Vor Kurzem hatte der EuGH entschieden, dass Google sensible Links aus seinem Index entfernen muss, wenn der Nutzer es wünscht. Google arbeitet nun offenbar an einem neuen System für Deutschland, mit dem die Löschanträge erfasst werden sollen. Unterdessen sorgt die Entscheidung des Gerichts für eine erhöhte Anzahl von Löschanträgen.
(Bildquelle Daten löschen: bahri altay via Shutterstock)
Nach dem EuGH-Urteil vom 13. Mai soll Google unter Hochdruck an einem neuen Erfassungssystem für Löschanträge in Deutschland arbeiten. Das neue System soll nach Angaben des Wall Street Journal bereits in kürzester Zeit erstellt werden. „Sie haben versprochen, innerhalb von zwei Wochen einen Prozess zu entwickeln, damit Nutzer ihre Beschwerden einreichen können“, so Ulrich Kühn, Referatsleiter im Technikreferat des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI). Kühn hatte zuvor mit Vertretern von Google gesprochen. Da der Suchmaschinenbetreiber sein größtes deutsches Büro in der Hansestadt hat, ist der HmbBfDI in diesem Fall der zuständige Datenschützer für Deutschland.
Wie genau das System für die Erfassung der Anträge aussehen könne, werde bislang noch getestet. „Die Entscheidung hat entscheidende Konsequenzen für die Art, wie wir mit Löschanträgen umgehen“, erklärte ein Google-Sprecher. „Es ist logistisch kompliziert – nicht zuletzt, weil viele verschiedene Sprachen betroffen sind und die Überprüfung sehr genau sein muss. Sobald wir entschieden haben, wie es funktionieren kann – und das könnte mehrere Wochen dauern – werden wir unsere Nutzer informieren.“ Auch Ulrich Kühn hat bestätigt, dass Google noch nicht sagen konnte, wie das System letztendlich funktionieren würde. Er vermute aber, dass Google ein ähnliches Prozedere wie bei der Löschung von urheberrechtlich geschütztem Material anwenden könnte. Dann würde ein automatisches System mit der Überprüfung durch Mitarbeiter gekoppelt, um die Löschanträge zu bearbeiten.
Anzahl der Löschanträge stieg sofort
Nachdem der EuGH vergangenen Dienstag entschieden hatte, dass Google personenbezogene Links entfernen muss, sei die Zahl der eingegangenen Löschanträge sofort angestiegen. Normalerweise erhalten Datenschützer jährlich rund 100 solche Anträge, am Tag nach dem Urteil seien aber bereits acht Löschanträge gestellt worden. Darunter befinden sich laut BBC auch nicht ganz unproblematische Fälle. So habe ein ehemaliger Politiker, der nun eine Wiederwahl anstrebe, um die Entfernung von Links zu einem Artikel über sein Verhalten in einem zuvor besetzten Amt gebeten. Ein anderer Antrag stamme von einem Mann, der wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material verurteilt wurde – er möchte Links zu den Artikeln über seine Verurteilung aus dem Index löschen lassen.
"Recht auf Vergessen" gilt bislang nur für Privatpersonen
Bisher gilt das sogenannte „Recht auf Vergessen“ ausschließlich für Privatpersonen. Ob das EuGH-Urteil auch auf Unternehmen ausgeweitet werden kann und wird, ist bislang unklar. Nach Angaben der BBC habe aber auch ein Arzt einen Antrag gestellt, um negative Bewertungen von Patienten aus dem Google-Index löschen zu lassen. Auch wenn in diesem Fall noch keine Entscheidung getroffen wurde, deuten sich hier schon mögliche Probleme für die Zukunft an.
Könnten Unternehmen künftig also negative Bewertungen einfach aus dem Google-Index tilgen lassen? Greg Sterling von Search Engine Land betont, dass das „Recht auf Vergessen“ durchaus dazu dienen könnte, den Ruf im Netz zu pflegen. Und das könnte schon in nächster Zukunft zum Alltag werden. Die von der BBC beschriebenen Falle führt Sterling bereits als erste Beispiele für seine Vorhersage an: Menschen versuchen, ihre (negative) Vergangenheit aus dem Internet zu entfernen.
Kommentar schreiben