1. Temu und Shein die Stirn bieten
2. TikTok Shop kommt nach Deutschland
3. Gemischtes Vertrauen in KI-Prozesse
4. Passgenaue Produktempfehlungen
5. Eine neue Art, Produkte zu suchen
6. Amazon und die neue Art der Kundenbetreuung
7. Ein Eintauchen in virtuelle Shopping-Welten
8. Bots sprechen mit Bots: Veränderungen im Kundenservice
9. Diese Werbekanäle gewinnen an Bedeutung
10. Nachhaltigkeit kommt in die Warenkörbe
11. Ebay: „Der Online-Handel ist erwachsener geworden“
13. Digitalisierung bei Verpackung, Lagerlogistik und Lieferkette
Während ChatGPT, Gemini & Co. im letzten Jahr mehr und mehr Einzug in die Büros und vor allem die Content-Erstellung erhielten, wurde KI auch andernorts immer öfter und professioneller eingesetzt. Das Ergebnis: Die Technologien krempeln im E-Commerce nun Themen wie Produktsuche und Produktempfehlungen, Kundenservice und Kundenansprache sowie das Marketing kräftig um. Darüber hinaus werden in diesem Jahr neue und bekannte Plattformen sowie das Thema Nachhaltigkeit Einfluss auf die Konsumgewohnheiten nehmen.
Welche Entwicklungen Händler:innen bei Anbietern, Digitalisierung, Marketing, Logistik, und Payment 2025 nicht außer Acht lassen sollten, haben uns zahlreiche Unternehmen und Expert:innen aus der Branche verraten – die wichtigsten Trends gibt’s im Überblick.
Temu und Shein die Stirn bieten
Temu und Shein werden die deutsche E-Commerce-Landschaft weiter beschäftigen. Die chinesischen Billigwaren-Plattformen haben sich längst als starke Konkurrenz für hiesige Händler:innen etabliert und die Kritik an ihnen und ihren Produkten ist ebenso laut, wie die Forderung nach politischen Maßnahmen. Zollreform und die Umsetzung von Regulierungsplänen seitens der EU lassen aber noch auf sich warten oder sind noch nicht ausgegoren. So ist weiterhin eine Steuer für Online-Shops im Gespräch. „In der Zwischenzeit werden die Konzerne Lösungen entwickeln, um der Regulierung zumindest teilweise zu entgehen. Für den deutschen Handel ist die Situation brisant: Wer sich nicht auf den Preiskampf einlassen möchte, muss jetzt Maßnahmen treffen“, prognostiziert Moritz Lukas, Handelsexperte beim Softwareunternehmen Xentral.
Für 2025 sollte sich der Handel deshalb darauf einstellen, seine Alleinstellungsmerkmale gegenüber den Plattformen weiter auszuarbeiten. Möglich sei das durch qualitativ hochwertige und einzigartige Produkte, hervorragenden Kundenservice und dem Aufbau einer Marke, die Nutzer:innen lieben, so Lukas. Ein einzigartiges Händlerprofil empfiehlt auch Google – allem voran im Fashion-Segment, das nicht nur Konkurrenz durch Shein bekommen hat, sondern im vergangenen Jahr erneut eine Vielzahl an Insolvenzen erlebte. „Händler müssen ihre eigenen Stärken und die Bedürfnisse ihrer Kund:innen kennen, um erfolgreich zu sein. Bedeutet konkret: Händler müssen eine klare Differenzierungsstrategie entwickeln, um im wettbewerbsintensiven Online-Modehandel zu bestehen“, rät Claudia Denzel, Direktorin Retail bei Google Deutschland.
TikTok Shop kommt nach Deutschland
Social Commerce ist schon jetzt ein wichtiger Baustein im Produktmarketing. Eine der größten Plattformen, die vornehmlich junge Leute nutzen, ist TikTok. Sie verfügt über eine Shopping-Funktion, die 2023 in den USA gestartet ist. Während über dem Atlantik aber gerade ein Verkauf oder ein Verbot der Plattform in der Schwebe ist, wird hierzulande für 2025 das komplette Rollout von TikTok Shop erwartet.
„Influencer werden auch 2025 zentraler Bestandteil der Marketingstrategie vieler Marken bleiben und TikTok hat als Plattform eine wahnsinnig große Bedeutung für Deutschland. Sobald der Shop online geht, wird er das Shopping-Verhalten stark verändern – vor allem bei der jüngeren Zielgruppe, deren Produktsuchen immer weniger klassisch über Suchmaschinen oder im stationären Handel stattfindet“, erwartet Moritz Lukas. Für den Handel ist das ein spannender neuer Absatzkanal, der großes Potenzial, aber auch logistische Herausforderungen mit sich bringe. Händler sollten früh den Schritt auf den neuen Kanal wagen und die Plattform testen.
