Temu diktiert Preise: Händler müssen 15 Prozent unter Amazon verkaufen

Veröffentlicht: 04.02.2025
imgAktualisierung: 04.02.2025
Geschrieben von: Christoph Pech
Lesezeit: ca. 2 Min.
04.02.2025
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Temu
Primakov / Depositphotos.com
Mit aggressiver Preispolitik will Temu Amazon angreifen: Dafür schreibt der Marktplatz deutschen Händler Preise vor. Aber ist das erlaubt?


Der Preis ist das bestimmende Verkaufsargument bei Temu. Der Billigmarktplatz mischt mit Kampfpreisen die Branche auf. Damit Temu an dieser Stelle punkten kann, müssen sich Händler:innen, die den Marktplatz als Absatzkanal nutzen, an die Politik anpassen. Offenbar schreibt Temu den Vertriebspartnern rigoros vor, wie sie ihre Preise gestalten dürfen.

Der Wirtschaftswoche liegt ein Angebot von Temu an einen deutschen Händler aus dem Dezember 2024 vor, in dem erklärt wird, dass Temu letztlich die Höhe der Preise festlegt. „Der maximal akzeptable Preis“ von Produkten, heißt es von Temu, müsse 15 Prozent niedriger sein als der „auf Amazon ermittelte Einzelhandelspreis (vor Steuern)“. Auf WiWo-Nachfrage erklärt ein Temu-Sprecher eher ausweichend: „Die Preisgestaltung wird von den Händlern in Absprache mit der Plattform festgelegt.“

Dürfen die das?

Die Frage ist, ob Temu überhaupt derartig in die Preisgestaltung der Händler:innen eingreifen darf. Eine Einflussnahme auf den Verkaufspreis wäre rechtswidrig, vor allem, weil sie nach aktuellem Informationsstand generell gelte und keine Ausnahmen vorsehe. Klauseln zur Preisparität, bei der Verkäufer:innen verpflichtet wurden, Artikel nirgendwo anders günstiger anzubieten, hat Amazon auf Druck des Bundeskartellamts schon vor über zehn Jahren wieder abgeschafft.

Dass Temu die Grenzen des europäischen Rechts testet, ist bekannt. Sowohl die EU als auch die deutsche Politik haben den chinesischen Marktplatz im Visier. Erst vergangene Woche hat die Bundesregierung den Aktionsplan E-Commerce beschlossen, der vor allem auf chinesische Plattformen wie Temu und Shein abzielt.

„Mit dem Aktionsplan E-Commerce setzen wir ein starkes Zeichen für fairen Wettbewerb und den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor unsicheren und gefährlichen Produkten im Online-Handel. Unsere hohen europäischen Standards müssen für alle gleichermaßen gelten“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Bis zu 95 Prozent aller Produkte, die bei Temu, Shein und AliExpress gekauft werden, sollen nicht der europäischen Gesetzgebung entsprechen.

Ambitionierte Ziele

Um in Deutschland ein echtes Gegengewicht zu Amazon oder Ebay aufzubauen, braucht Temu die hiesigen Händler:innen und hat dementsprechend seine Strategie in den vergangenen Monaten angepasst. Mit mehr lokalen Partnern will der Marktplatz unter anderem sein größtes Problem – die langen Lieferzeiten – in den Griff bekommen. Künftig sollen 80 Prozent des Gesamtumsatzes in Europa über lokale Händler:innen abgewickelt werden.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 04.02.2025
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Lesezeit: ca. 2 Min.
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Christoph Pech

Christoph Pech

Experte für Digital Tech

KOMMENTARE
7 Kommentare
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Robert P.
05.02.2025

Antworten

Das Thema Preisparität war und wird wohl noch weiter verschiedene Instanzen beschäftigen. Es ist zwar schön, dass Ihr den Link im Bezug auf die Preisparität bei Amazon beigefügt habt, aber dieses Problem besteht weiterhin - trotz Verbots - bei Amazon, nur das diese Klausel nicht mehr in den Amazon AGB aufgeführt ist, aber trotzdem - wie von K.I gut aufgeführt wurde - unter einem anderen Deckmantel weitergeführt wird. Wir selber sind dort auch bei mehreren Artikeln davon betroffen. Teilweise gehen die Amazon Preisvorstellungen so weit, dass wir sogar weit unter unserem eigentlichen EK verkaufen müssten. Oftmals wird dabei nämlich nicht berücksichtigt seit wann ein Preis besteht. Manchmal verkaufen die Lieferanten zu Sonderpreisen, z.B. bei Auslaufware, da kann man dann natürlich auch wesentlich niedrigere Preise anbieten, aber halt nicht wenn man zum ursprünglichen Preis eingekauft hat. Zusätzlich ist uns auch bereits häufiger aufgefallen, dass Amazon selber "angeblich" diese Produkte anbietet und einen wesentlich niedrigeren Preis anzeigt. Zwei Probleme gibt es dabei aber: 1. Verfügt Amazon nicht über diese Artikel, da unsere Lieferanten Amazon selber nicht als Kunden haben möchten 2. Sind wir oftmals die Einzigen die dieses Produkt - wenn auch teurer - auf Lager haben und bei Amazon (halt günstiger) dann aber eine Lieferzeit von mehreren Monaten angezeigt wird. Da Amazon aber diesen Artikel eigentlich gar nicht liefern kann, wird vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt diese Bestellung einfach storniert werden. Vielleicht ist es wieder einmal an der Zeit, Amazon von den Behörden prüfen zu lassen, immerhin ist Amazon - auch wenn sie scheinbar durch Temu und Shein Federn lassen mussten - eine Marktmacht, auf die man teilweise nicht verzichten kann.
ralf
05.02.2025

