„Wie wäre es mit einem Artikel über Vertrauen im Online-Handel?“
- „Wie kommst du darauf?“
„Spannendes Interview auf der Dmexco, in dem wir uns über das Vertrauensverhältnis zwischen Payment-Anbietern und Händlern, aber auch Kunden und Händlern unterhalten haben. Ich würde aber ungern so einen drögen Leitfaden schreiben, davon gibt es nun wahrlich genug.“
- „Aha. Was meinst du denn mit Vertrauen im Online-Handel?“
„Tja, also… Es geht um die Frage, wie man online eigentlich Vertrauen bei seinen Kunden aufbaut.“
- „Christoph, du kannst ‚Vertrauen‘ nicht mit ‚Vertrauen‘ definieren.“
„Nun…“

Das hatte ich wohl nicht so ganz durchdacht. Es klingt ja eigentlich ganz einfach. Ein Händler erfüllt bestimmte Kriterien und der Kunde vertraut ihm daraufhin. Das klingt logisch. Einerseits ist es aber nicht einmal die halbe Wahrheit und andererseits tickt jeder Mensch, jeder Kunde, anders. Zwischenmenschlich braucht es oft Jahre, eine Vertrauensbasis zu einer anderen Person aufzubauen, ein Ur- oder Grundvertrauen – wie es Kinder zu ihren Eltern haben – ist noch einmal eine ganz andere Geschichte. Aber driften wir lieber nicht in ahnungslose Küchenpsychologie ab. Schauen wir lieber, welche Hebel die Business-Seite im Online-Handel in Bewegung setzen kann, damit der Kunde tatsächlich irgendwann sagt: „Diesem Shop vertraue ich.“ Wir schaffen das. Vertrauen Sie mir.

Was ist Vertrauen?

Ganz grundsätzlich definiert sich Vertrauen, nachzulesen bei Wikipedia, wie folgt: „Vertrauen bezeichnet die subjektive Überzeugung (oder auch das Gefühl für oder Glaube an die) von der Richtigkeit, Wahrheit von Handlungen, Einsichten und Aussagen bzw. der Redlichkeit von Personen.“ Überzeugung, Gefühl, Glaube – derartige Zuschreibungen lassen sich zunächst recht schwierig quantifizieren. Hinzu kommt, wenn wir über das Internet im Allgemeinen und E-Commerce im Speziellen sprechen, eine ganz natürliche Barriere: Wir sehen kein Gegenüber, wir müssen uns auf Websites, Apps oder Live-Chats verlassen.

„Wie haben wir früher Vertrauen aufgebaut?“, fragt Anja Dammann, Vertriebsleiterin bei ratenkauf by easyCredit. Sie beschäftigt sich schon qua Anforderungsprofil im Vertrieb sehr umfassend mit Vertrauen im Online-Handel. Im stationären Einkauf sind die Fragestellungen danach, wie der Kunde Vertrauen zu einem Händler aufbaut, vergleichsweise einfach und naheliegend, wie Dammann weiter ausführt: „In welcher Gegend liegt das Geschäft? Ist es sauber, aufgeräumt? Im Online-Handel muss Vertrauen anders aufgebaut werden.“ Die Frage lautet: Wie?

Wie kann ich als Online-Händler Vertrauen aufbauen?

Online wie offline gelten bestimmte Grundregeln, wenn es um den Vertrauensaufbau geht: Kommunikation, Authentizität, Ehrlichkeit, Offenheit und Zeit. Das klingt logisch, ist aber recht allgemein gehalten und wird wiederum individuell anders bewertet. Der eine Kunde fühlt sich mit proaktiver Kommunikation – zum Beispiel mit einem Live-Chat-Angebot im Online-Shop – abgeholt. Der andere Kunde ist schnell genervt. Was als authentisch wahrgenommen wird, und wie man das bewertet, ist Auslegungssache. Dass ich als Kunde einen ehrlichen und offenen Händler erwarte, sollte man ohnehin voraussetzen. Und das Thema Zeit bei der Bildung von Vertrauen macht sich überhaupt erst bei Stammkunden bemerkbar. Mit einem Neukunden konnte der Händler noch überhaupt keine Vertrauensbasis aufbauen.

