher ein wichtiger Hebel – vor allem beim Thema Wertschätzung und Anerkennung.
- Unternehmenskultur leben: Gleiche Werte und soziale Normen teilen, die Art, wie Führung vorgelebt oder Entscheidungen getroffen werden – all das zählt zur Unternehmenskultur und trägt dazu bei, ob sich Mitarbeitende wohl und, mit Blick auf Krisenzeiten wie aktuell, sicher fühlen und im Unternehmen mitgestalten wollen.
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