An der Steuerklärung führt für Händler kein Weg vorbei. Doch gerade in diesem Jahr gab es entscheidende Änderungen, welche insbesondere Online-Händlern neue Stolpersteine in den Weg legen. So gilt seit 1. Juli 2021 die neue EU-Umsatzsteuerreform, welche das Steueraufkommen beim grenzüberschreitenden Online-Handel neu reguliert. Wir sprachen zuvor bereits mit dem Steuerberater Christian Deák über diese Änderungen im allgemeinen, sowie den Wegfall der 22-Euro Grenze im Versandhandel über die EU-Grenzen hinweg. Mit der Vielzahl an Änderungen wird es für Händler zunehmend schwierig, die Steuererklärung durch die interne Buchhaltung selbst zu erledigen. Ein Plädoyer für eine Berufsgruppe.
Auch Steuerberater müssen sich digitalisieren
OnlinehändlerNews: Herr Deák, wie sehen Sie das Berufsfeld des Steuerberaters im Wandel der letzten Jahre?
Christian Deák: Es gibt natürlich immer noch genügend Steuerberater, die ihre Mandantschaft komplett analog und ohne digitale Mandate pflegen und erweitern. Sobald jedoch neue Kunden hinzukommen und der Anteil am E-Commerce steigt, wird die Erwartungshaltung an digitale Abläufe immer größer.
Meines Erachtens hat sich die althergebrachte Art und Weise einen Mandanten zu buchen in den letzten Jahren grundlegend verändert. Gerade im E-Commerce wird heute sehr viel Masse eingespielt. Früher hingegen wurden noch alle Belege ausgedruckt und mit einem roten Kugelschreiber einzeln beschriftet, abgehakt und kontiert. Natürlich ist dies im modernen Zeitalter nicht mehr denkbar und wäre völlig unwirtschaftlich. Aus genau dem Grund hat sich ein Teil des Berufsfelds des Steuerberaters geändert und der Bereich der „betriebswirtschaftlichen Beratung“ wurde um das Feld der Schnittstellenberatung und Einrichtung ergänzt.
Man darf sich jedoch keiner Illusion hingeben: Der Steuerberater hat am Ende genauso viel zu tun wie früher. Was sich dagegen aber deutlich verändert hat, ist die Art der Buchhaltung. Da Daten nun massenhaft eingespielt werden, können hohe Buchhaltungsgebühren verhindert werden. Es wäre heute keinem Steuerberater möglich, 100 Mandate zu betreuen, wenn jedes davon tausende zu kontierende Rechnungen pro Monat aufweisen würde. Das Berufsfeld des Steuerberaters hat sich also der Digitalisierung geöffnet und es gibt Steuerberater, die sich darauf spezialisiert haben und ein eigenes Berufsfeld für sich entdeckt haben. Genau zu solchen Spezialisten sollten auch Online-Händler gehen.
Was Online-Händler jetzt beachten müssen
Die Umsatzsteuerreform sowie der Wegfall der 22-Euro-Freigrenze boten Händlern in diesem Jahr einiges an Neuerungen. Welche Tipps haben Sie für Online-Händler, um hier weiterhin den Überblick behalten zu können?
Jeder Online-Händler sollte sich seiner Verpflichtung bewusst werden, dass er für falsch abgegebene Umsatzsteuer- sowie Zoll-Erklärungen selbst haftet. Online-Händler müssen sich daher mit ihren Programmen und den Auswertungen intensiv auseinander zu setzen.
Mit welchen Konsequenzen ist zu rechnen, wenn es Fehler in der Steuererklärung gibt?
Grundsätzlich muss jede falsche Steuererklärung und jede falsche Bilanz vom Steuerpflichtigen korrigiert werden. Dies hat natürlich auch Kosten zur Konsequenz. Zudem muss man befürchten, dass die Straf- und Bußgeldstelle ein Steuerhinterziehungsverfahren einleiten wird, um den Tatbestand der Steuerhinterziehung zu prüfen. Dies ist definitiv ein Szenario, was es zu verhindern gilt, da es äußerst langwierig und sehr teuer enden kann.
