Bereits seit geraumer Zeit treibt die Otto Group ihre Plattform-Pläne für otto.de voran. Im Rahmen dieses Vorhabens werden externe Händler an die Plattform angeschlossen – täglich sollen 100 Kooperationsanfragen von Händlern und Marken jeglicher Größe bei dem Konzern eingehen, erklärte nun Otto-Vorstand Marc Opelt im Interview mit dem Tagesspiegel. Zunächst wolle Otto sich auf größere Kooperationspartner konzentrieren und später auch kleinere Händler nachziehen

Otto muss seine Anforderungen auf kleinere Händler ausrichten

Mit dieser Taktik dürfte Otto durchaus Erfolg haben. Sich zunächst auf die größeren Handelspartner zu konzentrieren, ist insofern sinnvoll, da Unternehmen dieser Größe bereits über die nötigen Prozesse verfügen und das Service-Level erfüllen können dürften. Die Anbindung kleinerer Händler ist für eine Plattform schließlich immer mit einem gewissen Grundrisiko verbunden, da über den Marktplatz schnell viele Bestellungen reinkommen können, die einen kleineren Händler auch mal vor große Herausforderungen in der Abwicklung stellen könnten. 

Um diesen Plan aber umzusetzen und die kleinen Händler in großer Zahl anbinden zu können, muss Otto seine Anforderungen etwas zurückschrauben. Bisher führt das Unternehmen einen recht strikten Prüfprozess durch, um das Service-Level auf seiner Plattform zu gewährleisten. Der Konzern will ein enges Verhältnis zu seinen externen Händlern pflegen. Das ist verständlich, kann aber das Wachstum ausbremsen. 

Amazon zeigt, welches Potenzial kleinere Händler haben

Dass Otto hier umdenkt, deutet auch Opelt im Interview an: „Wir arbeiten daran, dass sich Händler künftig im Self-Service auf otto.de schalten und dort ihre Angebot inszenieren können“, erklärt er. Das werde den Prozess vereinfachen, beschleunigen und das Wachstum steigern, so Opelt – und trifft damit den richtigen Punkt. Gerade bei der Anbindung vieler kleinerer Händler kann nicht jede Anfrage händisch bearbeitet werden.

Dass ein Konzern und eine Plattform von einer großen Menge kleinerer Anbieter stark profitieren kann, zeigt nicht zuletzt der Branchenprimus Amazon: Wie Jeff Bezos im April in seinem Schreiben an die Aktionäre erklärte, machen die Marktplatz-Händler inzwischen 58 Prozent der Warenverkäufe von Amazon aus. 160 Milliarden Dollar setzen die Händler um – dass Otto auf ähnliche Erfolge hoffen wird, dürfte kaum verwundern. Und dass sich der Konzern nun mehr für kleinere Händler öffnen will, ist nur begrüßenswert. Nur zu lange warten sollten die Hamburger eben nicht.