Antworten

Es scheint, dass die Redaktion die Öffentlich Rechtlichen Sender meidet. Denn dann wüßtet ihr, dass diese Praxis bei Amazon immer noch gängig ist. Empfehlung: Schaut Euch die Plusminus Sendung vom Dezember letzten Jahres an, da erklärt eine ehemalige Amazon Managerin sowie einige Händler genau wie Amazon dies tut. Kleinwenig anders, aber mit em gleichen Ziel, denn Amazon wirft dich aus der Buybox raus, wenn du dein Produkt woanders billiger verkaufst und Amazon dies herausfindet. Aber dass hier pro Amazon und contra Temu berichtet wird, ist schon auffallend.
S Feuster
05.02.2025

Antworten

Der Artikel ist eine verdrehte Darstellung und mir scheint es so, als hätte der Redakteur bzw die Wirtschaftswoche nicht ganz verstanden, wie Temu funktioniert. Abrechnungstechnisch verkauft man seine Produkte mit 15% unter üblichen Marktpreis an Temu und der Marktplatz gestaltet die Verkaufspreise. Die 15% sind im Endeffekt aber kein Preisdiktat, sondern die Marge für Temu, da ansonsten keine Gebühren oder Verkaufsprovisionen anfallen! Verkauft Temu also mit -15%, haben sie keinerlei Gewinn.
GW
05.02.2025

Antworten

Tja, TEMU und Amazon können sich die Hand reichen. Denn auch AMAZON schreibt Händlern in gewisser Weise Preise vor. Nennt sich bei Amazon "Problem mit der Preisgestaltung". Ein regelmäßiges Problem. So haben wir aktuell 15 Produkte, bei denen Amazon der Meinung ist "Der Verkaufspreis wurde als möglicher großer Fehler bei der Preisgestaltung identifiziert. Bitte überprüfe den möglichen Preisfehler.". Meist werden Angebote mit Hochpreisfehler identifiziert und sofort gesperrt! Dieses Problem ist dann nur aufwendig über einen "Fall" zu lösen und erzeugt enorm viel Aufwand. Während Amazon Artikel "verschleudert" (eigener Versand, welcher auch nicht "umsonst" ist) müssen wir auf Versanddienstleister zurück greifen. Bei Sperrgut hat man eben allein schon über 25 € Versandkosten. Und geringwertige Güter unter 2 Euro Wert liefert Amazon inklusive Versand!! Unsere Meinung nach kann man sich das "Bla bla" vom scheidenden Bundeswirtschaftsminister schenken.
Robert
04.02.2025

Antworten

Falls Temu auf alle möglichen Händler-Gebühren verzichtet, lies sich das eventuell mit unter 15% realisieren. Ich persönlich halte so einen Angriff auf Amazon für sehr fragwürdig. Entweder wird mit ehrlichen konkurrenzfähigen Mitteln gekämpft oder gar nicht - diese Preiskampf-Methode hat nie auf Dauer funktioniert. Im Zweifel würde Amazon den Spieß temporär umdrehen. Zudem ist in Deutschland und der europäischen Union die vertikale Preisbindung durch Festlegung von Fest- oder Mindestpreisen gesetzlich verboten. Selbst Hersteller sind daran schon gescheitert. Von daher kann Temu wollen was es will, mir als Händler egal - ich mache meine Preise die ich für richtig halte.
K.I
05.02.2025
Meinung: Und was ist das bitte schön? Amazon diktiert durch Drohungen Sanktionen genau so die Preise!!! Amazon schreibt: Erhalt des Kundenvertrauens mit wettbewerbsfähigen Preisen im Amazon Store In diesem Artikel möchten wir Details unserer Geschäftspraktiken erläutern, die unseren Verkäufern dabei helfen, sich um das Hervorgehobene Angebot zu bewerben, unsere Verkäufer vor Preisfehlern schützen, und eine herausragende Kunden- und Verkäufererfahrung gewährleisten. Bedeutet: 1. Zwang zur Preisanpassung für das "Hervorgehobene Angebot" 2. Risiko, aus dem Wettbewerb ausgeschlossen zu werden 3. Starke Abhängigkeit von Amazons Preisregeln 5. Einschränkung der Preiskalkulation Fazit Händler haben weniger Kontrolle über ihre Preise und müssen sich Amazons Preisstrategie anpassen, um sichtbar zu bleiben. Das kann zu niedrigeren Gewinnmargen, Ausschluss von der Buy Box und einem intensiven Preiskampf führen, den besonders kleine Händler schwer durchhalten können.
cf
04.02.2025

Antworten

Prima, dann kann man sich demnächst überlegen ob man bei amazon oder temu den Account gesperrt haben möchte - je nachdem wo man billiger anbietet - keinesfalls aber im eigenen Shop teurer :-) Schon klar... oder man lässt dieses Verramschen von Ware ohne Gewinn (oder sogar mit Verlusten) einfach mal sein. Ist künftig nur noch zum Abverkauf von Lagerresten für uns interessant. Alle anderen Produkte bieten wir auf solchen Plattformen nicht mehr an.