Wenn ein neues Produkt scheitert, liegt das in der Mehrheit aller Fälle daran, dass der eigentliche Bedarf des Konsumenten verfehlt wird. Ein naheliegender Ansatz, dieses Problem zu lösen, wäre, den tatsächlichen Bedarf im Rahmen einer Konsumentenbefragung konkret zu erfragen. Aber Vorsicht: Stellt man dem potenziellen Käufer etwa zwei Produkte zu Auswahl und fragt ihn nach seiner Meinung, wird es immer einen Bias geben, der die Validierung eines Produkts verunreinigt.
Bei der Entwicklung von Produkten im Allgemeinen und ihrer Validierung der Kauf- oder Nutzungsbereitschaft im Speziellen sollte statt “Would you buy it if we build it” die Devise “If you buy it we will build it” gelten. Denn nur, wer zum frühestmöglichen Zeitpunkt das Interesse potenzieller Kunden direkt am Zielmarkt überprüft, kann beurteilen, ob seine Idee wirklich das Zeug zum Kassenschlager hat. Wie das funktioniert, erklärt Daniel Putsche, Gründer von Horizon.
1. Trends identifizieren und Insights gewinnen
Wer es ernst meint mit der Produkt-Innovation, sollte nicht aus dem Bauch heraus agieren. Bereits bei der Ideenfindung ist ein strategisches Vorgehen ratsam, um vom ersten Schritt an auf dem richtigen Pfad unterwegs zu sein. Drei Möglichkeiten, wie eine solche Herangehensweise konkret aussehen kann:
- Foresight Management: Analysieren Sie, welche übergreifenden Trends in Bezug auf konkrete Bedürfnisse seitens der Konsumenten gerade existieren. Ein Beispiel aus dem Shopping-Bereich ist der offensichtliche Bedarf nach einem höheren Grad an Convenience, wie die Beispiele von Gorillas oder Flink („Quick Commerce“) derzeit zeigen.
- Diversifikation: Verfügen Sie bereits über ein Produktportfolio, können Sie auf Basis von Insights und Marktverständnis den Weg der Diversifikation einschlagen – sowohl horizontal als auch vertikal. Natürlich nicht beliebig, sondern immer in Abhängigkeit von der Verbraucherseite und ihrer Bedürfnisse und Wünsche.
- Nischen finden: Wagen Sie den Blick in die Glaskugel und identifizieren Sie Geschäftsfelder, die in Abhängigkeit bestimmter wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Entwicklungen Zukunftspotenziale mit sich bringen. Hierbei ist es ebenso unerlässlich, eine detaillierte Analyse des Bedarfs am Markt vorzunehmen.
Nicht selten hört man, dass erfolgreiche Geschäftsmodelle aus einer persönlichen Erfahrung heraus entstehen - etwa weil ein bestimmter Bedarf im persönlichen Umfeld nicht gedeckt werden konnte oder aber bestimmte Herausforderungen mithilfe vorhandener Angebote nicht gelöst werden könnten. Eine solch opportunistische Motivation kann ebenfalls zum Erfolg führen – allerdings nur, wenn zuvor überprüft wird, ob der eigene „Need“ auch verallgemeinerbar ist und ein ausreichend großer Markt existiert.
2. Produktkonzepte erstellen
Die zuvor skizzierte Basisarbeit ist sicherlich ressourcenintensiv, gleichzeitig aber absolute Grundvoraussetzung, damit alle weiteren Schritte zielführend sind. Das gilt insbesondere für die Konzeption des neuen Produkts, welche idealerweise in unterschiedlichen Ausführungen vorgenommen wird, um später mehrere Varianten testen zu können. Hierbei gibt es fünf inhaltliche Dimensionen, die bei der Konzeption unbedingt berücksichtigt werden:
- Absendermarke: Der erste Eindruck in der Zielgruppe wird zweifelsohne über die Absendermarke hergestellt. Ob für die Produktvalidierung also eine bestehende Marke genutzt oder eine neue geschaffen wird, sollten Sie strategisch entscheiden.
- Werte und Vorteilsversprechen: Definieren Sie ganz konkret, welche Werte ihr Produkt widerspiegelt und formulieren Sie klar, worin die Vorteile für den Käufer bestehen. Beziehen Sie sich dabei weniger auf das Produkt selbst, sondern auf ein Problem in der Welt des Konsumenten, das sie lösen.
- Positionierung: Anschließend sollten Sie eine konkrete Positionierung im Zielmarkt festlegen. Ein entscheidender Faktor ist hier beispielsweise die Abgrenzung zu Ihren Wettbewerbern.
