Der Facebook-Mutterkonzern hört jetzt auf den Namen Meta. Das finden zumindest deutsche Befragte eher schlecht: Für 44 Prozent ist der Namenswechsel laut einer Civey-Umfrage bei wuv.de „negativ“, gerade mal drei Prozent finden es gut. Mark Leiblein von der Namensagentur Namestorm ist Experte für Unternehmens- und Produkt-Namen und deren Entwicklung. Im Interview erklärt er, wie Unternehmen einen passenden Namen finden, warum Amazon-Gründer Jeff Bezos richtig lag – und Mitsubishi, Audi und Wix eher nicht.
OnlinehändlerNews: Mark Zuckerberg hat seinen Konzern umgetauft. Facebook ist jetzt Meta. Ist das besser?
Mark Leiblein: Rein vom Namen her würde ich sagen ja, weil der Name „Facebook“ für die Marke Facebook steht und den Konzern daher einschränkt. Denn es gibt ja noch weitere Marken wie WhatsApp und Instagram sowie weitere Angebote in Planung. Allerdings kann man anzweifeln, ob die Umbenennung die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt ist. Oder ob es sich in Wahrheit mehr um ein Ablenkungsmanöver von den aktuellen Problemen handelt, mit denen Facebook bzw. Meta gerade zu kämpfen hat.
Das müssen Unternehmen beim Re-Branding beachten
Sie sagen es: Mit einem Re-Branding wollen Unternehmen oft neue Wege einschlagen – oder sich zumindest einen neuen Anstrich geben. Wie viel frischer Wind kann ein neuer Name allein wirklich bringen?
Ein neuer Name erzeugt meist viel Aufmerksamkeit, wie man an dem Facebook-Beispiel sieht oder zuvor an Googles Konzernumbenennung in Alphabet. Bei mittelständigen oder kleinen Unternehmen ist das in ihrer Branche aber in der Regel auch so. Ein Re-Branding ist bei eingeführten Marken- bzw. Unternehmensnamen eine tiefgreifende Änderung. Einmal aus organisatorischer Sicht, da mit dem Namen auch der gesamte restliche Auftritt geändert werden muss. Außerdem muss der neue Name natürlich kommuniziert und eingeführt werden – bei Mitarbeitern, Kunden, Partnern und der Presse.
Dabei ist der Grund für den Namenswechsel viel wichtiger als der Name an sich. Dieser muss plausibel und nachvollziehbar sein, damit der neue Name akzeptiert wird. Auf keinen Fall sollte der Anschein erweckt werden, dass man damit von Problemen ablenken möchte.
Amazon wäre fast „Cadabra“ (von „Abracadabra“) oder „Relentless“ (engl.: gnadenlos) genannt worden – im Nachhinein lag Gründer Jeff Bezos aber wohl richtig mit dem jetzigen Namen?
Ja, denn „Amazon“ als der größte Fluss der Welt ist eine passende Metapher für „Earth's biggest book store“, wie die damalige Vision von Jeff Bezos lautete. „Cadabra“ wäre zwar witzig gewesen, hätte aber vermutlich irgendwann zu einem Re-Branding geführt. Ich finde ja, dass außergewöhnliche Namen fast immer ein Pluspunkt sind, aber „Gnadenlos“ als Bedeutung wäre doch schon sehr unsympathisch gewesen.
Pajero und Co.: Die größten Fails bei der Namensgebung
Immer wieder kommt es bei der Einführung oder der Internationalisierung neuer Produkte oder der Namensgebung zu illustren Fehlern – was ist Ihr Lieblingsbeispiel?
Der absolute Klassiker ist wohl der Mitsubishi Pajero, der umgangssprachlich im Spanischen „Wichser“ heißt. Weniger dramatisch, aber amüsant war der Name der australischen Fluggesellschaft Emu Airways – der Name eines flugunfähigen Vogels. Aber erstaunlicherweise passieren auch noch heutzutage immer wieder Fehler bei der Namensgebung im internationalen Kontext: Audi ist mit dem E-tron in Frankreich unterwegs, was dort als „Kothaufen“ identifiziert wird. Das israelische Homepage-Baukasten-Unternehmen „Wix“ muss mit unerwünschten Assoziationen bei der Markenwahrnehmung im deutschsprachigen Raum leben.
