Shops im Internet gewinnen an Bedeutung, denn immer mehr Menschen bestellen online. Das merken auch Hersteller. Ungefähr 70 Prozent der Unternehmen verkaufen ihre Waren über einen eigenen Online-Shop, digitale Verkaufsplattformen oder Social Media. Ware ohne Zwischenhändler an Konsumenten zu bringen, funktioniert ohne eigenen Internetauftritt nicht. Der Vertriebstrend Direct-to-Consumer begann kurz vor der Pandemie. Seitdem nimmt er maßgeblich zu. 

Wachsender Online-Vertrieb hat seine Tücken: Plagiatoren finden immer mehr Artikel mit detaillierter Produktbeschreibung. Seit Jahren fluten Produktpiraten das Internet und nutzen den Schutz der Anonymität zum Verkauf von gefälschter Ware. Solche Machenschaften treffen besonders kleine und mittelständische Firmen. Geschwächt von der Pandemie können diese sich keinen weiteren Umsatzeinbruch leisten. Doch gerade in Zeiten von Corona, Lockdown und geschlossenen Innenstädten kauften Millionen von Menschen digital Produkte ein, nach denen sie zuvor nicht einmal suchten. Materialknappheit und Lieferengpässe machten es beinahe unmöglich, die steigende Nachfrage zu bedienen – optimale Bedingungen für Fälscher. Doch wie schützen Markeninhaber ihre Produkte, während sie in ein neues Terrain vorstoßen?

Markenbindung first

Ganz oben auf der Prioritätenliste steht die Anmeldung der Marke, denn ohne Registrierung existiert keine rechtliche Grundlage um gegen Kriminelle vorzugehen. Bei national angemeldeten Produkten erweist sich der Schritt in den Online-Verkauf als gefährlich. Gilt der Schutz nur im eigenen Land, sind Fälscher außerhalb der Grenzen selbst für Juristen und exekutive Schutzanbieter unantastbar. Mit Leichtigkeit analysieren und replizieren sie von dort aus Originalartikel. Ist die Fälschung erst einmal auf dem Markt, wartet viel Arbeit auf Produzenten, Anwälte und Legal-Teams. 

Nicht alleine dastehen

Juristische Hilfe erhalten Firmen von Markenrechtsanwälten, die sie zur Beratung hinzuziehen sollten. Deren Aufgabenfeld umfasst von Marken- und Produktanmeldung über Abmahnungen bis zu einstweiligen Verfügungen jedes relevante Thema. Der Händlerbund bietet seinen Mitgliedern ebenfalls einen solchen Service. Vereine wie Plagiarius e.V. setzen sich zudem für öffentlichen Diskurs und Aufklärung zum Thema Fälschungen ein. Dazu zählen Fachseminare sowie Erstberatung und Weitervermittlung an Experten. Parallel zum rechtlichen Schutz empfehlen sich auch nicht-juristische Lösungsansätze, die Kunden verständlich für das Thema Fakes sensibilisieren. Aufklärung erfolgt über Hinweise auf der eigenen Homepage oder mithilfe der Presse. 

Aufklärung spielt eine große Rolle

Sparfüchse freuen sich über die vermeintlichen Schnäppchen, doch illegale Nachahmungen bergen Risiken. Unverträgliche Weichmacher, chemische Farbstoffe, scharfe Kanten – nahezu jede Gefahr, die Prüfsiegel vom europäischen Markt fernhalten sollen, strömen mitsamt falschem Emblem zu unwissenden Kunden. Dabei droht nicht nur ein Verlust für das Image der Brand, Kunden können auch lebensgefährdende Schäden davon tragen. Vielen Käufern ist nicht bewusst, dass es Plagiate ihrer Lieblingsmarke gibt. Bekannte Hersteller stehen mit ihrem Namen für qualitative und sichere Produkte. Vertrauen wahren Unternehmen durch Kommunikation der Fälschungsproblematik. 

Werkzeuge zur Plagiatsbekämpfung

Meist müssen Produktpiraten jedoch nicht mit Konsequenzen rechnen. Viele Firmen ignorieren das Problem – als würde kategorisches Nichtbeachten ihre schwindenden Gewinne und ihr verschlechtertes Image wettmachen. Einige Unternehmen ahnen nicht einmal, dass sie betroffen sind. 

Ein durchgehendes Überwachen ist vonnöten, um Produktpiraten den Garaus zu machen. Kaum verschwindet der erste, erhebt sich der nächste. Abhilfe schafft dabei auf KI basierende Software. Solche Programme arbeiten mit Machine Learning und kennen das Originalprodukt sehr genau. Die Anwendungen durchkämmen das Netz nach Fälschungen, wissen aber auch, welche Händler die Erlaubnis haben, Waren zu vertreiben. Bei einem Treffer bietet die Software an, Fakes einfach zu entfernen. Rechtliche Dokumentation für eine strafrechtliche Verfolgung inklusive.


Über die Autorin

Nicole Jasmin Hofmann ist CEO und Co-Gründerin der Sentryc GmbH aus Berlin. Die Seriengründerin schloss ihre Studien am IMK-Institut für Marketing & Kommunikation sowie an der Frankfurt School of Finance & Management ab. Bevor sie zum Gründerteam des Software-Anbieters für Brandprotection stieß, führte sie verschiedene Start-Ups der ProSiebenSat1-Gruppe. Hofmann zeichnete hier unter anderem für den strategischen Aufbau von preis24.de sowie diverser Brands des Health- und Wellness-Unternehmens 7NXT verantwortlich.