Mut zahlt sich oft aus. Verlassen Unternehmen mit ihrer Werbung angestammte Pfade, wagen Neues und brechen mit Konventionen, können sie aus der Masse herausstechen. Immer gelingt das aber nicht. Manchmal lassen Kampagnen das Publikum etwas ratlos zurück. Uns stellt sich dann die Frage: Ist das heiß oder Scheiß? Krass oder blass? – In unserer Kommentar-Reihe „Oll oder toll?“ finden wir ganz persönliche Antworten.
Gestählte Körper mit glatter, makelloser Haut trifft man in einigen Werbebereichen quasi an jeder Ecke. Gerade wenn es um Produkte wie Unterwäsche, Bekleidung oder Parfüms geht, versuchen uns regelmäßig muskelbepackte Adonis-Verschnitte oder ultraschlanke Göttinnen zum Kauf zu verführen.
Als jüngstes Beispiel hält etwa ein neuer Werbespot des Modelabels Calvin Klein her. Im Zentrum des Werbespots steht der 32-jährige US-amerikanische Schauspieler Jeremy Allen White, der seinen unbehaarten, sixpack-gepanzerten Körper durch die Straßen einer Metropole schwingt und neben amourösen Gefühlen beim ein oder anderen Zuschauenden womöglich auch Schuldgefühle ob des eigenen Schweinehunds hervorruft. Wozu man selbst tendiert, darf an dieser Stelle gern getestet werden:
Weich und kuschelig statt gut gestählt
Die junge Berliner Biermanufaktur Brlo Beer hat sich an dem Streifen orientiert und ihn nach eigenen Vorstellungen verbessert. Nachahmung ist ja bekanntermaßen die höchste Form der Anerkennung, oder nicht?
Statt des stereotypen Unterwäschemodels treffen wir hier allerdings auf einen Männerkörper, der mit seinen wohlig weichen Kurven und seinem stattlich behaarten Fleisch einen Kontrast bildet, wie er im Buche steht.
Authentizität sollte das Maß sein
Falls wirklich noch jemand fragt: Will man das? Darf das so? Auf jeden Fall! Und nicht nur das: Bitte auch mehr davon! Natürlich kommt es nicht von ungefähr, dass Brlo Beer einen drallen Körper mit Zeitlupeneffekten in quasi heldenepischer Manier in Szene setzt. Das Video dürfte gerade aufgrund des Konventionsbruchs – und natürlich aufgrund der aufsehenerregenden Nackt-Szene am Ende – viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Doch gerade die Authentizität des Körpers und die selbstironische Darstellung sind es, die mich persönlich bei diesem Spot ansprechen. Magermodels und Muskelprotze sind, anders als uns manchmal vorgegaukelt wird, eben nicht der Standard – ganz gleich welche Schönheitsideale uns Kultur und die Werbebranche auferlegen.
Über Jahrzehnte werden uns Ideale eingebläut, die wir selten hinterfragen. Doch das sollten wir. Dass wir einen rundlichen Körper feiern, weil er in einem Werbevideo endlich doch mal Platz findet – obwohl er uns im Alltag ganz natürlich begegnet –, sollte uns zu denken geben. Wir brauchen mehr Mut, mehr Freude an Echtheit. In der Werbung und im Leben. Darauf ein Bier!
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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Für diese Leute ein guter Rat, lernt zu akzeptieren das Eure Meinung nicht die einzige auf diesem Planeten ist.
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