Es muss daher darum gehen, diese allgemeinen Eckpfeiler mit konkreten Maßnahmen zu erden. Diese Maßnahmen sind zunächst die Basics, die es benötigt, um einen erfolgreichen Online-Shop zu führen. Dammann bricht es herunter: „Das beginnt beim Impressum, geht weiter bei den Zahlungsarten bis hin zum Aufbau des Shops und zur Warenpräsentation – und ein wichtiges Thema ist dabei das Payment und die Zusammenarbeit mit bestimmten Marken.“

Impressum, DSGVO, Siegel – darauf müssen Händler achten

Vertrauen baue ich also schon mit dem rudimentären Handwerkszeug des Online-Handels auf:

  • Der Händler muss dafür sorgen, dass sein Shop rechtlich einwandfrei aufgestellt ist. Ein Impressum, die Widerrufsbelehrung, korrekte Preisangaben (also zum Beispiel mit der Angabe der Mehrwertsteuer) helfen grundlegend dabei, dem Kunden zu vermitteln, dass er es mit einem seriösen Anbieter zu tun hat.

  • Der vernünftige Umgang mit dem Thema Datenschutz ist heute wohl essentieller denn je. DSGVO-Konformität ist eine Pflicht, die ganz nebenbei vom Kunden geschätzt wird. Die rechtssichere Einhaltung der Cookie-Richtlinie mag außerdem ein leidiges Thema sein, sorgt aber für Vertrauen beim Kunden.

  • Gerade für Neukunden, die einen Shop zum ersten Mal besuchen, sind Zertifikate und Siegel wie das Händlerbund-Logo ein Fingerzeig für einen vertrauenswürdigen Online-Shop.

  • Kundenbewertungen sind nicht eine der wichtigsten Währungen im Online-Handel, sie können ausschlaggebend für die Entscheidungen für einen Online-Händler sein. 71 Prozent der Deutschen vertrauen Kundenbewertungen mehr als Influencern!

  • Der Shop selbst sollte im 21. Jahrhundert angekommen sein. Eine strukturierte, vernünftig gestaltete Seite ist nicht nur nett, sondern wichtig. Dazu gehören Mobiloptimierung, schnelle Ladezeiten, eine vernünftige Suchfunktion, Rechtschreibung (!) und Erreichbarkeit. Der Bestellprozess muss klar und einfach durchführbar sein und mit der Platzierung von Werbung sollte sorgsam umgegangen werden.

  • Service! Der Kundenservice ist essentiell für den Vertrauensaufbau mit den Kunden. Freundliche Kommunikation, schnelle Reaktionszeiten und Transparenz sorgen dafür, dass Kunden wiederkommen.

  • Die richtigen Marketing-Mechanismen können dafür sorgen, Kunden von der eigenen Marke zu überzeugen. Joe Rohrlich, General Manager of EMEA bei Bazaarvoice, sagt dazu: „Konsumenten suchen nach Bildern, Rezensionen, FAQs und auch nach Videos. Hier steckt für Marken die entscheidende Chance, im Wettbewerb aufzuholen. Und zwar indem sie über eine geeignete Plattform verbrauchergenerierte Inhalte gezielt nutzen und breiter streuen.“

Wichtig ist nach dem Kauf!

Das sind Basics! Natürlich schafft der Händler damit das Vertrauen im Kunden, dass dieser Shop eine gute Adresse für den Kauf ist, aber es handelt sich um grundsätzliche Eckpunkte, die es zu erfüllen gilt, wenn man im Markt mitmischen will. Will ich aber einen potenziellen Kunden nicht nur einmalig zum Käufer machen, sondern einen Stammkunden gewinnen, der meinem Online-Shop auch in Zukunft vertraut, dann muss vor allem das Erlebnis nach dem Kauf überzeugen. „Das gesamte Kundenerlebnis muss stimmen. Nicht nur der Kaufprozess an sich, sondern auch der Prozess nach dem Kauf. Wie wird mit Reklamationen umgegangen? Wie geht man mit Lieferausfällen um? Wie geht dann aber auch der Finanzierer mit dem Kunden um?“, erklärt Anja Dammann.

