Vom „Aussterben der E-Mail“ ist die Rede, seit Facebook-Chef Mark Zuckerberg im November des vergangenen Jahres den Dienst „Facebook Messages“ angekündigt hat. Dieser soll SMS, E-Mail, Chat oder Mitteilungen von Facebook-Freunden in einer „Social Inbox“ vereinigen. Auch wenn sich Kritik an dieser formiert hat, belegen die Daten amerikanischer Online-User, dass in allen Altersgruppen unter 55 Jahren die Nutzung von E-Mail tatsächlich bereits zurückgeht.
Die Internet-Marktforschungsfirma Comscore hat für die Studie „2010 U.S. Digital Year in Review“ untersucht, wie viel Zeit die Nutzer noch auf den Internetseiten Web-basierter E-Mail-Dienste verbringen. In der Altergruppe der 12- bis 17-Jährigen ist die Nutzungszeit im Jahr 2010 um 59 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Die 18- bis 54-Jährigen haben bis zu 18 Prozent weniger Zeit mit dem Lesen und Schreiben von E-Mails verbracht, während die Älteren sich länger damit befasst haben. Dies könnte jedoch damit zusammenhängen, dass die Senioren insgesamt aktiver im Internet geworden sind.
Zugleich verbuchen die sozialen Netzwerke mit zwölf Prozent einen gestiegenen Anteil an der gesamten Internet-Nutzungszeit: Mehr als 4,5 Stunden pro Monat oder täglich neun Minuten wendet ein durchschnittlicher Onliner in den USA dafür auf. Frauen haben dabei ihre führende Position gegenüber den männlichen Nutzern weiter ausgebaut: Sie verbrachten fast 17 Prozent ihrer Zeit mit sozialen Netzwerken, Männer dagegen nur zwölf Prozent. Die Facebook-Nutzer selbst sind durchschnittlich 25 Minuten pro Tag mit dem sozialen Netzwerk beschäftigt. Die amerikanische Facebook-Seite hat im Dezember 2010 rund 153 Millionen Besucher verzeichnet, das sind 38 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Welche Folgen das veränderte Nutzerverhalten auch für Unternehmen haben könnte, wird derzeit von Experten diskutiert. Sean Rusinko, Fachmann für interaktive Strategien bei der Internet-Agentur Verndale in Boston, wirft die Frage auf, ob sich auch die unternehmensinterne Kommunikation von der E-Mail hin zu integrierten, sozialen Lösungen wandeln wird. So wie derzeit zahlreiche Firmen die auf eigenen Servern laufenden E-Mail-Anwendungen ins Internet auslagern („Cloud Computing“), würde ein möglicher Trend darin liegen, die gesamte interne Kommunikation „sozialer“ zu gestalten und die Zusammenarbeit etwa mit Diensten wie Chatter der kalifornischen Internet-Firma Salesforce in die Cloud zu verlegen.
An das Ende der E-Mail und der für Unternehmen wichtigen Newsletter wollen indes E-Mail-Marketing-Fachleute nicht glauben. Maya Reinshagen von der schweizerischen Mayoris AG gibt zwar zu bedenken, dass die E-Mail wegen des Spam-Missbrauchs ein Imageproblem habe. Doch sei sie schlicht und einfach unverzichtbar geworden, sowohl im privaten wie im geschäftlichen Gebrauch. „Neues kommt, E-Mail bleibt“, lautet daher Reinshagens Urteil.
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