Schon seit 17 Jahren gibt es die zu Google gehörende Videoplattform YouTube, 2007 startete sie in Deutschland – und dadurch hat sich nicht nur die Art, wie wir visuelle Inhalte konsumieren, geprägt und verändert. Längst nimmt YouTube einen nicht unwesentlichen Platz in der hiesigen Wirtschaft, Medien- und Kulturlandschaft ein. Auf dem Portal gibt es zahlreiche Menschen, die kreativ geworden sind, ihren Content regelmäßig teilen und professionell erstellen sowie zahlreiche Follower zählen: Google-Angaben aus dem Dezember 2021 zufolge wurden hierzulande inzwischen über 5.000 YouTube-Kanäle von mehr als 100.000 Leuten abonniert – ein Fünftel mehr als noch im Vorjahr.
Etwa 1.700 Menschen aus eben dieser Kreativszene sowie weitere Gäste aus Wirtschaft, Politik, Marketing und Medien trafen sich am vergangenen Mittwoch zum YouTube-Festival in Berlin Kreuzberg. Und dort wurde ziemlich schnell klar, welche Bedeutung der Plattform hierzulande in verschiedenen Gesellschafts- und Wirtschaftsbereichen zukommt.
YouTube unterstützt 30.000 Arbeitsplätze
YouTubes kreatives Ökosystem trug im Jahr 2021 etwa 1,2 Milliarden Euro zum deutschen Bruttoinlandsprodukt (2021: 3,6 Billionen Euro), wie es in dem aktuell veröffentlichten YouTube Impact Report Deutschland des Beratungsunternehmens Oxford Economics heißt. Der Bericht wurde im Zuge des Festivals vorgestellt, für die bereits zweite Auflage wurden mehr als 3.000 YouTube-Nutzer:innen, 670 Creators und 500 Unternehmen in Deutschland befragt.
„Als wir vor 15 Jahren das Deutschland-Geschäft aufgenommen haben, hätten wir nicht mit solchen Zahlen gerechnet. Wir werden weiterhin mit neuen Produkten und Initiativen unser Geschäft stärken“, erklärte Andreas Briese, Country Director YouTube Germany & Regional Director YouTube Central Europe, im Zuge der Veröffentlichung.
Hinter nicht wenigen Kanälen stecken Unternehmen, die sich durch den Erfolg auf der Plattform gründeten, einige von ihnen haben teils sogar über 100 Beschäftigte. So ist es nicht verwunderlich, dass die Plattform laut Oxford Economics mittlerweile über 30.000 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze unterstützt.
So profitieren Wirtschaft und junge Unternehmen von YouTube
Deutlich werden die wirtschaftlichen Auswirkungen anhand des folgenden Diagramms: Die jungen Firmen erwirtschaften sowohl Erträge aus ihrem YouTube-Content als auch Einnahmen, die sich zumindest indirekt auf den Erfolg über die Plattform zurückführen lassen, und somit in den Wirtschaftskreislauf fließen.
76 Prozent der kreativen Unternehmen gaben im Zuge der Erhebung an, dass YouTube ihnen Möglichkeiten bietet, Inhalte zu erstellen und Geld zu verdienen – wie es traditionelle Medien ihnen nicht erlauben würden. In Deutschland ist der Anteil der YouTube-Kanäle mit mindestens fünfstelligen Einnahmen (Euro) im Vergleich zum Vorjahr im Übrigen auch nochmal deutlich gestiegen, nämlich um mehr als 30 Prozent, teilte Google dazu mit.
Wie Erfolg aussehen kann, bewiesen vor Ort etwa Jonas Ems, der im Zuge der eigenen YouTube-Karriere auch die Kreativschmiede Moonvibe gründete, oder aber Jacob Beautemps vom YouTube-Kanal „Breaking Lab“, der junge Leute für Naturwissenschaften begeistern will, sowie Gärtnerin Marie Diederich von Wurzelwerk.
