Wie erreicht man im E-Commerce eine maximale Kundenbindung? Durch attraktive Produkte, wettbewerbsfähige Preise und nicht zuletzt durch ein reibungsloses und zuverlässiges Einkaufserlebnis. Doch es gibt Herausforderungen, die den Geschäftserfolg bremsen. Eine der häufigsten sind Kaufabbrüche und verwaiste Warenkörbe. Kundinnen und Kunden legen Produkte in den Warenkorb, brechen den Kauf aber vor Abschluss ab. Die Gründe dafür sind vielfältig: komplizierte Checkout-Prozeduren, unerwartete Kosten wie hohe Versandgebühren oder technische Probleme.

Jeder dieser Faktoren kann den Kaufabschluss erschweren, aber es gibt noch weitere Hürden auf der Customer Journey. So wirken sich langsame Ladezeiten besonders in Spitzenzeiten wie dem Black Friday oder der Adventszeit störend aus. Wenn jeder Klick zur Geduldsprobe wird, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde bis zum Ende der Customer Journey bleibt. Auch die Zuverlässigkeit der Zahlungssysteme ist ein kritischer Faktor. Sie sind auf Schnittstellen zu anderen Servern angewiesen, sodass gestörte Verbindungen die Kunden frustrieren. Sie neigen dazu, den gesamten Einkauf abzubrechen, anstatt nur die Zahlungsmethode zu wechseln.

Oft wissen die Händler nicht genau, an welcher Stelle der Customer Journey die Kunden abspringen und was der Grund dafür ist. Ohne diese Informationen ist es schwierig, gezielte Verbesserungen vorzunehmen. Denn auch individuelle Faktoren wie die Leistungsfähigkeit der verwendeten Endgeräte, die Konnektivität und weitere Parameter wie der Speicherbedarf des Browsers können den Kaufprozess beeinflussen. Solche Störungen senken die Qualität des Einkaufserlebnisses und das Vertrauen der Kunden in den Shop. 

Die Notwendigkeit von Observability

Die Lösung ist im Grunde einfach: Händler brauchen Daten aus dem Innenleben ihrer Shopsysteme und müssen in der Lage sein, die gesamte Customer Journey nachzuvollziehen. Aber die Protokolle von Webservern und Shopsystemen reichen dafür nicht aus, da sie nur sehr grob zeigen, was im Inneren eines Online-Shops passiert.  

Die Lösung heißt Observability – Beobachtbarkeit. Eine Observability-Plattform erzeugt eine ganzheitliche Sicht auf die IT-Infrastruktur und das Nutzerverhalten im Online-Handel. Die Integration von Monitoring-, Logging- und Tracing-Tools ermöglicht die Analyse von Echtzeitdaten, um Anomalien und potenzielle Probleme sofort zu erkennen.

Das erlaubt es Händlern, die verborgenen Prozesse ihrer Shop-Infrastruktur sichtbar zu machen. So können sie frühzeitig auf Störungen reagieren, bevor diese sich negativ auf das Kundenerlebnis und damit den Umsatz auswirken. Durch eine genaue Analyse aller Einflussfaktoren sind Unternehmen in der Lage, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um die Customer Journey zu vereinfachen und die Konversionsrate zu erhöhen. 

Ganzheitliche Einblicke in die Infrastruktur

Ein zentrales Element von Observability ist die Korrelation verschiedener Datenquellen. Dazu gehören Metriken wie CPU-Auslastung, Speicherverbrauch und Netzwerkaktivität, aber auch Logs, die detaillierte Ereignisse und Fehler protokollieren, sowie Traces, die den Ablauf von Transaktionen über verschiedene Systeme hinweg verfolgen. Durch ihre Kombination werden komplexe Zusammenhänge erkannt und Problemursachen schneller identifiziert.

Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, Vorhersagen zu treffen. Maschinelles Lernen und Datenanalysen erkennen Anomalien, die auf zukünftige Probleme hindeuten. Beispielsweise deutet ein stetiger Anstieg der Antwortzeiten darauf hin, dass ein System bald überlastet sein wird. Proaktive Maßnahmen auf Basis dieser Erkenntnisse vermeiden Ausfälle und verbessern die Verfügbarkeit der Dienste.

Observability fördert auch die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Teams innerhalb eines Unternehmens. Da alle Beteiligten Zugriff auf dieselben Daten und Erkenntnisse haben, werden Silos aufgebrochen und ein gemeinsames Systemverständnis entwickelt. Das erleichtert die Problemlösung und fördert eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. 

Praktische Anwendungsfälle von Observability

Ein typischer Anwendungsfall: Ein Händler stellt fest, dass immer mehr Kunden im letzten Schritt des Kaufprozesses den Warenkorb verlassen und von der Website verschwinden. Mithilfe einer Observability-Plattform kann er im Detail nachvollziehen, wo das Problem liegt. Möglicherweise verursacht ein bestimmtes Seitenelement Ladeverzögerungen oder es treten Fehler im Bezahlprozess auf. In beiden Fällen kann der Händler mit den gewonnenen Erkenntnissen gezielt eingreifen.

Eine Möglichkeit ist die Skalierung der Infrastruktur, um die erhöhte Last zu bewältigen. Eine weitere Möglichkeit ist die Einführung alternativer Zahlungsoptionen. Darüber hinaus kann durch A/B-Tests ermittelt werden, welche Änderungen im Design oder in der Benutzerführung die Konversionsrate verbessern.

Ein weiterer Anwendungsfall ist die Optimierung der mobilen User-Experience. Ein Online-Händler stellt fest, dass die Konversionsrate auf mobilen Geräten deutlich niedriger ist als auf Desktop-Geräten. Der Einsatz von Observability-Tools ergibt detaillierte Daten über das Nutzerverhalten auf mobilen Geräten. So kann beispielsweise festgestellt werden, ob bestimmte Seiten auf mobilen Browsern langsamer geladen werden oder Probleme bei der Darstellung von Seitenelementen auftreten. Mit diesen Informationen ist das Entwicklungsteam zu gezielten Anpassungen in der Lage, die Performance und Benutzerfreundlichkeit auf mobilen Geräten verbessern. 

Erfolgsbeispiele für Observability im E-Commerce

Ein gutes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Observability ist das Möbelhaus XXXLutz. Durch gezieltes Monitoring und Analyse seiner digitalen Prozesse hat das Unternehmen die Ladezeiten im Checkout-Prozess deutlich reduziert. Dadurch konnten die Kunden ihre Einkäufe schneller abschließen, was die Kundenzufriedenheit und die Konversionsrate erhöhte.

Ein weiteres Beispiel ist die Modekette Abercrombie & Fitch. Dank einer umfassenden Überwachung der gesamten IT-Umgebung hat das Unternehmen neue digitale Dienste schneller und effizienter eingeführt. Gleichzeitig verbesserte sich die Stabilität der bestehenden Systeme, ohne dass die IT-Teams manuell nach Fehlern suchen mussten. Dies sparte wertvolle Zeit und Ressourcen und gab der Kundschaft ein konsistentes und zuverlässiges Einkaufserlebnis.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig eine proaktive Überwachung der IT-Infrastruktur im E-Commerce ist. Für Online-Händler bedeutet der Einsatz von Observability-Lösungen, dass sie technische Probleme vermeiden. Das Ergebnis ist eine positive und vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kunden. 
 



Roman Spitzbart / DynatraceÜber den Autor
Roman Spitzbart ist VP Solutions Engineering EMEA bei Dynatrace.

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