Nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher wollen derzeit sparen. Auch viele Unternehmen setzen den Rotstift an. Neben Kündigungen werden dabei des Öfteren auch unternehmerisch genutzte Anbieter und Dienste gewechselt oder gar ad acta gelegt. Doch das ist nicht immer der richtige Weg. Idan Moers ist Customer Success Manager beim Softwareunternehmen Monday.com. Im Interview mit OnlinehändlerNews erklärt er, was Customer Success Management ist, und wie es Unternehmen beim erfolgreichen Wachstum behilflich sein kann.
„Langfristig erfolgreiche Kund:innen sind in der Regel auch zufrieden“
OnlinehändlerNews: Was ist Customer Success Management? Mit welchen Mitteln wird dabei gearbeitet, um Kunden glücklich zu stellen?
Idan Moers: Customer Success Management bedeutet in erster Linie, die Kund:innen zu verstehen: Was sind ihre konkreten Ziele und welche Probleme tauchen auf dem Weg dahin für üblich auf? In meiner Position als Customer Success Manager möchte ich sicherstellen, dass sie Erfolg haben und diese Ziele mit unserer Hilfe erreichen. Dabei steht am Anfang jedes Quartals immer eine umfangreiche Analyse.
Ein BI Tool (Business Intelligence - Anm. d. R.) verschafft uns zunächst Einblicke in die Nutzung unserer Plattform durch die Kunden und zeigt auf, welche generellen Trends sich ausmachen lassen. Auf Basis dieser Analyse entsteht eine Strategie für die einzelnen Accounts. Sobald die Strategie konzipiert wurde, folgt der taktische Teil in Form von Optimierung-Sessions. Das bedeutet vor allem, die Prozesse, die unsere Kund:innen nutzen (wollen), in Monday.com zu „übersetzen“ und individuelle Schulungen durchzuführen.
Wie können Kund:innen mithilfe des Produktes etwa Arbeitszeiten verbessern, wiederkehrende Tasks automatisieren oder detaillierte Reportings erstellen? Das sind Beispiele für Ziele, die wir dann gemeinsam erreichen wollen.
Warum liegt laut Namen der Fokus auf dem Erfolgserlebnis (Success) und nicht der Zufriedenstellung (Satisfaction) des Kunden?
Unser wichtigstes Ziel ist, dass der oder die Kund:in mit unserem Produkt erfolgreich, also „successful“ ist. Dabei geht es nicht darum, jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, sondern die maximale Effizienz zu diesem Erfolg zu gewährleisten. Dieser Prozess kann natürlich auch mit Veränderungen einhergehen, obwohl der Mensch in der Regel eher ungern bestehendes Verhalten ändert.
Deswegen ist uns Customer Success Managern in erster Linie weniger an Zufriedenheit gelegen. Im Endeffekt geht aber beides miteinander einher: Eine langfristig erfolgreiche Kund:in ist in der Regel auch zufrieden.
Customer Success Management ist für die Langzeitstrategie
Was unterscheidet den Customer Success Manager vom klassischen Kunden-Support?
Der klassische Kundensupport ist prinzipiell sehr zeitsensibel und daher eher auf kurzfristige Lösungsfindungen ausgelegt, ohne dass besonders strategisches Geschick gefragt ist. Kund:innen, die den Customer Support kontaktieren, hoffen auf sofortige Abschaffung ihres Problems. Hinter Customer Success hingegen steckt immer eine längerfristig angelegte Strategie, die darauf ausgerichtet ist, das Gesamtbild zu verstehen und eine Lösung bietet, die den Kundenprozessen am besten dient.
Nehmen wir das Beispiel eines Spreadsheets: Der/ die Kund:in möchte eine Tabelle eines Tools, zum Beispiel unseres monday-Boards, in ein Spreadsheet exportieren. Der Kundensupport bietet die unmittelbare Unterstützung, indem er zeigt: Klicken Sie hier, nehmen Sie diese Einstellung vor und das Problem ist gelöst.
Ein Customer Success Manager hingegen beschäftigt sich mit der Frage, warum der oder die Kund:in die Tabelle exportieren möchte. Wenn die Antwort lautet: „Nun, wir wollen einen Überblick über alle unsere verschiedenen Projekte haben und diese wie gewohnt in einem Spreadsheet zusammenfassen", dann kann der / die zuständige Customer Success Manager:in eine Methodik vorstellen, diese Zusammenfassungen einfach und übersichtlich innerhalb der Ursprungsplattform zu erstellen.
