Auch wenn sich die Konjunkturprognosen zuletzt verbessert haben: 2023 dürfte für viele Online-Händler erneut ein anspruchsvolles Jahr werden. Die wirtschaftliche Entwicklung ist weiter mit vielen Unsicherheiten behaftet. Der Inflationsdruck wird – wenn auch in abgeschwächter Form – in den kommenden Monaten anhalten. Zugleich ist das Zinsumfeld in Bewegung. Für den Handel bedeutet dies: Der Druck auf die Marge bleibt hoch.
In dieser Situation kann die internationale Expansion ein wichtiger Schritt sein, um Umsatz und Marge zu stabilisieren oder zu steigern. Vor allem für kleine und mittelgroße Online-Händler bietet der Verkauf ins Ausland die Chance auf eine größere Reichweite und auch Diversifikation. Doch Vorsicht: Internationalisierung bedeutet auch, dem Thema Regulierung deutlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Um auf dem Weg zum erfolgreichen Auslandsgeschäft nicht in eine teure Steuerfalle zu tappen, ist die Wahl des richtigen Umsatzsteuersatzes entscheidend. Das Problem: Innerhalb der EU gelten von Land zu Land unterschiedliche Steuersätze. Gerade bei ermäßigt besteuerten Waren ist die Variationsbreite enorm. Dass derzeit einige Mitgliedstaaten ihre Steuersätze relativ kurzfristig und befristet senken, um die Konjunktur zu stützen, macht die Sache nicht einfacher.
Dschungel der Steuersätze
In diesem Dschungel der Steuersätze lauern gleich zwei Gefahren, die Online-Händler besser vermeiden sollten: Zum einen kann es schnell sehr teuer werden, wenn ein zu niedrig angesetzter Steuersatz zu einer ungewollten Verkürzung der Umsatzsteuer führt – und ein ausländischer Fiskus am Ende einen Haufen Steuern nachberechnet.
Zum anderen kann ein zu hoher Umsatzsteuersatz schnell und heftig auf die Marge durchschlagen. Viele Händler unterschätzen die (unnötigen) Verluste, wenn sie lokale Reduzierungen und Ausnahmeregeln bei der Umsatzsteuer nicht berücksichtigen.
Die korrekte Verwendung der länderspezifischen Steuersätze hilft, Steuernachzahlungen zu vermeiden und zugleich die Marge zu sichern. Dafür jedoch müssen Online-Händler den korrekten Steuersatz im Ausland kennen – und diesen vor allem an den richtigen Stellen in ihrem Verkaufssystem hinterlegen.
Steuern und Finanzbuchhaltung verknüpfen
Die Internationalisierung des Geschäfts ist für jeden Online-Händler eine gute Gelegenheit, seine Prozesse dahingehend zu überprüfen. Besonderes Augenmerk sollte er dabei auf die Verknüpfung der steuer- und buchhaltungsrelevanten Prozesse legen.
Ein Beispiel: Ein Multichannel-Händler bedient mehrere Verkaufskanäle und Systeme. In diesen Systemen müssen die Steuersätze korrekt hinterlegt sein, um einen Gleichlauf der Prozesse zu gewährleisten. Dazu sollte der Händler allerdings wissen, wo genau er die Daten hinterlegen muss und wie diese zu pflegen sind.
Sind die Prozesse nicht sauber aufgesetzt, kann es passieren, dass am Monatsende die Daten für Finanzbuchhaltung und Umsatzsteuer-Compliance unabhängig voneinander ermittelt werden. Dies kann zu einer doppelten Umsatzsteuerzahlung führen – ein Risiko, das die Marge eines Online-Händlers komplett pulverisieren kann.
Damit der Profit aus der Internationalisierung tatsächlich in die eigene Tasche fließt, ist Online-Händlern dringend zu empfehlen, ihre Steuer- und Finanzbuchhaltungsprozesse zu optimieren. Und zwar unabhängig davon, wie sich Konjunktur und Inflation in den kommenden Monaten entwickeln, denn: Regulierung und Online-Handel sind eine „never ending story”.
Über den Autor
Dr. Roger Gothmann ist Co-Founder und Co-CEO von Taxdoo, über dessen Financial-Operating-System Online-Händler aller Größen ihre Umsatzsteuer im EU-Ausland sowie ihre Finanzbuchhaltung automatisiert abwickeln können. In seiner Kolumne „Butter bei die Fische – Dr. Roger Gothmanns Finance Corner“ gibt er Praxistipps und spannende Einblicke für Online-Händler.
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