Gemischtes Vertrauen in KI-Prozesse
E-Commerce und Künstliche Intelligenz verzahnen sich noch enger. Aktuell wird der E-Commerce Markt mit KI-Lösungen jedoch geradezu überschwemmt, mahnt Julian Craemer, CEO der Uptain GmbH, die sich auf das Thema Kaufabbrüche spezialisiert hat. „Viele dieser Lösungen sind eher Spielereien und bieten kaum echten Mehrwert.“ Stattdessen gelte es jetzt, KI gezielter und effektiver einzusetzen, sonst werde die Erfahrungen für Kund:innen nur noch nerviger. „Während bisher bereits Cookie-Consent und Pop-Ups das Einkaufserlebnis gestört haben, kommen nun auch überladene KI-Personalisierungen und Chatbots dazu“, führt Craemer aus. Wenn die KI es schafft, Kund:innen gezielt und nur im richtigen Moment anzusprechen, haben Händler:innen indes gute Karten.
Anton Eder, Mitgründer des Versandsoftwaredienstleisters ParcelLab, ist davon überzeugt, dass KI sogar dabei helfen wird, den Online-Handel menschlicher zu gestalten, „weil die Kommunikation automatisiert immer stärker auf die individuellen Bedürfnisse zugespitzt werden kann – von der Produktberatung bis zur Angabe eines konkreten Liefertermins mit Tag und Uhrzeit“, so Eder. „Je weniger Kunden den technischen Aufwand dahinter spüren, desto stärker wächst das Vertrauen.“ Er ist optimistisch, denn auch wenn die Ergebnisse heute noch nicht perfekt seien, gelte das Mantra der KI-Expert:innen: „Die künstliche Intelligenz wird morgen schon weniger dumm sein als heute.“
KI-Technologien werden „zum echten Game Changer“ auf Käuferseite, vermutet auch Christoph Schwarzmann von der Mitteldeutschen Gesellschaft für Informationssicherheit und Datenschutz mbH U (MGID). „Ein gewisser Mut zu Experimenten und KI-gesteuerten Strategien wird eine Grundvoraussetzung sein, um überhaupt wahrgenommen zu werden und Zielgruppen plattformübergreifend zu erreichen. Allerdings muss dabei sorgfältig abgewogen werden, wie und wann KI-generierte Inhalte ausgespielt werden. Denn 2025 wird sich bei Mediennutzern eventuell hier und dort auch eine gewisse KI-Müdigkeit ausbreiten“, warnt der Digitalexperte.
Ab Anfang Februar gilt zudem die KI-Verordnung: Händler:innen sollten insbesondere die Regelungen zu verbotenen Praktiken kennen und befolgen. Zudem macht die Verordnung die Schulung sämtlicher Mitarbeitenden, die mit der KI arbeiten, zur Pflicht.
Passgenaue Produktempfehlungen
Im Bereich der Werbeanzeigen gibt es hilfreiche Einsatzmöglichkeiten für KI. Sie wird zur „Hyperpersonalisierung“ beitragen, prognostiziert Christian Zimmer, Managing Director beim Plattform-Anbieter Teads Deutschland. Kund:innen wollen passgenaue Produkte im richtigen Moment sehen, was beispielsweise Dynamic Product Ads bereits leisten könnten. „Wer seine Zielgruppen individuell anspricht, steigert nicht nur die Kundenbindung, sondern hebt sich auch im Wettbewerb ab“, weiß Zimmer.