- Preisgestaltung: Ein weiterer, entscheidender Aspekt im Zuge der Konzeption ist die Preisgestaltung. Potenzielle Kunden wollen zum frühestmöglichen Zeitpunkt wissen, welche Kosten auf sie zukommen. Und sie möchten wissen, welche Preisbereitschaft der potenzielle Kunde mitbringt.
- Reason to believe: Warum kann ihre Marke das angegebene Produktversprechen tatsächlich halten? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage ist zwingend erforderlich und sollte klar kommuniziert werden.
3. Konzepte auf Meinungsebene testen
Es ist so weit, Ihr Produkt steht kurz davor, auf den Markt gebracht zu werden – zumindest als Idee in Form eines sogenannten Verbalkonzeptes. Dabei handelt es sich um eine sehr konkrete Beschreibung des Produktes in Textform, in welchem die zuvor beschriebenen Dimensionen berücksichtigt werden.
Das Verbalkonzept dient dazu, eine echte Meinung zu Ihrer Produktidee einzuholen. Um dabei valides Kunden-Feedback in Form einer Kaufabsicht generieren zu können, bietet sich der sogenannte monadische Ansatz an: Jedem potenziellen Kunden legen Sie nur ein Konzept vor, wodurch verhindert wird, dass seine Meinung durch ein weiteres Konzept, das von der gleichen Absendermarke kommt, beeinflusst wird.
Seien Sie sich in der Interpretation der Ergebnisse allerdings jederzeit bewusst, dass eine Meinung eines Verbrauchers nicht zwangsläufig sein späteres Handeln widerspiegelt (der sog. „Bias“). Nutzen Sie daher die Erkenntnisse als Indikation für Ihr weiteres Handeln – niemals jedoch als Grundlage für eine Entscheidung, ob Sie ein Produkt entwickeln sollten oder nicht.
4. Verhaltensebene mit Landing Page Testing untersuchen
Um den Bias aus den meinungsbasierten Tests zu eliminieren, überführen Sie im nächsten Schritt die gewonnenen Insights aus den Concept Tests in das Produkt – und zwar in Form von Landing Pages, die das zuvor definierte Versprechen und die angesprochenen Kaufargumente widerspiegelt. Ganz entscheidend: Diese Landing Pages müssen so realistisch gestaltet sein, dass der Verbraucher glaubt, bereits ein fertiges Produkt kaufen zu können.
Ein Landing Page alleine wird keine Wirkung entfalten, vielmehr muss die neue Produktbotschaft nun in die Welt getragen werden. Ein bewährter Ansatz ist – gerade bei Produkten, die sich an den Endverbraucher richten – das Aufsetzen von Facebook Ads, die Nutzer aus Ihrer Target Audience mit der jeweiligen Produktvariante zusammenbringen.
5. Iterieren oder Launchen
Um eine Produktidee letztendlich wirklich zum Erfolg zu führen, ist eine Messung und Analyse der Konversionen von Probanden auf der Landing Page und den folgenden Bausteinen der Customer Journey unerlässlich. Je nach Testergebnissen aus den Landing-Page-Tests, gibt es im weiteren Verlauf natürlich die Möglichkeit, Iterationen der Konzepte umzusetzen und erneute Tests zu starten – oder in die Entwicklung zu gehen und aus dem Konzept ein echtes Produkt zu machen.
Produktvalidierung als Sicherheitsfaktor
Der Landing-Page Test ist der ultimative „Proof of Concept“ für die Marktakzeptanz einer Produktidee, da hier das reale Konsumentenverhalten gemessen wird, ohne dass der Verbraucher weiß, dass er sich in einer Testsituation befindet. Zudem können Sie mithilfe des beschriebenen Ansatzes errechnen, wie viel Werbebudget Sie ausgeben müssen, um einen Verkauf zu erzielen – eine Kennzahl, die in der späteren Vermarktung eine wichtige Rolle spielt.
Zugegeben: Das Setup eines Landing-Page-Tests kann sehr komplex sein. Hier finden Sie einen ersten Überblick, wie ein solcher Test aufgesetzt werden kann.
Über den Autor
Daniel Putsche ist Gründer und Geschäftsführer von Candylabs, einem jungen Unternehmen, das auf die Entwicklung von neuen digitalen Produktangeboten für StartUp, Konzern und Mittelstand spezialisiert ist. Neben seiner Rolle bei Candylabs ist Putsche Gründer von Horizon und als Business Angel aktiv.
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