Mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie kommen auf Unternehmen neue Pflichten zur Angabe von Gehältern zu. In Stellenanzeigen wird dann zu lesen sein, wie viel Unternehmen – zumindest jene ab 50 Mitarbeitenden – für eine bestimmte Jobposition zahlen werden. Damit werden die Pflichten des Entgelttransparenzgesetzes nochmal erweitert.
Gehälter und Firmen, die offen ihre Gehälter angeben, sind noch besser untereinander vergleichbar – und dadurch wird die Gehaltsfrage noch offensichtlicher zum Wettbewerbsfaktor beim Ringen um die besten Fachkräfte. Was kann Gehaltstransparenz leisten? Und wie können Unternehmen eine angemessene und gleichermaßen konkurrenzfähige Vergütung festlegen? Wir haben einige Tipps und Praxisbeispiele zusammengetragen.
Transparente Gehaltsinformationen – wieso eigentlich?
Über Geld spricht man nicht? Gespräche über das Gehalt hinter vorgehaltener Hand – das ist in vielen Unternehmen Alltag. Die Frage, wer verdient wie viel – und warum, sollte jedoch nicht nur aufgrund gesetzlicher Vorgaben für Arbeitgeber wichtig sein. Transparente Informationen können Unzufriedenheiten, Neid und auch Kündigungen vorbeugen.
„Transparenz macht jede Form von Bevorzugung sichtbar. Wir halten es für unerlässlich, dass unsere Teammitglieder umfassend darüber informiert sind, wie und warum wir unsere Vergütungsentscheidungen treffen“, findet beispielsweise das US-amerikanische Social-Media-Softwareunternehmen Buffer, das seit 13 Jahren auf Gehaltstransparenz setzt. „Anstatt Gehaltsfragen privat zu besprechen, streben wir nach Praktiken und einer Unternehmenskultur, die uns die Möglichkeit gibt, an diesen Diskussionen beteiligt zu sein“, berichtet Buffer auf seinem Unternehmensblog.
Offene Gehälter: Vom Online-Rechner bis zur öffentlichen Liste
Bei Buffer ist die Vergütung jedes Einzelnen öffentlich online zu finden. Außerdem wird ausführlich die Formel erklärt, nach der Gehälter errechnet werden. Wer es lieber nicht ganz so transparent möchte, könnte sich auch ein Beispiel am Hamburger Unternehmen Oose nehmen. Der Anbieter für Workshops, Coaching und Seminaren, der absichtlich auf klassische Chef:innen verzichtet und Verantwortung stattdessen möglichst kooperativ aufteilt, nutzt seine Karriereseiten für transparente Informationen zur Vergütung: Anhand eines Gehaltsrechners, der neben der Fachabteilung auch Faktoren wie Alter, Berufserfahrung, Arbeitszeit und Inflation berücksichtigt, kann man sehen, wie viel man verdienen würde, wenn man jetzt bei dem Unternehmen einsteigt.
Gehaltsstruktur entwickeln
Mitarbeitende sollten wissen, was sie tun müssen, um in der Gehaltsspanne aufzusteigen. Das entlastet Führungskräfte und sorgt für klarere, sachlichere Gespräche in Verhandlungen. Auch wird ersichtlich, wie und warum welche Tätigkeiten honoriert werden.
Eine Möglichkeit, um Gehälter transparent darzustellen, sind sogenannte Gehaltsbänder. Sie definieren die Gehaltsspannen, also das Mindest- und Höchstgehalt für die jeweilige Position und Unternehmensebene. Jeder Position oder Jobgruppe wird eine bestimmte Gehaltsspanne zugeordnet.
Vor der Einführung müssen aber einige Schritte gegangen werden:
- Eigene Zahlungsbereitschaft analysieren
- offizielle Rollen bzw. Stellen im Unternehmen definieren und erstellen, gegebenenfalls Mitarbeitergruppen festlegen
- Marktgerechte Bezahlung recherchieren, z. B. durch Vergleiche mit Wettbewerbern aus der Branche, über Gehaltsstudien oder über Portale wie StepStone, Kununu oder auch den Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit
Einbezogen werden sollten Faktoren wie Qualifikation, Erfahrung, Verantwortung, die Anforderungen an eine Position und Lebenshaltungskosten. Wichtig ist, dass solche Gehaltsbänder regelmäßig aktualisiert und an die jeweilige Markt- und Wirtschaftslage angepasst werden. Tools und Vorlagen können bei der Entwicklung hilfreich sein.
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