Denn das sind die Fragestellungen, die sich Kunden stellen, wenn etwas NICHT klappt wie gewünscht. Es ist eine Binsenweisheit, aber: Man erinnert sich nicht an die reibungslosen Käufe, man erinnert sich an die Probleme, was sich ganz nebenbei auch in Bewertungen widerspiegelt. Habe ich ein defektes Produkt erhalten, dann muss der Reklamationsprozess stimmen. Dass immer mal etwas nicht funktioniert, wissen auch Kunden. Daher ist gerade die Customer Journey nach dem eigentlichen Kaufprozess entscheidend. Ein freundlicher Kundenservice allein kann an dieser Stelle Wunder wirken.

Und genau hier benötigt wiederum auch der Händler Partner, auf die er sich verlassen kann. Will ein Kunde etwa in Raten zahlen und der jeweilige Anbieter legt ihm Steine in den Weg, dann fällt das auf den Händler zurück. „Wie mit dem Kunden umgegangen wird, schlägt sich natürlich auch darin nieder, wie das Vertrauensverhältnis zwischen Händler und Kunde aussieht. Daher ist die Frage, wie im Nachgang – also im Ratenzahlungsprozess – mit dem Kunden umgegangen wird, für den Händler von entscheidender Bedeutung“, so Dammann. Denn der Käufer wird sich bei Problemen im Nachgang nur selten überlegen, ob er noch einmal mit dem jeweiligen Payment-Anbieter zusammenarbeitet, sondern ob er den Online-Shop noch einmal aufsucht. Anja Dammann schlussfolgert: „Auch zwischen Händler und Payment-Anbieter muss es ein enges Vertrauensverhältnis geben.“

Ist der Ruf erst ruiniert...

Das große Problem ist heutzutage, dass das Vertrauen der Kunden in einem Markt, der ein wenig gesichtsloser ist als das Geschäft in der Innenstadt, immer wieder erschüttert wird. Cyberkriminalität beschäftigt Konsumenten wie Händler, Phishing-Mails, Fake-Shops, Abo-Fallen, Identitätsbetrug und DDoS-Attacken sorgen für Zweifel auf Kundenseite, um es milde auszudrücken. Und da kommt es am Ende auch auf den Stellenwert an, den man als Marke innehat. PayPal zum Beispiel sieht sich gerade mit der Berichterstattung über dubiose Abbuchungen konfrontiert, wie kürzlich unter anderem der Spiegel meldete. Für eine „Marke, die für Vertrauen und Sicherheit“ stehen soll, wie es CEO Dan Schulman ausdrückte, ist das problematisch. Auch das Vorzeige-FinTech N26 musste sich bereits mit Betrugsfällen herumschlagen, die aufs Image drücken.

Diese Unternehmen haben aber den Vorteil einer riesigen Markenbekanntheit. Millionen von Menschen vertrauen PayPal und sie werden sich von einem Einzelfall zu Recht nicht davon abbringen lassen. PayPal hat sich mit einwandfreier Arbeit, gutem Service und einfachem Zugang ein Grundvertrauen in die Marke erarbeitet, dass sich nicht so leicht erschüttern lässt. Diesen Luxus hat der durchschnittliche Händler aber nicht. Ist der Ruf einmal ruiniert, lässt er sich kaum wieder geradebiegen.

Vertrauen erarbeiten

Daher ist es umso wichtiger, den Basics Beachtung zu schenken und mit Partnern zu arbeiten, die einen Vertrauensvorschuss mitbringen, der auf das eigene Geschäft ausstrahlt. Unabhängig davon, ob es nun der große Marktplatz, der erfahrene Payment-Anbieter oder das bekannte Qualitätssiegel ist. Wenn man dann noch die Kundenzentriertheit nicht nur predigt, sondern auch lebt und den Kunden dort abholt, wo er gerade abgeholt werden will und muss – dann ist die Sache mit dem Vertrauen gar kein so großes Problem. Ein subjektives Gefühl von Vertrauen entsteht schneller als man denkt, wenn man den notwendigen Rahmen dafür schafft.