Neue Zielgruppen erreichen und richtig ansprechen
Schon länger gilt YouTube natürlicherweise als Medium, dass vor allem eine jüngere Zielgruppe anspricht. Einer Ipsos-Studie zufolge wäre es die Nummer eins unter den Videoplattformen, die junge Menschen nach eigenen Angaben am meisten vermissen würden, wenn sie nicht mehr verfügbar wäre. Doch im Durchschnitt sehen sich sämtliche Erwachsene in Deutschland täglich 40 Minuten YouTube-Videos an, 49 Millionen von ihnen besuchen die Plattform monatlich. Auch Oxford Economics bestätigte, dass die Struktur der Nutzerschaft in Deutschland weiterentwickelt habe und im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Diversität zunehmend der Gesamtbevölkerung entspreche. Davon profitieren vor allem kleinere Firmen: 73 Prozent der befragten KMU hätten zugestimmt, dass ihnen YouTube dabei half, neue Zielgruppen zu erreichen.
Wie sich auf dem YouTube-Festival eindrücklich zeigte, machen sich auch immer mehr Online-Händler die verschiedenen Formate im Marketing zunutze – das gilt beispielsweise für den Online-Musikhändler Thomann, der gleich mehrere Channels bespielt, darunter etwa einen eigenen für Gitarren & Bässe und einen eigenen für Synthesizer. Auf diese Weise könne das Unternehmen deutlich intensiver auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der potenziellen Kundschaft auf der Plattform eingehen. Aber auch das Online-Einrichtungshaus Westwing macht mit Deko-Tipps und Raumrundgängen via YouTube auf sich aufmerksam und will sich eine eigene starke Community aufbauen.
Am Puls der Zeit bleiben
Wer noch nach dem passenden Zielgruppen-Marketing sucht und ganz besonders die Generation Z ansprechen will, wurde in den Panels rund um das Festival ebenfalls fündig. Denn die sozialen Videoplattformen, dazu zählen neben YouTube auch TikTok oder Instagram, gelten als Trendschmieden: Was oft als Nische beginnt, lässt sich von Marken aufgreifen. Das zeigt sich eindrucksvoll am Trend ASMR – der Idee, durch bestimmte Geräuschuntermalung sogenannte autonome sensorische Meridianreaktionen auszulösen. Die Getränkemarke Michelob Ultra Pure Gold machte aus dieser Idee eine erfolgreiche Superbowl-Werbung mit Zoe Kravitz.
Sina Stieding, Culture & Trends Managerin, stellte gleich mehrere Highlights aus dem aktuellen Trend-Report für Marken vor. Demnach gewinnt auch das Bedienen mehrere Formate, also sowohl langer Videos als auch kurzer Clips wie die gerade erst eingeführten YouTube-Shorts, unter den Kreativen immer mehr an Beliebtheit. Durch das Aufgreifen von Social-Media-Trends hätten Marken verstärkt die Möglichkeit, mit der jungen Zielgruppe zu interagieren, was auch einige anwesende Handelsmarken in den kreativen Jam-Sessions vor Ort unter Beweis stellten.
Auch der kulturelle Impact von YouTube auf die GenZ sollte dabei nicht unterschätzt werden. Wie Komikerin und Schauspielerin Enissa Amani im Zuge der 90-minütigen Abendveranstaltung des Festivals betonte, habe die Plattform das Zeug dazu, auch jenen in der Gesellschaft eine starke Stimme zu geben, die sonst vielleicht nicht gehört werden. Das gilt etwa für Menschen, mit denen Leeroy Matata spricht, aber auch für Künstlerinnen wie die gehörlose Europameisterin im Hip-Hop Kassandra Wedel, Rapperin Badmómzjay oder Zoe Wees.
Werbewirkung: YouTube als Umsatztreiber
Einnahmen erzielt YouTube selbst durch Werbung – und beteiligt über das eigene Partnerprogramm die Kreativen am Umsatz. Wie Unternehmen und Marken indes durch Werbung auf dem Portal profitieren können, erläuterte Dirk Bruns, Head of YouTube Sales Central Europe, anhand der aktuellsten Ergebnisse einer Analyse des Marktforschungsunternehmens Nielsen. Demnach erzielte YouTube im Vergleich zu TV-Werbung einen 3,9-mal mehr Umsatz pro Werbekontakt und lieferte einen 1,7-mal höheren Return on Investment (ROI). Die Studie aus der Werbewirkungsforschung habe erstmals auf breiter Basis die Umsatzwirkung und auch das Skalierungspotenzial von Ads auf der Plattform in der Konsumgüterindustrie belegt, heißt es.
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