Die Bundesregierung hat große Ziele verkündet, was die Digitalisierung und den Breitband-Ausbau in Deutschland angeht. Doch das Land hinkt anderen weit hinterher, wie eine aktuelle Innovationsstudie zeigt.
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Bis zum digitalen Deutschland ist es offenbar noch ein weiter Weg: In einem neuen Digitalisierungsindex landet das Land nur auf Rang 17 und damit im Mittelfeld. 44,3 Punkte hat Deutschland im Index erreicht und ist damit im Vergleich zu den Spitzenreitern Finnland, Schweden und Israel deutlich abgeschlagen. Sie haben Werte zwischen 69,5 und 65,4 Punkten erreicht. Der Innovationsindikator 2017 wurde vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellt.
Deutschland liegt damit in Sachen Digitalisierung hinter Irland, Taiwan und Frankreich. „Besonders groß ist der Abstand zu Großbritannien und den USA“, heißt es in der Studie, in der 35 wichtige Volkswirtschaften untersucht wurden. „Handlungsbedarf besteht vor allem beim Breitband-Ausbau, der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung [das sogenannte E-Government, Anm. d. Red.], in Teilen des Bereichs Forschung und Technologie sowie bei digitalen Geschäftsmodellen.“
Der Digitalisierung durchaus aufgeschlossen, aber...
Dabei scheint die deutsche Bevölkerung der Digitalisierung entgegenzufiebern: Im Bereich „Gesellschaft“ weist der Digitalisierungsindikator den höchsten Wert für Deutschland auf. Das könne ein Gradmesser für die gesellschaftliche Aufgeschlossenheit beziehungsweise Akzeptanz der Digitalisierung sein, führt die Studie aus. Nur Großbritannien zeige unter den größeren Industrienationen hier höhere Werte als Deutschland.
Es wird also Zeit, dass Deutschland endlich den Breitband-Ausbau stärker vorantreibt und damit die Grundlage für eine stärkere Digitalisierung schafft. Vorgaben dazu hat die Regierung bereits gemacht – doch der Ausbau kommt überaus schleppend voran. Wie Heise Online berichtet, wird das Bundesland Niedersachsen beispielsweise seine Ziele zum Breitband-Ausbau verfehlen. Bis 2018 sollte das Land flächendeckend mit 50 Mbit versorgt werden. Das werde aber nicht möglich sein, obwohl bereits 73 Prozent der Haushalte mit 50 Mbit pro Sekunde versorgt seien. Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des niedersächsischen Landkreistages, hält das Ziel dennoch für „völlig irreal“. Auch die anderen Bundesländer werden demnach ihre Ziele verfehlen.
... es scheitert am Förderprogramm und der Telekom
Der Grund dafür liegt Meyer zufolge auf der Hand: zu komplizierte Förderverfahren der Bundesregierung. Zudem stelle sich die Telekom mit „Störmanövern“ quer. Die Bedingungen der Förderprogramme ändern sich demnach ständig. Zudem sind zahlreiche umständliche Zwischenschritte erforderlich. Kuriose Auswirkungen: Der Landkreis Hameln-Pyrmont wolle etwa 15 Millionen Euro Fördermittel an den Bund zurückgeben. Ohne Förderung komme der Landkreis besser zurecht, heißt es.
Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hält das Ziel für unmöglich erreichbar. Seiner Meinung nach seien die Pläne der Landesregierung realistischer als die der Bundesregierung. Die sehen den Breitband-Ausbau allerdings erst bis 2020 vor. Unterdessen hält das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur an ihrer Meinung fest: Die Förderung ist „unbürokratisch und erfolgreich“. Auch die Pläne, bis 2018 für flächendeckende Versorgung mit 50 Mbit zu sorgen, bleiben bestehen. Da wirkt es aber schon fast irrsinnig, dass der Bund weiterhin die Beschleunigung der Kupferkabel-Netze laut Meyer fördert – und die Telekom an den Kupferkabeln festhält. Das steht der Verlegung der zukunftsweisenden Glasfaserleitungen im Weg – und bremst das digitale Deutschland letztlich aus.
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