Temu hat einen schweren Stand in Europa: Zwar ist der Marktplatz bei der Kundschaft sehr beliebt, die Politik und auch die Branche selbst sind vom Emporkömmling jedoch wenig angetan. Das hat sich nun wieder in der Schweiz gezeigt: Temu hat versucht, dem Schweizer Handelsverband beizutreten, was dieser aber abgelehnt hat, wie die Handelszeitung berichtet.
Laut Verbandsleiter Bernhard Egger verstoße der Billigmarktplatz gegen Schweizer Gesetze. Temu halte sich nicht an die Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen, betreibe unlauteren Wettbewerb, hafte nicht für defekte Produkte, bezahle keine Recycling-Gebühren und biete Plagiate an. Egger sagt: „Wer Mitglied werden und bleiben will, muss sich gesetzeskonform verhalten.“ Bereits im Juli reichte der Handelsverband eine Beschwerde gegen Temu beim Staatssekretariat für Wirtschaft ein. Ein Unternehmen, gegen das man rechtlich vorgeht, nimmt man eher nicht in die eigene Organisation auf.
Temu ist kein Händler, sondern eine Plattform
„Das Thema ist einfach, dass es bei diesem Unternehmen um die Nichteinhaltung der Schweizer Gesetzgebung geht. Deshalb haben wir den Mitgliedsantrag von Temu abgelehnt“, so Egger. Wirklich anfechten kann Temu die Entscheidung nicht, denn neben der inhaltlichen Kritik hapere es letztlich auch am Geschäftsmodell des Marktplatzes: Der Schweizer Handelsverband nimmt zwar auch ausländische Mitglieder auf, allerdings ausschließlich Händler:innen. So gehören zum Beispiel About You und Zalando dazu.
Temu ist allerdings als digitaler Marktplatz eine reine Plattform. Dadurch fällt Temu nicht in die Schweizer Gesetzgebung. Das soll sich künftig dank eines neuen Gesetzes ändern. Hier orientiert sich die Schweiz offenbar am Digital Markets Act der EU, um gegen Plattformen wie Temu und Shein vorzugehen.
Wettbewerbsvorteil für Temu
Viele Mitglieder des Schweizer Handelsverbandes stehen Temu zudem kritisch gegenüber. Roland Brack, Gründer des gleichnamigen Schweizer Online-Händlers, beklagt etwa einen ungleichen Wettbewerb. Man spüre punktuell, dass die eigenen Umsätze unter der ausländischen Konkurrenz leiden. „Das größere Problem ist aber, dass da nicht mit gleich langen Spießen gekämpft wird“, beklagt Brack.
Das bestätigt auch Bernhard Egger: „Dass diese Firmen Mehrwertsteuern nicht bezahlen oder sich nicht um Entsorgungskosten kümmern, sorgt nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa für Ärger. Mein Eindruck ist: Während man als hiesiges Unternehmen immer stärker reguliert und kontrolliert wird, können diese neuen Konkurrenten aus der Ferne tun und lassen, was sie wollen.“
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