In der Reihe „Ama-Zone“ grübelt Tina Plewinski über die vielfältige Welt von Amazon: über Vor- und Nachteile des Online-Riesen, neue Entwicklungen, trendige Hypes, die unablässigen Machtbestrebungen des Konzerns und – im aktuellen Teil dieser Reihe – über die mannigfaltigen Fähigkeiten eines mütterlichen Blicks.

Der Amazon Prime Day ist vorbei und die Geldbörsen vieler Shopper dürften nun auch wieder um einiges leichter sein. Schließlich lockte die groß gefeierte Schnäppchen-Schlacht mit … nun … eben jeder Menge Schnäppchen. Dass dabei für die einzelnen Konsumenten auch individuelle Probleme auftreten, liegt in der Natur der Sache: Die einen finden einfach keine Angebote, die interessant genug für einen Spontankauf wären, und die anderen finden einfach viel zu viele Angebote, um die Käufe vor dem eigenen Kontostand noch rechtfertigen zu können.

Geld für die Ecke

Für die Kaufrausch-Gruppe, die bei Rabattschlachten wie dem Amazon Prime Day einfach nicht „Nein!“ sagen kann, gilt an solchen Tagen besondere Vorsicht. Schließlich ist anzunehmen, dass viele vermeintliche Schnäppchen am Ende gar nicht benötigt werden und ungenutzt in der metaphorischen Ecke verrotten.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich liebe einen gepflegten Kaufrausch, der die Glückshormone in Wallung bringt. – Aber eben in Maßen und auch nur, wenn die Käufe wirklich sinnvoll sind. Denn gerade mit Blick auf die Umweltverschmutzung ist Konsum allein um des Konsums Willen einfach nicht zu empfehlen. Denn dieser Konsum verschwendet Ressourcen, verursacht Abfall und trägt damit zur weiteren Vermüllung des Planeten bei. Von dem sinnlos ausgegebenen Geld mal ganz zu schweigen ...

Wie überwindet man den Kaufrausch-Schweinehund?

Nun, man könnte versuchen, sich mit sachlichen Argumenten selbst zu überzeugen, dass man ein bestimmtes Produkt eigentlich gar nicht braucht. Aber wann hätten sachliche Argumente im emotionalen Moment eines sinnlosen Kaufrauschs wirklich mal geholfen? Eben! Viel besser wirkt – zumindest bei mir – eine Strategie, die mich schon diverse Male vor dem finanziellen Ruin am Monatsende bewahrt hat: Ich stelle mir den stechenden Blick meiner Mutter aus Kindheitstagen vor, wenn ich Unnützes kaufen wollte. Ein Blick, der sagt: „Hast du dir das GENAU überlegt?“

Die verschiedenen mütterlichen Blick-Varianten wurden erfahrungsgemäß im Verlaufe von Jahrzehnten penibel weiterentwickelt und professionalisiert. Sie sind in der Lage, mannigfaltige Wunderwerke zu vollbringen: So können sie beispielsweise nicht nur trösten, ermutigen oder ein wohlig-warmes Gefühl vermitteln, sondern auch mahnen und schließlich sogar den kopflosen Konsum brechen. Ein magischer Amazon-Fluchbrecher-Blick quasi …

Ich komme ins Grübeln: Brauche ich diesen goldenen Eierschneider wirklich? Ist der Kauf dieses niedlichen Vogelhäuschens wirklich sinnvoll – so ganz ohne Garten oder Balkon? Brauchst du das coole Camping-Geschirr tatsächlich, obwohl du keine zwei Minuten in der Wildnis überleben würdest? Amazon sagt Ja. Der imaginierte Blick meiner Mutter sagt Nein. Ein Kampf der Titanen. Aber ganz ehrlich: Ich weiß, auf wen ich mein Geld setze! Und am Ende dürfte die Freude über eine sinnvolle Investition größer sein als über drei Sinnlose.