Die Nobelmarke Dolce und Gabbana kämpft derzeit mit einem gewaltigen Shitstorm. Der Grund für aktuelle Boykottaufrufe und Kritik ist eine Kampagne, die das Label vor wenigen Wochen in China gestartet hatte. Im Rahmen der Werbeaktion wurden verschiedene chinesische Models gezeigt, denen typisch italienische Gerichte vorgesetzt wurden. Das Vertrackte an der Situation: Pizza oder Pasta sollten die Models dann mit den für China üblichen Stäbchen essen.
„Die Kampagne sollte Neugier für eine Fashion Show wecken, die in Shanghai geplant war“, schreibt das Manager Magazin. Allerdings waren die Reaktionen alles andere als erhofft: Influencer und Brancheninsider kritisieren die Kampagne und viele Kunden wandten sich ab – die Aktion wurde in China als rassistisch und beleidigend empfunden. Auch die Fashion Show musste schließlich abgesagt werden.
Dolce und Gabbana sind bekannt für provokante Werbung
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass Dolce und Gabbana anecken: Die namensgebenden Designer Domenico Dolce und Stefano Gabbana sorgten in der Vergangenheit bereits mehrfach für Negativschlagzeilen. Zum Beispiel mit homophoben Äußerungen oder kritischen Aussagen zum Thema künstliche Befruchtung. Auch für Werbekampagnen mussten sie zum Teil heftige Kritik einstecken: Man erinnere etwa an ein Werbebild aus dem Jahr 2007, dem Sexismus und die Verherrlichung von Gruppenvergewaltigungen vorgeworfen wurde. In anderen Bildern etwa werden ebenfalls Körper zu Objekten degradiert oder Gewalttaten verharmlost.
Dass dies als künstlerische Provokation oder Kunstform abgetan wird, kann an dieser Stelle nicht verlangt werden. Zwar bewegen sich die Modedesigner anscheinend in solchen Hemisphären, in denen Mode bereits als Kunst betrachtet werden kann (und Kunst darf in der Regel mehr als reines Marketing), doch bei einer Werbekampagne, die für die breite Masse ausgelegt ist und unter anderem auch Kindern ausgespielt werden könnte, sind solche Szenen mehr als fragwürdig. Das gilt sowohl für die sexistische Werbung der Vergangenheit als auch für die aktuelle Kampagne.
Naivität oder Unachtsamkeit ist das längst nicht mehr
Es mag auch Fälle geben, in denen eine gewisse „Blindheit“ für Fettnäpfchen eine Rolle spielt. Als die Modekette H&M Anfang des Jahres beispielsweise einen Kinderpullover mit der Aufschrift „Coolest monkey in the jungle“ (zu Deutsch: „Coolster Affe im Dschungel“) bewarb, war die Wahl des Kindermodels denkbar schlecht: ein kleiner farbiger Junge. Die Rassismus-Vorwürfe ließen nicht lange auf sich warten. Obwohl es zwischen dem satten Shitstorm auch Stimmen gab, die einfach von einer unglücklichen Wahl, einem sträflichen Leichtsinn oder vielleicht sogar Naivität sprachen.
Gewiss ist jedoch eines: Bevor eine solche Kampagne wie die von Dolce und Gabbana startet, geht das Konzept durch eine Vielzahl von Händen: Fotografen, Designer, Redakteure, Marketing-Spezialisten … Es gäbe so viele Chancen, gegen mögliche Stolpersteine zu intervenieren. Dass äußerst kritische und massiv provokante Elemente bei einem Milliardenunternehmen wie Dolce und Gabbana immer wieder durchgewunken werden, scheint hingegen schon Strategie zu haben. Vielleicht könnte man sogar so weit gehen, zu sagen, dass die regelmäßigen Shit-Stürme und Provokationen in jahrelanger Übung mit der Philosophie des Unternehmens verwoben wurden. Schade, wenn man das nötig hat!
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