Es ist noch keine zwei Wochen her, da kam Amazon mit der Ankündigung um die Ecke, sich künftig mehr für den Klimaschutz einzusetzen – es wurde aber auch wirklich langsam Zeit. Der US-Konzern will bis zum Jahr 2040 klimaneutral arbeiten und dafür unter anderem in den kommenden Jahren 100.000 Elektro-Lieferwagen für die Paketzustellung auf die Straße bringen. Wofür sich Amazon bei der Bekannthabe hat noch groß feiern lassen, wird mit der Ankündigung eines neues Services in Deutschland nicht mal eine Woche später wieder komplett umgeworfen.

Schlechte Idee, schlechtes Timing

Die Rede ist von Prime Wardrobe. Der Kleiderservice, welcher in den USA bereits seit geraumer Zeit existiert, wird nun auch für die deutschen Amazon-Kunden verfügbar gemacht und erlaubt –  natürlich nur den Bezahl-Mitgliedern mit einem Prime-Account – sich bis zu sechs Kleidungsstücke aus dem breiten Fundus des Marktplatzes zu bestellen, zu Hause anzuprobieren und anschließend wieder zurückzuschicken (wir berichteten). Nur was der Kunde tatsächlich behält, wird im Anschluss auch bezahlt. Dabei ist der Versand und die Retoure natürlich kostenlos. Das gleiche System also, mit dem unter anderem Zalando und so viele andere Modehändler jahrelang Kunden begeistert haben.

Allerdings rücken viele Fashion-Händler von dieser Gratismentalität inzwischen immer mehr ab, Zalando hat bereits in einigen europäischen Ländern Versandgebühren und Mindestbestellwerte eingeführt. Das nun auch Amazon zum Nulltarif paketweise Mode von A nach B und wieder zurück schickt, würde bei mir vielleicht für weniger Kopfschütteln sorgen, wenn man nicht just wenige Tage vorher noch auf den großen Klimazug aufgesprungen und sich damit gebrüstet hätte, „große Veränderungen vorzunehmen, um den Planeten zu schützen.“ Sehr ungünstiges Timing, Amazon.

Noch mehr Pakete, noch mehr Retouren

Dass die Paketmengen durch diesen neuen Kleiderservice von Amazon nun ansteigen werden, davon ist auszugehen und schon ein Punkt auf der Negativ-Liste an sich. Und selbst wenn diese künftig mit klimaneutralen Elektro-Lkw durch die Gegend gefahren werden, zieht das Ganze dennoch einen Rattenschwanz an Faktoren nach sich, die auf den ersten Blick so gar nicht mit Nachhaltigkeit einhergehen: So kann nicht nur von mehr Verpackungsmüll ausgegangen werden, es steht auch die Frage im Raum, was mit den ganzen Retouren passiert? Immer wieder steht Amazon in der Kritik, zurückgeschickte Waren zu vernichten, aber selbst wenn dies nicht passiert, so müssen die Kleidungsstücke eben auch wieder aufwendig gereinigt werden, ehe sie an den nächsten Kunden gehen. Alles Dinge, die weder grün, noch nachhaltig, noch gut für das Klima sind.

Vermutlich würde mich dieser neue Kleiderservice auch gar nicht so stören, wenn eben nicht wenige Tage vorher Jeff Bezos große Reden geschwungen hätte, den Planeten zu schützen – mit einem Paket nach dem anderen.