Tools, die bei der Analyse von Kundenverhalten, der Optimierung von Kampagnen oder in der automatisierten Generierung von Content unterstützen, bieten diesen echten Mehrwert. KI optimiert diese Tools, erläutert die Google Ads Agentur Smarketer, denn sie wertet Daten aus, erkennt Muster und liefert in Echtzeit die passenden Botschaften – und das sogar automatisiert. Im Video bringt Eric Hinzpeter von Smarketer auf den Punkt, wie KI im Produkt-Marketing Einsatz findet:
Eine neue Art, Produkte zu suchen
Was sich ebenfalls entscheidend in den kommenden Monaten verändern wird, ist die Art, wie Produkte gesucht werden: Die Suche erfolgt künftig häufiger über Bilder und Videos oder aber sprachgesteuert. Sie entwickelt sich sowohl durch KI-Plattformen – Stichwort ChatGPT – als auch durch veränderte Gewohnheiten der Nutzer:innen auf Plattformen wie TikTok, Instagram und Pinterest weiter. „Die Suche wird visueller, wird mehr Audiosteuerung und komplexere Ergebnisse aufweisen, wird nicht mehr nur im Suchschlitz der klassischen Portale, sondern auch mehr im Social-Kontext stattfinden“, erklärt David Gabriel, Gründer und CEO von Smarketer. „Werbetreibende können Inhalte und Werbemittel entsprechend optimieren und bedenken, wie man den Nutzungsänderungen durch passende Maßnahmen bestmöglich begegnen kann.“
Amazon und die neue Art der Kundenbetreuung
Die Art, wie sich Kund:innen beraten und betreut fühlen, wird sich in diesem Jahr ebenso stärker wandeln. Getrieben wird diese Entwicklung beispielsweise durch Systeme wie Amazons Chatbot Rufus, der inzwischen auch auf dem deutschen Markt gelauncht wurde. „Das System kann einerseits den Zugang zu tiefergehenden und gezielten Produktinformationen erleichtern und komplexe Beratung auf Basis mehrstufiger Entscheidungsmuster erbringen. Andererseits wird sich dadurch aber auch die Customer Journey verändern“, erläutert Robert Schulze, Geschäftsführer bei Amzell, einer Agentur für Amazon Advertising. „Mehr denn je wird Amazon zum zentralen Anlaufpunkt für Produktinformationen und –bewertungen, was die Macht und Relevanz der Plattform weiter stärken wird.“
Ein Eintauchen in virtuelle Shopping-Welten
Mehr Präsenz werden in diesem Jahr Technologien wie Augmented Reality (AR) erhalten, durch die die Grenzen zwischen Online- und Offline-Shopping weiter verschmelzen. „Produkte können virtuell getestet und interaktiv erlebt werden – ein Erlebnis, das potenziell ganze Branchen revolutioniert“, erwartet Marketingprofi Christian Zimmer von Teads. „Klar ist: Die Qualität der Daten wird dabei zum Schlüsselfaktor.“ Händler seien in einer sehr guten Ausgangslage, um diese Trends effektiv umzusetzen, da sie über qualitativ hochwertige First-Party-Daten verfügen.
Bots sprechen mit Bots: Veränderungen im Kundenservice
Neue Technologien bergen Potenziale für mehr Effizienz im sowie zwischen Unternehmen. Dazu beitragen wird in diesem Jahr die verstärkte Bot-to-Bot-Kommunikation: „Autonome Systeme gehen über eigenständige Funktionen hinaus und ermöglichen die Zusammenarbeit zwischen spezialisierten Bots für Aufgaben wie Reisebuchungen oder die Koordination der Lieferkette. So könnte beispielsweise ein Hotel-Bot nahtlos mit Fluglinien- und Mietwagen-Bots zusammenarbeiten, um eine Reiseroute zu erstellen“, erklärt Matthias Göhler, CTO des Kundensupport-Dienstleisters Zendesk dazu. „Dieser vernetzte Ansatz erhöht nicht nur die Geschwindigkeit und Genauigkeit, sondern setzt auch neue Maßstäbe für personalisierte Kundenerlebnisse“, vermutet er.
Autonome KI-Systeme werden zudem immer öfter die Kundenkommunikation übernehmen – voraussichtlich zu einem Anteil von 80 Prozent, so Göhler. „Eine breitere Einführung wird einen Wettbewerbsvorteil schaffen, weil menschliche Mitarbeiter von Routineaufgaben entlastet werden und sich auf die Kundenbeziehungen konzentrieren können.“
Dabei erwarten Verbraucher:innen 2025 aber mehr als nur Geschwindigkeit und Genauigkeit von solchen Bots und KI-Systemen. „Sie wünschen sich Einfühlungsvermögen, Freundlichkeit und menschenähnliche Eigenschaften“, so der Kundensupport-Experte. „Indem sie diese Eigenschaften implementieren, können Unternehmen KI-Systeme als vertrauenswürdige Partner in der Kundenbeziehung neu definieren“, lautet sein Rat. Göhler glaubt außerdem, dass Sprach-KI in diesem Jahr bereits nahezu menschliche Interaktionen ermöglichen wird.
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