Wir schauen wieder auf den europäischen E-Commerce: Dieses Mal blicken wir in den Süden - nach Italien. Roberto Liscia, Präsident des italienischen E-Commerce-Verbandes Netcomm, hat mit uns über den E-Commerce-Markt und die Besonderheiten in Italien gesprochen.
(Bildquelle Italienische Flagge: CGinspiration via Shutterstock)
OnlinehändlerNews: Was zeichnet die italienische E-Commerce-Industrie und das Online-Kundenverhalten aus?
Roberto Liscia: Der italienische E-Commerce-Markt ist einer der interessantesten, aufstrebensten Märkte in Europa. Im Jahr 2014 hat er einen Wert von über 17 Milliarden Euro erreicht, mit einem Wachstum von über 22 Prozent im Vergleich zu 2013. Diesen starken Anstieg konnten wir über das letzte Jahrzehnt hinweg beobachten. Trotzdem hinkt der italienische Markt noch hinter dem europäischen Durchschnitt hinterher. Ein Beispiel: Der E-Commerce hat am gesamten Handelsmarkt nur einen Anteil von 3,5 Prozent – der europäische Durchschnitt liegt bei etwa 10 Prozent.
Der italienische Markt hebt sich vom europäischen Markt ab, da vergleichsweise mehr Dienstleistungen als Waren über das Internet angeboten werden, die Nachnahme-Zahlung unter den Payment-Lösungen sehr wichtig ist und die Logistik sich fast vollständig auf die Lieferung nach Hause konzentriert.
Was sind die größten Herausforderungen, vor denen italienische Online-Händler stehen?
Ich würde sagen, die größte Herausforderung für italienische Unternehmer liegt in der begrenzten Kultur und das Wissen um digitale Unternehmensführung. Viele der Traditions-Unternehmen erkennen die Bedeutung der digitalen Landschaft, aber sie haben nicht das Wissen oder die nötigen Fertigkeiten, um diese zu prägen.
Wenn wir einen Fall betrachten, in der die Idee zur Digitalisierung bereits ausgearbeitet ist, müssen die Online-Händler dann oft die richtigen Partner (Digital-Marketing-Agenturen, Payment-Anbieter, Logistik-Anbieter etc.) mit Bedacht auswählen. Das italienische Angebot an digitalen Dienstleistern entwickelt sich enorm und es ist nicht leicht, den passenden Partner zu finden.
Welche Marktplätze und Plattformen werden in Italien am häufigsten genutzt?
Die wichtigsten Marktplätze in Italien werden von ausländischen Firmen geführt, die die Möglichkeiten für Unternehmen erkannt haben, die der italienische Markt bietet. Trotzdem gibt es auch italienische Initiativen, die kürzlich an den Start gingen. Wir beobachten vor allem, dass Marktplätze für italienische Spezialitäten gestartet werden: Essen, Wein, Mode, Design und handgefertige Produkte. Italien hat einen gewaltigen Kulturschatz, der durch das Internet in die ganze Welt exportiert werden kann.
Vor welchen Herausforderungen stehen ausländische Online-Händler, wenn sie in den italienischen Markt einsteigen wollen?
Italienische Kunden haben immer höhere Erwartungen. Ausländische Online-Händler dürfen nicht nur mit einem eigenen italienischen Online-Shop präsent sein, sie müssen auch die Aufmerksamkeit der Kunden gewinnen, die richtigen Produkte anbieten und als zuverlässig angesehen werden. Deshalb hat Netcomm das Sigillo Netcomm entwickelt – ein Trustmark für italienische Verbraucher.
Wie hoch ist die Retourenquote in Italien?
In Italien sind es Online-Kunden nicht gewohnt, Produkte sehr oft zurückzuschicken. In unserer Erfahrung, die wir über unsere Mitglieder sammeln konnten, ist der Anteil der Retouren gering.
Über Netcomm
Netcomm ist das Italienische Konsortium des E-Commerce mit fast 200 Mitgliedern. Gegründet im Jahr 2005, beteiligt sich Netcomm an der Verbreitung des E-Commerce bei Unternehmen und Kunden. Das Corsorzio Netcomm fördert Kooperationen zwischen Unternehmen und Unternehmern und vertritt sie auf nationaler und internationaler Ebene. Netcomm unterstützt zudem Initiativen die darauf abzielen, Services und Technologien rund um den E-Commerce zu fördern.
Weitere Informationen zum italienischen E-Commerce-Markt erhalten Sie auf der Verbandsseite von Netcomm.
Unsere Reihe zum E-Commerce in Europa:
Finnland - Der Markt der kleinen Händler
Italien - Der Markt der geringen Retourenquote
Tschechien - Der Markt des günstigsten Anbieters
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welche Studie ergab dass, viele italienische on line Shopper nicht gewohnt zu bezahlen sind ?
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Das klingt nach angenehmen Kunden ;-)
"Ausländische Online-Händler dürfen nicht nur mit einem eigenen italienischen Online-Shop präsent sein, sie müssen auch die Aufmerksamkeit der Kunden gewinnen, die richtigen Produkte anbieten und als zuverlässig angesehen werden."
Was ist daran jetzt speziell am italienischen Markt?
"In Italien sind es Online-Kunden nicht gewohnt, Produkte sehr oft zurückzuschicken."
Das mag sein. Viele sind es aber auch nicht gewohnt zu bezahlen.
"Trotzdem hinkt der italienische Markt noch hinter dem europäischen Durchschnitt hinterher."
Das ganze Internet in Italien hinkt hinterher!
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