Es gibt sicherlich noch viele kleinere Unternehmen, die ihre steuerlichen Belange bisher rein über die Buchhaltung klären lassen. Ab wann lohnt es sich für Unternehmen, einen Steuerberater hinzuzuziehen? Wir bilden seit Jahren Buchhalter und Steuerfachangestellte aus und sind mittlerweile sogar Studienleiter für den „Tax Special E-Commerce“ bei einer der angesehensten Steuerberaterschmieden Deutschlands. Aus diesem Grund kann ich persönlich nur dringend davon abraten, nicht zu einem Steuerberater zu gehen. Zum einen ist ein Steuerberater nicht zwingend teurer als ein Buchhalter, zum anderen wird ein Buchhalter – insbesondere wenn grenzübergreifende Sachverhalte ins Spiel kommen – oft nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügen, um hier alles abdecken zu können.
Der Bereich E-Commerce gehört in die Hände von Spezialisten. Wenn man Hirnprobleme hat, geht man auch nicht zu einer Krankenschwester oder einem Allgemeinmediziner, sondern zu einem Fachmann. In den kommenden Jahren werden höchstwahrscheinlich tausende von Betriebsprüfungen im Bereich des E-Commerce anstehen. Wir sind fest davon überzeugt, dass spätestens dann ein akkurates Bewusstsein bei Online-Händlern dafür entstehen wird, dass Steuerberatung notwendig ist.
Augen auf bei der Wahl des Steuerberaters
Worauf sollten Online-Händler bei der Wahl des Steuerberaters besonders achten?
Grundsätzlich sei gesagt, dass die guten Steuerberater, die auf E-Commerce spezialisiert sind, teilweise bereits so ausgelastet sind, dass sie keine Mandanten mehr aufnehmen. Das bedeutet, dass die Auswahl an passenden Steuerberatern umso geringer wird. Anders als bei einer Software, die scheinbar unendlich skalieren kann, sind beim Steuerberater normale Angestellte eben nur Angestellte, welche zunächst ausgebildet und spezialisiert werden müssen. Das alles dauert Zeit und kostet viel Geld.
Es öffnen sich jedoch immer mehr Kollegen dem Bereich des E-Commerce. Diese bringen mit Sicherheit die notwendigen Kenntnisse mit, um sich hier vernünftig einarbeiten zu können. Sollte man jedoch beim Vorstellungsgespräch schon das Gefühl haben, an eine analoge und anders tickende Steuerberatungsgesellschaft geraten zu sein, sollte man als Online-Händler doch lieber Abstand nehmen. Händler sollten also darauf achten, ob man als E-Commerce-Mandant eher geduldet wird oder ob der Steuerberater sich hierauf gerne spezialisiert. In solch einem offenen Austausch wäre dann eine Kunden-Beziehung auf Augenhöhe machbar und wünschenswert.
Wie unterscheidet sich der Aufwand der Steuererklärung bei Online-Händlern im Vergleich zum stationären Handel?
Die Umsatzsteuererklärungen sind deutlich umfangreicher und zusätzliche Bereiche, wie die Zollprüfung, findet man nur im E-Commerce.
Vielen Dank für das Gespräch!
Steuerberater Christian Deák ist Master o.A. Taxation. Er ist zusätzlich qualifiziert als Fachberater für Umstrukturierung, zertifizierter Berater für E- Commerce und Nachfolgeplanung. Für die Steuer-Fachschule Dr. Endriss leitet Herr Deák den Qualifizierungslehrgang Tax-Specialist E-Commerce und ist Studienleiter des FAIT-Lehrgangs (Fachassistent/-in Digitalisierung und IT-Prozesse).
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