Sichtbarkeit ist vor allem für kleine Unternehmen ein hohes Gut, doch dafür braucht es auch ein erfolgversprechendes Marketing. Für den Mittelstand könnten das vor allem personalisierte Werbemaßnahmen sein, wie eine aktuelle Untersuchung des Centre for Information Policy Leadership (CIPL) im Auftrag von Google zeigt: 85 Prozent der deutschen KMU führen das eigene Umsatzwachstum direkt auf personalisierte Werbung zurück.
Wenn diese gezielte Ansprache fehlt, habe dies spürbare Auswirkungen auf das Geschäft: So müsste voraussichtlich jedes zweite Unternehmen die Preise erhöhen, ein Viertel (26 Prozent) müsste wegen fehlender Einnahmen Personal abbauen. „Ohne personalisierte Werbung könnten wir die Kunden nicht mehr erreichen und würden daher weniger Umsatz machen“, wird in der Studie beispielhaft eine C-Level-Führungskraft zitiert.
Neue Kundschaft und Wettbewerbsvorteile
Die zielgenauere Ansprache hat für KMU demnach einen sehr hohen Stellenwert: 84 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass personalisierte Werbung das Geschäftswachstum in ihrer Branche potenziell erhöht. Sieben von zehn Betrieben gaben an, dass sie durch diese Art des Marketings auch mit großen Unternehmen konkurrieren können.
Der Großteil (79 Prozent) misst der Neukundengewinnung durch derlei Maßnahmen ein besonders hohes Gewicht bei, ohne gezielte Anzeigen sei die Akquise „schwierig oder unmöglich“. Besonders für Unternehmen mit einem schwer zu findenden oder sehr spezifischen Kundenstamm sei personalisierte digitale Werbung nützlich, um Nischenzielgruppen zu erreichen. In Deutschland treffe dies auf 57 Prozent der befragten Unternehmen zu. Auch die Werbeausgaben ließen sich durch personalisierte Werbung effektiver gestalten. Für die Studie wurden insgesamt 4.287 kleinere Betriebe in 13 Ländern befragt, davon knapp 500 aus Deutschland.
HDE gegen Verbot personalisierter Werbung
Der Deutsche Mittelstandsbund (DMB) spricht sich für Initiativen aus, die kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu künstlicher Intelligenz und personalisierter digitaler Werbung erleichtern. „Personalisierte Werbung ist für viele KMU ein wichtiger Hebel, um neue Kunden zu erreichen und sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten“, so DMB-Vorstand Marc S. Tenbieg. Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) unterstreicht die Bedeutung der gezielten, digitalen Kundenansprache. „Einer der größten Wettbewerbsvorteile des klassischen Fachhandels im wettbewerbsintensiven Handel ist das Wissen um seine Kunden und die Fähigkeit zur persönlichen Ansprache. Einschränkungen oder Verbote in der digitalen Welt würden dem mittelständischen Fachhandel dieses wichtige Differenzierungsinstrument im Wettbewerb nehmen“, so der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp.
Mit dem Digital Fairness Act plant die EU derzeit strenge Regulierungen für personalisierte Werbung. Der Chaos Computer Club (CCC), der sich seit Jahren u. a. für den Datenschutz von Verbraucher:innen einsetzt, plädiert für in diesem Zusammenhang für deren Verbot: „Personalisierte Werbung mit Tracking, Profilbildung oder Verhaltensanalysen sollte daher endlich als das behandelt werden, was sie ist: ein gefährlicher Manipulationsmechanismus, der nicht normalisiert werden darf.“ Stattdessen sollte man „Privacy by Design“-Ansätze fördern und auf kontextbasierte Werbung setzen. „Ihre Stärkung kann ein wirksamer Hebel dafür sein, kleine und mittlere Unternehmen (z. B. Medien- und Pressehäuser) aus der Abhängigkeit von sehr großen Tech-Unternehmen zu befreien, die aktuell den Werbemarkt dominieren und Werbepraktiken in ihrem Interesse vorantreiben“, so der CCC. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hält eine Regulierung „für überfällig“.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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