Klar: Nicht jeder kann sich teure Qualitätsprodukte leisten. Umso verlockender ist es daher, Produkte wesentlich günstiger auf Marktplätzen wie Wish, AliExpress und Joom zu erwerben. Dabei gilt für viele die Rechtfertigung, dass die großen Marken ja „auch nur in China produzieren“ würden und diese daher nur teurer seien, da der Markenname draufstünde.

Die ZDF-Zoom-Reportage „Schöne Online-Bescherung – Schnäppchenfrust aus Fernost“ hat sich nun in der letzten Woche mal mit der Qualität der Schnäppchen beschäftigt. Die Dokumentation ist zur Zeit noch in der Mediathek verfügbar.

Akkusauger ohne Ladekabel

Den Anfang machte eine Familie: Diese bestellte bei Joom einen Akkustaubsauger für 104 Euro. Zum Vergleich: Ein Markengerät kann mal gut 500 Euro kosten; No-Name-Ware gibt es ab 150 Euro. Der Kauf in Fernost ging gründlich nach hinten los, denn das Gerät wurde ohne Ladekabel geliefert. Joom bot der Käuferin einen 20 Prozent-Gutschein an. Den lehnte sie ab und wollte stattdessen einfach das Kabel erhalten. Nachdem man ihr zusicherte, den Kaufpreis zu erstatten, passierte allerdings nichts mehr. Die Käuferin sitzt noch heute auf einem nutzlosen Gerät. An den Händler aus Fernost ist freilich nur schwer heranzukommen. Schnell wird klar, dass sich hier eine einfache Weisheit verwirklicht: Wer billig kauft, kauft zweimal. 

Was erwarten die denn?

So geht es jedenfalls in der Reportage weiter. Nach mehreren Testkäufen offenbart sich auch, dass etwa die Hälfte der Produkte von Billigmarktplätzen nicht verkehrsfähig ist. Das fängt beim fehlenden CE-Zeichen an und hört bei der Verwendung verbotener Stoffe in Parfüms auf. Am Ende gibt es lange Gesichter bei den Kunden und ich stelle mir die Frage: Was erwarten die denn eigentlich? Den gleichen Service, wie man ihn bei deutschen Händlern bekommt?

Bei den Produkten aus Fernost handelt es sich eben meistens nicht um die günstigen Zwillinge von Qualitätsprodukten. Die Produkte sind unter anderem so billig, weil die Händler sich Kosten für gesetzlich vorgeschriebene Registrierungen sparen. Dazu zählt zum Beispiel die Registrierung von Elektroprodukten. 

Dass der Kunde für sein Geld hier nicht viel erwarten kann, ist für mich jedenfalls keine Überraschung. Wer in der Erwartung, den gleichen Service zu bekommen, dort einkauft, ist vielleicht auch selber Schuld, wenn er am Ende enttäuscht ist. Natürlich ist es es nicht in Ordnung, wenn bezahlte Produkte nicht vollständig ankommen. Und 104 Euro für ein nicht-benutzbares Produkt sind genau 104 Euro zu viel. Aber: Das ist nun einmal das Risiko bei diesen Plattformen, welches man als Kunde mit einkalkulieren sollte. 

Der Staat soll es regeln!

Die Reportage vermittelt ein treffendes Bild davon, dass es keine gute Idee ist, auf die Schnäppchenangebote einzugehen. Die App von Wish ist beispielsweise so gestaltet, dass der Käufer schnell eine Entscheidung trifft. Ein Countdown erweckt den Eindruck, dass dieser spezielle Preis bald abläuft. Falsche Streichpreise verstärken den Druck auf den konsumfreudigen Käufer. So weit, so klar. Doch im gleichen Atemzug wurde auch mehr Regulierung durch den Staat eingefordert. Damit bin ich allerdings nur so semi einverstanden.

Sicherlich: Viele der Produkte könnten schon im Zoll hängen bleiben, wenn dieser genug Kapazitäten für die täglich 450.000 Sendungen aus dem nicht europäischen Ausland hätte, die allein am Flughafen Frankfurt ankommen. Allerdings vermisse ich ein wenig den Appell an die Vernunft der Käufer: Ein Produkt, welches teilweise nur noch 10 Prozent dessen kostet, was man hierzulande für das Original zahlt, kann nicht genauso gut sein. Hinzu kommt noch, dass im Falle eines Schadens kein Ansprechpartner vorhanden ist. An wen will der Verbraucher denn herantreten, wenn das Kind bei der Verwendung des E-Scooters einen Stromschlag bekommen hat? Das Beispiel der Familie mit ihrem Akkustaubsauger zeigt, dass bereits einfache Gewährleistungsansprüche nicht erfüllt werden. Ja, man kann hier die Schuld auf die bösen Händler schieben; allerdings gibt es die auch nur, weil ihre Produkte einen Absatzmarkt finden. 

Sicherlich ist mehr Kontrolle ein Schritt in die richtige Richtung; über kurz oder lang hilft aber auch: „App deinstallieren”.