Zwischen Deep-Focus und Workshops
Wie sieht der Alltag eines Customer Success Managers aus?
Der Alltag eines Customer Success Managers ist sehr abwechslungsreich. Manche Tage bestehen fast vollständig aus Deep-Focus-Einheiten und Datenanalysen, um auf dieser Grundlage Strategien zu entwickeln. An anderen Tagen wiederum überwiegt der
Kundenkontakt mit 1:1-Terminen und der Durchführung von Workshops zur Erreichung der gesetzten Ziele. In der Regel jedoch ist es eine Mischung aus beidem: Strategische und taktische Phasen wechseln sich ab, immer wieder gibt es dabei neue Zielsetzungen zu verwirklichen.
Der Kunde ist König. Aber bedeutet dies auch, dass Unternehmen sich Kunden komplett unterwerfen müssen, um deren Wünschen gerecht zu werden?
Natürlich ist es im Sinne eines jeden Unternehmens, Kund:innen rundum glücklich zu machen. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass man ihnen jeden beliebigen Wunsch von den Lippen ablesen muss, ohne diesen zu hinterfragen. Wie bereits angesprochen, ist es der Job eines Customer Success Managers, die Ziele der Kund:innen auf möglichst effizientem Weg zu realisieren. Das kann auch mal bedeuten, jemanden vom Gegenteil zu überzeugen.
Alles in allem sollte der Zahlende jedoch genau die Leistung bekommen, die ihm von vornherein versprochen wurde und nicht weniger. Guter Service ist natürlich Pflicht, doch es gibt auch Grenzen. Dabei ist gutes Erwartungsmanagement essenziell: Realistische Zielsetzungen und Versprechungen sind das A und O!
CSM Teams entwickeln Erfolgsstrategien
Ab welcher Unternehmensgröße und für welche Branchen ist es relevant, ein eigenes Customer Success Management zu betreiben?
Prinzipiell profitiert jedes Unternehmen von einem guten Customer Success Management, ganz unabhängig von Größe und Branche. In einigen Fällen gibt es möglicherweise eine technische Schwelle: Sind die entsprechenden Tools und die nötige Infrastruktur vorhanden? Wenn die Antwort ja lautet, ist ein CSM-Team selbst für kleinere Startups sinnvoll.
Schließlich wünscht sich jedes Unternehmen, Prozesse zu optimieren und Kund:innen mit dem eigenen Produkt zum Erfolg zu führen. Bei großen Unternehmen ist es sogar ein Muss. Das gilt ganz besonders ab einer Unternehmensgröße, bei der sich Kolleg:innen untereinander nicht mehr zwangsläufig kennen und spontane Absprachen treffen können – hier sind Teams, die die Entwicklung von Erfolgsstrategien zur Kernaufgabe haben, in unserer Erfahrung unverzichtbar.
Steigende Kosten und Sparmaßnahmen führen derzeit in vielen Fällen zu weniger loyalen Kunden. Statt bei einem Anbieter zu bleiben, wird sich oft nach günstigeren Alternativen umgesehen. Lassen sich Kunden dennoch binden, ohne die eigene Marge zu kompromittieren?
Jein. Wir bei monday.com bieten mit unserer Low Code/ No Code Software ein sehr flexibles Tool, bei dem es vorkommt, dass Nutzende dessen Potenzial noch nicht zu 100 Prozent ausnutzen. Daher muss das Customer Success Management Team sicherstellen, dass sie das gesamte Spektrum der Software mit all ihren Möglichkeiten kennenlernen.
Zuallererst versuchen wir daher natürlich immer, den Mehrwert des Produkts zu verdeutlichen. Doch besonders in Krisensituationen müssen Unternehmen ihren Kund:innen auch Verständnis entgegenbringen, um die Beziehungen zu wahren. Dabei spielt Kompromissbereitschaft eine große Rolle. Gerade in Zeiten der Pandemie haben wir diese Erfahrung gemacht - unsere Kund:innen haben es uns gedankt.
Vielen Dank für das Gespräch!
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