Diese Nachricht beherrschte zumindest einen Tag lang sämtliche Medien. Auch die Social-Media-Welt konnte gefühlt kaum noch atmen. Google nimmt die größten Änderungen an seinem Logo seit Menschengedenken vor (oder vielleicht auch nur seit dem Launch im Jahr 1998). Für einige eine marginale Modifikation – für andere wiederum der Untergang des Abendlandes.
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Als im Jahre 2002 die weltweit größte Wrestling-Liga WWF ihren Namen aufgrund eines Rechtsstreits mit der gleichnamigen Umweltorganisation in WWE ändern musste, bin ich aus allen Wolken gefallen. In den 90ern war eine alltägliche Hauptbeschäftigung das Verfolgen der Kämpfe von Catchern – wie lediglich wahre Fans auch sagen dürfen – wie dem Undertaker, Stone Cold Steve Austin und The Rock. Zugegebenermaßen schlief das Interesse nach und nach ein, aber die Namensänderung-Nachricht schlug trotzdem ein wie die Faust von Vitali Klitsch-K.O. Dabei wurde ja im Prinzip lediglich ein klitzekleiner Mini-Strich am Ende des Buchstaben F hinzugefügt. Dennoch stellte fortan für langelange Zeit das neue Logo ein Fremdkörper dar, der nur schwer in die Sehgewohnheiten integriert werden konnte.
"Google hustet, und die Welt steht still"
Was mit diesem überaus kompliziertem Beispiel deutlich gemacht werden soll: Der Mensch ist und wird immer ein Gewohnheitstier bleiben. Gerade bei Sachen, die tagtäglich in den Nutzungsbereich fallen beziehungsweise Dingen, die in irgendeiner Form einen Teil des Herzens einnehmen, sind Veränderungen mehr als ein Dorn im Auge. So lässt sich auch erklären, warum die Welt auf einmal für einen Tag lang Kopf stand, als der Suchmaschinengigant Google am ersten September sein neues Logo präsentiert hat. Dies bildete die größte Änderung seit dem Launch vor siebzehn Jahren (grobe Orientierung: 1998 fand die Monica Lewinsky-Affäre statt, löste Gerhard Schröder Helmut Kohl als Bundeskanzler ab und wurde der 1. FC Kaiserslautern als erster Verein unmittelbar nach dem Aufstieg Meister der deutschen Fußballbundesliga).
Ein Auszug aus den Reaktionen, die die Gazetten allein in ihren Überschriften packten, spricht bereits Bände:
„Sauber, aber seelenlos“ (FAZ)
„Machtwille hinter vier bunten Punkten“ (Süddeutsche)
„Google hustet, und die Welt steht still“ (Chip)
Gründe für das neue Google-Logo
Zugegeben: Viele berichteten auch halbwegs neutral in der Form „neues Logo für Google“ – inklusive den Beweggründen von Google, diese vermeintlich größenwahnsinnige Änderung vorzunehmen. Die lieferte das Unternehmen pressefreundlich sogar direkt selbst: „Vor einiger Zeit wurde Google lediglich von einem Gerät aus angesteuert: dem Desktop-PC. Heutzutage interagieren Menschen mit Google-Produkten über viele verschiedene Plattformen, Apps und Geräte – manchmal an einem einzigen Tag. Es wird erwartet, dass Google hilft, wann und wo auch immer diese Hilfe benötigt wird – egal, ob das auf dem Smartphone, dem Fernseher, der Uhr, das Armaturenbrett im Auto, und ja, auch auf dem Desktop-PC der Fall ist. Wir präsentieren heute ein neues Logo, das diese neue Realität wiederspiegelt und Dir deutlich machen soll, wann die Google-Magie für Dich arbeitet – sogar auf den kleinsten Bildschirmen.“
Durchaus nachvollziehbare Gründe, die aber auch durch Googles eigene weltbewegende Wortwahl ziemlich bitter aufstößt. Dies könnte auch mit der Grund dafür gewesen sein, warum die Twitter-Welt mit zum Teil unfassbar bedeutungsschwangeren, aber auch simpel-aussagekräftigen Aussagen reagierte:
Das alte #GoogleLogo transportierte für mich immer Assoziationen von Belesenheit und Wissen. Das neue könnte auch auf Kühlschränken stehen.
— Carsten Pasternack (@capa_berlin) 1. September 2015
Das neue #GoogleLogo ist echt fürn Arsch
— Yung Sauerkraut (@GermanSauerkrau) 1. September 2015
Aber wenn ich mal festen Stuhlgang hatte, hat das nie so einen medialen Impact gehabt, wie das neue #GoogleLogo. Warum eigentlich nicht?
— Sascha W. (@PolarsternS) 1. September 2015
Eine einfachere Gestaltung, die Änderung der Schriftart, Farbanpassungen, fettere Buchstaben und fehlende Serifen – so in etwa lassen sich grob die Änderungen zusammenfassen, die das neue Logo ausmachen und bei vielen zu einem Instant-Herzkasper geführt haben. Vielleicht sollten wir uns aber alle erst einmal wieder beruhigen, denn die Angewöhnung wird schneller vonstattengehen als Brot eingefroren ist.
Und für alle Interessenten hat Google hier noch einmal seine Geschichte in kompakte zwei Minuten zusammengefasst:
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