Die Spielregeln im Online-Handel haben sich verändert. Plattformen wie Facebook oder Google Ads sind längst keine günstigen Traffic-Quellen mehr. Die Kosten für die Neukundenakquise steigen kontinuierlich – während Margen schrumpfen und Wettbewerber aggressiv auf denselben Kanälen werben.
Die Folge: Viele Shops sind beim ersten Kauf noch nicht profitabel. Wer langfristig bestehen will, muss Kunden zu Wiederkäufen bewegen. Nur über Folgekäufe lässt sich die Rentabilität steigern. Dafür braucht es kontinuierliche Kontaktpunkte – und genau hier wird E-Mail-Marketing zum unterschätzten Erfolgsfaktor.
Warum E-Mail der unterschätzte Kanal ist
- Volle Kontrolle: Während Reichweiten auf Plattformen schwanken, gehört die E-Mail-Liste dem Shop.
- Geringe Kosten: Der Versand ist im Vergleich zu Anzeigenkampagnen minimal.
- Hohe Wirkung: Laut einer Klaviyo-Studie erzielen Händler im Schnitt einen ROI von 42-fach auf die eingesetzten Softwarekosten – ein Wert, den kaum ein anderer Marketingkanal erreicht.
- Touchpoints schaffen: Jede E-Mail ist eine Möglichkeit, Kunden zurück in den Shop zu holen.
Pre-Purchase-Flows: Kunden auf dem Weg zum Kauf begleiten
- Welcome-Flow: Begrüßt neue Newsletter-Abonnenten, vermittelt Markenwerte und leitet den ersten Kauf ein.
- Active-on-Site: Nutzer haben den Shop besucht, aber keine Handlung abgeschlossen. Reminder-Mails halten die Aufmerksamkeit hoch.
- Browse-Collection: Wer sich für bestimmte Kategorien interessiert, erhält passende Empfehlungen und Inhalte.
- Viewed-Product: Besucher bestimmter Produktseiten können mit Informationen, Bewertungen oder Vorteilen zum Kauf überzeugt werden.
- Added-to-Cart: Produkte wurden in den Warenkorb gelegt, aber nicht gekauft – eine gezielte Mail kann hier den entscheidenden Impuls geben.
- Abandoned-Checkout: Einer der wichtigsten Flows im E-Commerce: Erinnerungen an abgebrochene Kaufprozesse holen einen hohen Anteil verlorener Umsätze zurück.
Post-Purchase-Flows: Kunden langfristig binden
- Cross-Selling: Ergänzende Produkte werden vorgeschlagen, die zum Erstkauf passen.
- Upselling: Kunden werden auf höherwertige Varianten oder größere Produktpakete aufmerksam gemacht.
- Nachkaufsbegleitung: Hilfreiche Tipps zur Nutzung des Produkts oder Erinnerungen an Wiederkäufe (z. B. Verbrauchsprodukte) sorgen für kontinuierlichen Umsatz.
- Review-Flow: Nach dem Kauf kann aktiv um Bewertungen gebeten werden – ein Hebel für Vertrauen und Social Proof.
- Winback-Flow: Ehemalige Käufer, die längere Zeit nicht aktiv waren, erhalten gezielte Anreize zur Rückkehr. Dadurch lassen sich abwandernde Kunden günstig reaktivieren.
Newsletter: Der regelmäßige Kontaktpunkt
Neben Automatisierungen bleibt der klassische Newsletter ein zentraler Baustein. Er sorgt dafür, dass ein Shop dauerhaft präsent bleibt und nicht nur in Aktionsphasen sichtbar wird.
- Empfehlung zur Frequenz: 4 bis 8 Newsletter pro Monat haben sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen – abhängig von Sortiment, Zielgruppe und Ressourcen.
- Der richtige Mix: Etwa die Hälfte sollte sales-orientiert sein (Rabatte, Aktionen, Produkt-Launches). Die andere Hälfte sollte content-orientiert sein (Tipps, Inspiration, Hintergrundgeschichten, Trends).
So entsteht ein ausgewogener Kommunikationsmix: Kunden erhalten nicht nur Kaufanreize, sondern auch Inhalte mit Mehrwert. Das steigert die Öffnungsraten und verhindert, dass Newsletter als reine Werbung wahrgenommen werden.
Rechtliche Aspekte nicht vergessen
- Einwilligung: Grundsätzlich dürfen Newsletter nur mit ausdrücklichem Opt-in versendet werden. Das Double-Opt-in ist Standard.
- Transparenz: Jede Mail braucht ein Impressum und einen Abmeldelink.
- UWG §7-Ausnahme: Unter bestimmten Bedingungen ist auch produktbezogene Werbung an Bestandskunden ohne Double-Opt-in erlaubt – wenn die E-Mail-Adresse im Zusammenhang mit einem Kauf erhoben wurde, der Kunde der Nutzung nicht widersprochen hat und in jeder Mail klar auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wird.
- Abgrenzung: Pflichtmails dürfen nicht unzulässig mit Werbung vermischt werden.
Fazit: Von teuer zu profitabel
Die Akquise neuer Kunden wird im Online-Handel immer kostenintensiver. Wer jedoch nur auf Erstkäufe setzt, verschenkt Profitabilität. Der Schlüssel liegt im Aufbau von Folgekäufen – und dafür braucht es kontinuierliche, relevante Touchpoints.
E-Mail-Marketing ist dabei einer der effektivsten, aber am meisten unterschätzten Kanäle. Mit einem durchschnittlichen ROI von 42x auf die eingesetzten Softwarekosten zeigt sich: Kaum eine andere Maßnahme bietet ein derart günstiges Verhältnis von Aufwand zu Ertrag.
Über den Autor
Anton Mörike ist Gründer der amail agency, einer E-Mail-Marketing-Agentur für Online-Shops. Mit seinem Team verwandelt er Neukunden von Shops wie Rosental oder Sheko in loyale Wiederkäufer durch E-Mail-Marketing.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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