So finden Unternehmen einen guten Namen
Worauf sollten Unternehmensgründer beim Namen ihrer Firma oder eines neuen Produkts denn besonders achten?
Das ist wohl die Frage der Fragen. 90 Prozent richtig macht man schon mal, wenn man folgende Punkte vermeidet:
- Nicht nach dem eigenen Geschmack gehen, sondern den Namen danach bewerten, wie er ankommen soll
- Nicht auf Trends aufspringen, diese sind bald wieder out (und damit der Name)
- Nicht den Namen von einer freien Domain abhängig machen
- Nicht ohne gründliche Markenprüfung starten
- den Zeitbedarf bis zur Entscheidung des Namens nicht unterschätzen
Die Dauer einer Namenssuche beträgt selbst für kleine Gründungen meist mehrere Wochen bis Monate. Je mehr Leute mitsprechen, desto länger kann es dauern.
Wie findet man überhaupt einen passenden Namen, reicht da ein kollektives Brainstorming oder braucht man eine Agentur?
Weder noch. Zunächst können alle Gründenden und jedes Unternehmen natürlich auf eigene Faust auf Namenssuche gehen. Ein kollektives Brainstorming ist eine Methode zum Ideen sammeln. Aber es gibt passendere Kreativmethoden für die Namenssuche und das Problem ist, dass die meisten beim Brainstorming anfangen und aufhören. Vor dem Brainstorming müssen wichtige Fragen geklärt werden, wie die USP (das Alleinstellungsmerkmal) sein soll und was man mit dem Namen erreichen will. Nach dem Brainstorming sollten weitere Kreativrunden und gründliche Namensprüfungen folgen.
Wer Agentur-Unterstützung sucht, sollte sich nicht an eine „normale“ Werbeagentur wenden, sondern am besten an eine spezialisierte Namensagentur. Sonst bekommt man zwar Namensideen geliefert, was jedoch nicht viel weiterbringt als das intern durchgeführte Brainstorming. Eine professionelle Namensfindung ist viel mehr als sich Namensideen ausdenken. Eine Namensagentur begleitet die Namenssuche von A-Z und kann die Namenssuche verkürzen, überraschende Ideen liefern, für eine stressfreie Abstimmung und die rechtlich sichere Absicherung des Namens sorgen.
Das sind die besten Firmennamen
Welche Firmen- oder Produktnamen halten Sie für besonders gelungen und warum?
Da gibt es so viele außergewöhnliche Namen, dass es mir schwerfällt einzelne herauszupicken. Von unseren eigenen neueren Namensfindungen kann ich zum Beispiel „vivoy“ nennen. Ein Markenname für Inkontinenzprodukte, der nicht nach Krankheit, sondern positiv und nach Leben klingt. „#mittendraussen“ – der neue Name des Instagram-Kanals des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft – bringt agrarwissenschaftliche Themen mit dem Wortspiel im Namen der Social Community näher. Was etablierte Marken angeht, bin ich nach wie vor ein Fan des Namens „Apple“, den kein Mensch hinterfragt, obwohl er die Produkte überhaupt nicht beschreibt! Oder der Name „Pinterest“, der auf einfache Weise das Thema „Interessen pinnen“ im Namen vereint hat.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Namensagentur Namestorm von Mark Leiblein und Marcel Hiller berät seit 2005 Unternehmen zur Namensfindung und hat seitdem über 1.000 Projekte mit StartUps, Mittelständlern und bekannten Konzernen abgeschlossen. Dabei geht es vom Herausarbeiten des Markenkerns bis zu psychologischen Aspekten bei der Namensabstimmung. Mit dem von ihnen entwickelten Tool NameScore können Unternehmen herausfinden, wie passend der gewählte Name ist.
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